0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die Vorschrift wurde durch Art. 2 Nr. 5 des Dritten Gesetzes zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften (Drittes Pflegestärkungsgesetz – PSG III) v. 23.12.2016 (BGBl. I S. 3191) mit Wirkung zum 1.1.2017 neu eingefügt.

1 Allgemeines

 

Rz. 2

Die Vorschrift regelt den Entlastungsbetrag für Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 und höher. Es handelt sich um eine komplett neue Leistung, die durch das PSG III erstmals in das SGB XII eingefügt wurde. Die Leistung ist zusätzlich und wird über den notwendigen pflegerischen Bedarf hinaus gewährt. Pflegebedürftige mit Pflegegrad 1 sind nicht von § 64i umfasst. Sie erhalten einen Entlastungsbetrag gemäß § 66. Im SGB XI findet sich eine entsprechende Vorschrift in § 45b, die allerdings den Entlastungsbetrag für alle Pflegegrade regelt und lediglich innerhalb der Vorschrift Ausnahmen vornimmt.

2 Rechtspraxis

 

Rz. 3

Der Entlastungsbetrag ist keine vom Sozialhilfeträger zu zahlende Pauschale. Vielmehr wird er nur für nachgewiesene, dem in Satz 2 geregelten Leistungszweck entsprechende Aufwendungen bewilligt. Er beträgt auch nicht in jedem Fall 125,00 EUR – maßgeblich ist die tatsächlich beanspruchte Entlastung, die nachzuweisen ist.

 

Rz. 4

Nach § 64i Satz 2 ist der Entlastungsbeitrag zweckgebunden einzusetzen. Gemäß den dortigen Nr. 1 bis 3 ist er zu verwenden für

  • die Entlastung pflegender Angehöriger oder nahestehender Pflegepersonen,
  • die Förderung der Selbstständigkeit und Selbstbestimmung der Pflegebedürftigen bei der Gestaltung ihres Alltags oder
  • die Inanspruchnahme von Unterstützungsangeboten i. S. d. § 45a SGB XI.

Der in Satz 2 Nr. 1 genannte Zweck kann nur dann erfüllt werden, wenn überhaupt eine Pflegeperson existiert, die die pflegebedürftige Person unterstützt und die entlastet werden kann. Nr. 2 bezieht sich – anders als Nr. 1 – nicht auf einen Dritten, sondern auf den Pflegebedürftigen selbst und sollte aus diesem Grund weit ausgelegt werden. Bei den Unterstützungsangeboten nach § 45a SGB XI, auf die in Satz 2 Nr. 3 verwiesen wird, handelt es sich um verschiedene Angebote zur Unterstützung im Alltag wie Betreuungsangebote (§ 45a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XI), Angebote zur Entlastung von Pflegenden (§ 45a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB XI) und Angebote zur Entlastung im Alltag (§ 45a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB XI). Zu den Angeboten zur Unterstützung im Alltag in diesem Sinne zählen nach dem Gesetz insbesondere Betreuungsgruppen für an Demenz erkrankte Menschen, Helferinnen- und Helferkreise zur stundenweisen Entlastung pflegender Angehöriger im häuslichen Bereich, die Tagesbetreuung in Kleingruppen oder Einzelbetreuung durch anerkannte Helferinnen oder Helfer, Agenturen zur Vermittlung von Betreuungs- und Entlastungsleistungen für Pflegebedürftige und pflegende Angehörige sowie vergleichbar nahestehende Pflegepersonen, Familienentlastende Dienste, Alltagsbegleiter, Pflegebegleiter und Serviceangebote für haushaltsnahe Dienstleistungen (§ 45a Abs. 1 Satz 5 SGB XI).

 

Rz. 5

Die Aufzählung in Satz 2 ist abschließend. Anders als § 66 Satz 2 umfasst die Aufzählung nicht auch die Inanspruchnahme von Leistungen nach §§ 64b, 64e, 64f und 64g, da Pflegebedürftige ab Pflegegrad 2 und höher ohnehin (bedarfsdeckend) Anspruch auf diese Leistungen haben. Unklar ist, ob der Entlastungsbetrag nach § 64i auch im Falle stationärer Pflege beansprucht werden kann (dies ablehend: Greiner, in: Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, SGB XII, § 66a Rz. 2 ff.; vgl. zum Ganzen: Meßling, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, § 64i Rz. 7).

 

Rz. 6

Der zweckgebundene Einsatz des Entlastungsbetrags ist nachzuweisen. Dies kann durch Vorlage von aussagekräftigen Quittungen oder Rechnungen geschehen. Wurde der Nachweis erbracht, kann der Sozialhilfeträger den Entlastungsbetrag in entsprechender Höhe auch im Voraus für den jeweiligen Monat gewähren, da es der pflegebedürftigen Person häufig nicht möglich sein dürfte, in Vorleistung zu treten.

 

Rz. 7

Eine dem § 45b Abs. 2 Satz 3 entsprechende Regelung kennt das 7. Kapitel nicht; der Entlastungsbetrag kann daher nicht aufgespart werden.

3 Literatur

 

Rz. 8

Marburger, Die Auswirkungen des Pflegestärkungsgesetz III, Behindertenrecht 2017 S. 58.

Nakielski/Winkel, Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff und die Folgen: Wie jetzt Pflegebedürftigkeit festgestellt und die Höhe des Pflegebedarfs ermittelt wird, SoSi 2017 S. 9.

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