Rz. 45

Satz 2 ordnet weiter an, dass für besonders entwicklungsbeeinträchtigte Kinder und Jugendliche geeignete Formen der Familienpflege zu schaffen und auszubauen sind. In der Praxis bilden sich zunehmend besondere Formen der Familienpflege als Mischformen zwischen "normaler" Vollzeitpflege und Heimerziehung heraus, die sog. Sonderpflegestellen, heilpädagogischen Pflegestellen oder Erziehungsstellen (diese Formen der Familienpflege benennt der Gesetzgeber ausdrücklich in seinen Erwägungen, BT-Drs. 11/5948 S. 71). Die Entwicklung dieser besonderen Form der Familienpflege für besonders entwicklungsbeeinträchtigte Kinder ist in Satz 2 ausdrücklich vorgesehen und vom Gesetz erwünscht.

 

Rz. 46

Eine besondere Form dieser Variante der Hilfeart sind die Westfälischen Pflegefamilien, die rechtlich der Sonderpflege gemäß § 33 Satz 2 zuzuordnen sind (vgl. zu den Westfälischen Pflegefamilien auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 8.5.2018, 12 A 1434/16, mit Anm. von Schindler, NZFam 2019 S. 1, und Eschelbach, JAmt 2019 S. 112). Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe hat dieses Konzept bereits Mitte der 1970iger Jahre erarbeitet. Das System der Westfälischen Pflegefamilien ist ein Verbund von freien Trägern der Jugendhilfe, die sich zur Vermittlung und Beratung der Familien zusammengeschlossen haben.

 

Rz. 47

Die Voraussetzungen sind nicht benannt. Da jedoch eine besondere Professionalität erforderlich ist, wird allgemein vorausgesetzt, dass mindestens ein Pflegeelternteil über eine entsprechende fachliche Ausbildung verfügt (bereits der Gesetzgeber hatte auf die Erforderlichkeit fachlicher Qualifikation künftiger Pflegeeltern ganz allgemein bei der Vollzeitpflege aber auch im Speziellen bei der Familienpflege verwiesen, vgl. BT-Drs. 11/5948 S. 71). Aufgrund ihrer fachlichen Ausbildung sollen diese Erziehungsstellen in der Lage sein, besonders schwer traumatisierte, verhaltensgestörte oder behinderte Kinder zu fördern und eine Heimunterbringung zu vermeiden. Hierfür wird eine erhöhte Vergütung gewährt, meist durch erhöhte Pauschalen, teilweise auch durch Tagessätze, § 39 Abs. 4. Anspruchsgrundlage hierfür ist jedoch nicht § 33 Satz 2, sondern § 39 Abs. 4 (vgl. BVerwG, Beschluss v. 18.8.2005, 5 B 68.05). Vgl. insoweit auch die Komm. zu § 32 hier unter dem Abschnitt: Geeignete Formen der Familienpflege nach Satz 2). Schwierig ist häufig die Abgrenzung zur sonstigen betreuten Wohnform nach § 34.

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