Rz. 18

Abs. 2 benennt keinen konkreten zeitlichen Umfang des Anspruchs. Durch den Verweis in Satz 2 auf Abs. 1 Satz 3 wird allerdings klargestellt, dass sich der Umfang der täglichen Förderung nach dem individuellen Bedarf richtet. Teilweise wird zur Bestimmung des zeitlichen Umfangs des Anspruchs auf den Rechtsanspruch der über dreijährigen Kinder (§ 24 Abs. 3) zurückgegriffen. Da bei der Altersgruppe der über dreijährigen Kinder kein Anspruch auf eine Ganztagsbetreuung bestehe, müsse dies erst recht für einen Anspruch der ein- bis dreijährigen Kinder gelten (Schübel-Pfister, NVwZ 2013 S. 385, 389). Für einen solchen Erst-recht-Schluss ist jedoch aufgrund der unterschiedlichen Ausgestaltung der beiden Ansprüche kein Raum. So fehlt die in Abs. 3 Satz 2 normierte Pflicht des Trägers der Jugendhilfe, ein bedarfsgerechtes Angebot an Ganztagsplätzen zur Verfügung zu stellen, aus der für die Gruppe der über dreijährigen Kinder geschlossen wird, dass ein Anspruch auf eine Ganztagsbetreuung nicht besteht (vgl. dazu Rz. 27 ff.), bei Abs. 2 völlig. Umgekehrt entbehrt die Regelung des Abs. 3 einen Verweis auf die Regelung des Abs. 1 Satz 3. Während bei der Förderung der ein- bis dreijährigen Kinder somit der individuelle Bedarf im Vordergrund steht, ergibt sich ein Anspruch auf ergänzende Kindertagespflege bei den über dreijährigen Kindern lediglich bei besonderem Bedarf (Abs. 3 Satz 3). Teilweise wird ein bedarfsunabhängiger Grundanspruch angenommen, der durch einen objektivierbaren individuellen Bedarf ergänzt werden könne (so Meysen/Beckmann, Rz. 129). Dabei wird davon ausgegangen, dass sich der Grundanspruch auf einen Halbtagsplatz beziehe, wobei anders als bei einer Betreuung von über dreijährigen Kindern nicht eine Betreuungszeit von 6 Stunden täglich, sondern, da ausschließlich auf die Förderung der Kinder und nicht auf die Ermöglichung einer Berufstätigkeit abzustellen sei, lediglich von 4 Stunden täglich anzunehmen sei (vgl. Meysen/Beckmann, Rz. 133). Für die Konstruktion eines solchen bedarfsunabhängigen Grundanspruchs bietet der Wortlaut des Abs. 2 jedoch keine Grundlage. Weiterhin wird der gewählte zeitliche Umfang des "Grundanspruchs" von 4 Stunden nicht weiter begründet. Richtigerweise kommt es auf den individuellen Bedarf an, weshalb der Anspruch auch auf Ganztagsplätze ausgerichtet sein kann (vgl. Riehle, in: Krug/Riehle, § 24 Rz. 39; Rixen, in: juris-PK, § 24 Rz. 16; ders., NJW 2012 S. 2839), was von dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe bei der Bedarfsplanung zu berücksichtigen ist (vgl. auch Wiesner/Kößler/Grube, S. 19, die als Obergrenze für die Betreuung 9 Stunden täglich bzw. 45 Stunden wöchentlich benennen).

 

Rz. 19

Die von dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe nachgewiesene Tageseinrichtung oder Tagespflege muss in zumutbarer Wohnortnähe liegen. Dieser Umstand ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus dem Wortlaut des Abs. 2, folgt jedoch aus Abs. 5 Satz 1, wonach die Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die von ihnen beauftragten Stellen verpflichtet sind, über das Platzangebot im örtlichen Einzugsbereich zu informieren (VG Köln, Beschluss v. 18.7.2013, a. a. O., Rz. 7). Pauschale Angaben darüber, ob Tageseinrichtungen oder Tagespflegestellen in vertretbarer Zeit erreichbar sind, können allenfalls einen groben Anhalt bieten (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 14.8.2013, a. a. O., Rz. 17; anders aber die Vorinstanz VG Köln, Beschluss v. 18.7.2013, a. a. O., Rz. 8, wonach eine Einrichtung in städtischen Bereichen des Stadtgebietes grundsätzlich nicht weiter als 5 km vom Wohnort des Kindes entfernt sein dürfe). Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalles (vgl. Grube, in: Hauck/Noftz, § 24 Rz. 26). Kriterien sind das Vorhandensein von Hilfspersonen, die Frage, ob das Kind zu Fuß, mit dem Auto oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Betreuungsort gebracht werden soll sowie der durchschnittliche Zeitaufwand während der voraussichtlichen Bring- und Abholzeiten (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 14.8.2013, a. a. O., Rz. 19).

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