Rz. 13

Besonderheit der Erziehung in einer Tagesgruppe ist der teilstationäre Charakter zwischen ambulanter und stationärer Hilfe. Kinder und Jugendliche, die in einer Tagesgruppe betreut werden, wohnen weiterhin bei ihren Eltern. Sie besuchen ihre normalen Schulen und verbringen auch ihre Wochenenden in der Familie. Konzeptionell ist diese Hilfeart daher zwischen Sozialer Gruppenarbeit und Heimerziehung (aus der sie hervorgegangen ist) angesiedelt. Die Hilfe befindet sich also an der Schnittstelle zwischen ambulanter und stationärer Hilfe (so bereits ausdrücklich die Sichtweise des Gesetzgebers, vgl. BT-Drs. 11/5948 S. 71).

 

Rz. 14

Den konzeptionellen Leistungsinhalt beschreibt § 32 Satz 1 selbst und benennt 3 Anforderungen an die Leistungspflichten der Pädagogen in der Tagesgruppe:

  • soziales Lernen in der Gruppe,
  • Begleitung der schulischen Förderung und
  • Elternarbeit.

Alle 3 Aspekte müssen konzeptionell kumulativ erfüllt werden. Fehlt eine dieser Komponenten, so handelt es sich nicht um Hilfe zur Erziehung i. S. d. § 32 (Nellissen, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, 3. Aufl. 2022, § 32 Rz. 19, die zutreffend eine reine Hausaufgabenbetreuung daher nicht von § 32 erfasst sieht; vgl. insoweit auch bereits unter Rz. 6 ff. Allgemeine Anspruchsvoraussetzungen).

 

Rz. 15

Kinder oder Jugendliche sollen in Gruppen für den größten Teil des Tages betreut und gefördert werden, die Hilfe soll also außerhalb des Familienverbunds erbracht werden, im Gegensatz etwa zu § 31. Hierdurch kann die Hilfe aufgrund besonderer Kenntnisse einer Fachkraft intensiv erzieherisch einwirken. Andererseits bleiben die familiären und sonstigen sozialen Bezüge noch erhalten; das Kind oder der Jugendliche wird also nicht vollständig wie im Falle der §§ 33, 34 fremd betreut. Damit soll auch eine Fremdunterbringung vermieden werden, insbesondere durch eine Heimunterbringung. Eingesetzt wird die Hilfe auch als Überbrückungsmaßnahme im Nachgang einer Fremdplatzierung zur Vorbereitung der Wiedereingliederung eines Kindes oder Jugendlichen in seine Herkunftsfamilie. Entsprechend der Herkunft der Hilfeform aus der Heimerziehung kann eine entsprechende Erziehung in entsprechenden Tagesgruppen einer Einrichtung i. S. d. § 34 erfolgen. Es haben sich jedoch ergänzende spezialisierte Tageseinrichtungen für Kinder und Jugendliche entwickelt, welche diese Hilfe ebenfalls anbieten, insbesondere heilpädagogische Tagesstätten (vgl. zu den verschiedenen Begrifflichkeiten auch bei Stähr, in: Hauck/Noftz, Stand: 12/2014, Werkstand: 2023, § 32 SGB VIII, Rz. 11).

 

Rz. 16

Da die Hilfeart auch der Unterstützung des schulischen Erfolgs dient und i. d. R. an Wochentagen geleistet wird, kann die Tagesbetreuung regelmäßig zeitlich erst nach Unterrichtsende beginnen und sollte gegen 18:00 Uhr beendet sein, um die Familienintegration nicht zu unterlaufen (vgl. zur täglichen Hilfedauer – Unterrichtschluss bis zum Abend – auch Nellissen, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, 3. Aufl. 2022, § 32 Rz. 34). Die Leistung wird gemischtgeschlechtlich und auch altersheterogen zu leisten sein. Außerdem erfolgt die Leistung wohnort- bzw. schulortnah.

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