0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die Vorschrift wurde durch das Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz (UVEG) v. 7.8.1996 (BGBl. I S. 1254) mit Wirkung zum 1.1.1997 in das SGB VII eingefügt. Im Gegensatz zur Vorgängernorm des § 562 Abs. 2 RVO ist der Bezug von Übergangsgeld nicht mehr von einem zwischenzeitlichen Eintritt von Erwerbsunfähigkeit abhängig.

1 Allgemeines

 

Rz. 2

Die Norm sieht Verletztengeld in den Fällen einer erstmaligen oder mehrfachen Wiedererkrankung an den Folgen des Versicherungsfalls vor. Sie soll den aktuellen Einkommensverlust ausgleichen.

2 Rechtspraxis

 

Rz. 3

Verletztengeld wird erneut gewährt, wenn der Versicherte an den Folgen des Versicherungsfalls wieder erkrankt und die Voraussetzungen des § 45 vorliegen. Ausreichend ist daher nicht allein die Wiedererkrankung. Vielmehr muss sie zur Arbeitsunfähigkeit führen oder eine Maßnahme der Heilbehandlung nach sich ziehen, wegen der der Versicherte eine ganztägige Erwerbstätigkeit nicht ausüben kann. Die Wiedererkrankung muss kausal auf den Versicherungsfall zurückzuführen sein. Nicht erforderlich ist hingegen eine Versicherung in der gesetzlichen Unfallversicherung zum Zeitpunkt der Wiedererkrankung. Der Versicherungsschutz aus dem Versicherungsfall wirkt insoweit fort (ebenso Ricke, in: KassKomm, SGB VII, § 48 Rz. 2).

Die Lohnersatzfunktion des Verletztengeldes erfordert, dass unmittelbar vor der Wiedererkrankung ein Anspruch auf Arbeitseinkommen, Arbeitsentgelt o. Ä. i. S. d. § 45 Abs. 1 Nr. 2 bestand. Das ist z. B. der Fall, wenn der Versicherte zwischenzeitlich im Rahmen seiner vollen oder geminderten Erwerbsfähigkeit wieder erwerbstätig war. Unmittelbarkeit liegt auch vor, wenn zwischen vorheriger Arbeitsunfähigkeit und Wiedererkrankung ein Zeitraum von einigen Tagen liegt (BSG, Urteil v. 26.6.2007, B 2 U 23/06 R, SozR 4-2700 § 45 Nr. 1 = USK 2007-58; LSG NW, Urteil v. 6.6.2006, L 15 U 56/04 – 4 Werktage). Die Vorschrift gilt nicht nur für die erste, sondern auch für mehrfache Wiedererkrankungen, bei denen immer wieder neu ein Anspruch auf Verletztengeld entsteht.

 

Rz. 4

Eine Wiedererkrankung liegt indes nicht nach einem untauglichen Arbeitsversuch vor. In diesen Fällen wurde nach einer Zeit der Arbeitsunfähigkeit eine Arbeit wieder aufgenommen, weil man vom Wiedererwerb der Arbeitsfähigkeit ausging. Tatsächlich zeigte sich jedoch, dass der Versicherte die Arbeit nicht verrichten kann. Bricht er diesen Arbeitsversuch ab, setzt sich die anfängliche Arbeitsunfähigkeit fort, so dass immer noch eine Ersterkrankung vorliegt (vgl. Ricke, in: KassKomm, SGB VII, § 48 Rz. 3; Fröhlke, in: Lauterbach, SGB VII, § 48 Rz. 7; gegen die Rechtsfigur des sog. missglückten Arbeitsversuchs im Unfallversicherungsrecht BSG, Urteil v. 5.5.1998, B 2 U 9/97 R, SozR 3-2200 § 551 Nr. 11). Gleiches gilt für den Fall, dass der Betreffende eine berufsfördernde Maßnahme, etwa eine Umschulungsmaßnahme, abbricht (LSG NRW, Urteil v. 23.3.2004, L 15 U 285/02). Bei Erkrankungen nach kurzen Zeiten geleisteter Arbeit ist daher rückwirkend zu überprüfen, ob Arbeitsfähigkeit oder Arbeitsunfähigkeit vorlag. Nur im ersteren Fall handelt es sich um eine Wiedererkrankung.

 

Rz. 5

Höhe, Dauer, Beginn und Ende des Verletztengeldes richten sich nach den §§ 46 und 47. Die Vorschriften sind mit der Maßgabe anwendbar, dass anstelle des Zeitpunkts der ersten Arbeitsunfähigkeit auf den der Wiedererkrankung abgestellt wird. Karenzzeiten für Unternehmer etc. nach § 46 Abs. 2 beginnen daher erneut zu laufen (vgl. Saarl. LSG, Urteil v. 20.7.2005, L 2 U 13/04). Die Höhe des Verletztengeldes richtet sich nicht nach der Höhe des Einkommens vor dem Versicherungsfall, sondern nach den Bezügen vor der Wiedererkrankung.

 

Rz. 6

Für Unternehmer etc. richtet sich die Höhe des Verletztengeldes grundsätzlich gemäß § 48, § 47 Abs. 5 nach dem Satzungsjahresarbeitsverdienst. Soweit bei Wiedererkrankung die Versicherung noch besteht, ist der aktuelle Satzungsjahresverdienst im Zeitpunkt der Wiedererkrankung heranzuziehen (BSG, Urteil v. 4.12.2007, B 2 U 33/06 R, SozR 4-2700 § 47 Nr. 4 = NZS 2008 S. 659; Ricke, in: KassKomm, SGB VII, § 48 Rz. 4; a. A. Benz, BG 1997 S. 319, 323). Zusatzversicherungen, die die Versicherungssumme erhöhen, sind grundsätzlich zu berücksichtigen. Das gilt auch für Zusatzversicherungen, die nach dem Versicherungsfall abgeschlossen wurden, da immer die aktuelle Versicherungssumme maßgeblich ist. Allerdings kann die Satzung bestimmen, dass sie nur für Versicherungsfälle nach ihrem Abschluss gilt (BSG, Urteil v. 19.12.2000, B 2 U 36/99 R, SozR 3-2700 § 83 Nr. 1, und v. 8.9.1977, 2 RU 35/77, SozR 2200 § 574 Nr. 2).

Besteht die Versicherung bei Wiedererkrankung nicht mehr, gilt die aktuelle Mindestversicherungssumme der ehemaligen Versicherung und nicht die Versicherungssumme, die vor der Beendigung der Versicherung vereinbart war (Bay. LSG, Urteil v. 26.9.2006, L 18 U 2/05, UV-Recht Aktuell 2006 S. 597; BSG, Urteil v. 4.12.2007, a. a. O.). Die Satzung kann aber auch Abweichendes bestimmen (BSG, Urteil v. 8.5.1980, 8a Ru 56/79, SozR 2200 § 561 Nr. 6)....

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