Rz. 6

Die Verpflichtungen anderer Sozialleistungsträger werden in Abs. 1 Satz 1 beispielhaft genannt. Gemeint sind Ansprüche auf andere Sozialleistungen mit Ausnahme der in Abs. 2 aufgeführten Leistungen nach SGB II und SGB XII, die gegenüber der Kinder- und Jugendhilfe nachrangig sind. Die jeweilige Sozialleistung muss dem gleichen Zweck dienen wie die zu gewährende Leistung der Kinder- und Jugendhilfe.

 

Rz. 7

Vorrangig sind Leistungen der Sozialversicherung, die einem Kind, einem Jugendlichen oder einem jungen Erwachsenen zustehen. Von den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung sind Krankenhilfe- und Rehabilitationsleistungen vorrangig gegenüber der Krankenhilfe nach § 40 und der Eingliederungshilfe nach § 35a, soweit die Zweckrichtung der jeweiligen Leistung gleich ist (vgl. VG Düsseldorf, Gerichtsbescheid v. 17.4.2002, 19 K 5456/00). Unter dieser einschränkenden Voraussetzung kann auch die häusliche Krankenpflege und Behandlungspflege nach § 37 SGB V gegenüber den Leistungen zur Betreuung und Versorgung eines Kindes in Notsituationen (§ 20) vorrangig sein. Da Kinder und Jugendliche beim Besuch von Kindergärten und Schulen unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen, kommen bei Eintritt eines Versicherungsfalles während des Besuchs einer solchen Einrichtung oder auf dem Weg von der Wohnung zu der Einrichtung und auf dem Nachhauseweg (Wegeunfall) zahlreiche Krankenpflege- und Pflegeleistungen, Leistungen zur medizinischen und beruflichen Rehabilitation oder auch unterhaltssichernde Leistungen, wie Verletztengeld oder Rente in Betracht. Auch sie sind gegenüber Leistungen nach dem SGB VIII vorrangig, soweit sie dem gleichen Zweck dienen. Als Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung kommen Waisen- und Halbwaisenrenten in Betracht. Vorrangig sind auch Leistungen nach dem OEG i. V. m. dem BVG (vgl. BayVGH, Beschluss v. 18.5.2015, 12 B 15.25, Rz. 17). Voraussetzung für das Rangverhältnis zwischen Jugendhilfe und Leistungen anderer Sozialleistungsträger ist, dass sowohl ein Anspruch auf Jugendhilfe als auch ein Anspruch gegen den anderen Leistungsträger gegeben ist und beide Leistungen gleich, gleichartig, einander entsprechend, kongruent, einander überschneidend oder deckungsgleich sind (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 6.12.2016, 7 A 10344/16, Rz. 20).

 

Rz. 8

Eine ganze Reihe von Leistungen der Bundesagentur für Arbeit dient jedenfalls teilweise dem gleichen Zweck wie die Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche (§§ 35a bis 39) nach dem SGB VIII (vgl. VG Koblenz, Urteil v. 12.7.2006, 5 K 1992/05.KO). Es handelt sich im Wesentlichen um die Leistungen zur Eingliederung nach § 16 SGB II. Gemäß § 22 Abs. 4 SGB III werden an erwerbsfähige Hilfebedürftige i. S. d. SGB II keine entsprechenden Leistungen nach dem SGB III erbracht. Leistungsberechtigt sind nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet haben. Erwerbsfähig ist gemäß § 8 Abs. 1 SGB II, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außer Stande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden arbeitstäglich erwerbstätig zu sein. Der Vorrang von Leistungen nach dem SGB II und dem SGB XII ist in Abs. 2 geregelt. Als Leistungen nach dem SGB III, die nicht in § 22 Abs. 4 SGB III benannt sind und die gleiche Zweckrichtung wie Leistungen nach dem SGB VIII haben, kommen die Leistungen zur Förderung der Berufsausbildung nach den §§ 59 bis 76 SGB III in Betracht. Sie überschneiden sich ihrer Zweckrichtung nach mit der Hilfe zur Erziehung (§ 27) und den damit in Zusammenhang stehenden Hilfen bei auswärtiger Unterbringung (§§ 33 bis 35). Der jeweiligen Zielsetzung der einzelnen Hilfsmaßnahme entsprechend ist die Leistungsverpflichtung des Jugendhilfeträgers oder der Bundesagentur nach der Spezialität der jeweiligen Leistung zu klären. Im Übrigen verweist § 27 Abs. 3 Satz 2 auf § 13 Abs. 2. Gegenüber den Leistungen nach § 13 sind gemäß § 10 Abs. 2 Satz 2 die Leistungen nach dem SGB II vorrangig. Für Leistungen in Werkstätten für behinderte Menschen trifft § 42 SGB IX eine Zuständigkeitsregelung. Für Leistungen im Eingangsverfahren und im Berufsbildungsbereich ist gemäß § 42 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX die Bundesagentur für Arbeit zuständig, soweit nicht aufgrund besonderer Voraussetzungen die Zuständigkeit des Unfallversicherungs- oder Rentenversicherungsträgers oder der Versorgungsverwaltung gegeben ist. Für Leistungen im Arbeitsbereich ist gemäß § 42 Abs. 2 Nr. 2 unter den Voraussetzungen des § 35a der Jugendhilfeträger zuständig.

 

Rz. 9

Mutterschaftsgeld und Erziehungsgeld bleiben aufgrund der speziellen Regelung in § 8 Abs. 1 BErzGG anrechnungsfrei. Ebenfalls anrechnungsfrei bleiben nach Maßgabe des Stiftungsgesetzes Leistungen der Stiftung Mutter und Kind – Schutz des ungeborenen Lebens. Leistungen zur Pflege aus der Pflegeversicherung sind gemäß § 13 Abs. 3 Satz 3 SGB XI nicht vorrangig gegenüber Leistungen nach dem SGB VIII. Dies betrifft Leistu...

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