Rz. 3

§ 63a stellt klar, dass die Träger der Sozialhilfe den notwendigen pflegerischen Bedarf zu ermitteln und festzustellen haben. Hinsichtlich dieser Ermittlungen gelten insbesondere die §§ 20, 21 SGB X. Die Feststellung erfolgt durch Verwaltungsakt i. S. d. § 31 SGB X.

 

Rz. 4

Die Vorschrift ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass im Recht der Sozialhilfe der Bedarfsdeckungsgrundsatz (vgl. dazu auch die Komm. zu § 9) gilt. Das bedeutet im Zusammenhang des 7. Kapitels, dass der Träger der Sozialhilfe im Rahmen der Hilfe zur Pflege die zur Deckung des notwendigen pflegerischen Bedarfs notwendigen Leistungen an die pflegebedürftige Person erbringen muss.

 

Rz. 5

Waren nach der bis zum 31.12.2016 geltenden Rechtslage nur im Einzelfall eigene Ermittlungen des Sozialhilfeträgers zum Bedarf der hilfesuchenden Person erforderlich, hat sich dies seit dem 1.1.2017 nach Inkrafttreten des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs maßgeblich geändert. Bei der Ermittlung des notwendigen pflegerischen Bedarfs einer Person kam es nach altem Recht auf deren in Minuten dargestellten, verrichtungsbezogenen Hilfebedarf bzw. dessen Häufigkeit an. Anhand der Feststellung des erforderlichen Zeitumfangs durch den MDK erfolgte die Eingruppierung in eine der 3 früheren Pflegestufen. Der Sozialhilfeträger musste dann i. d. R. keine eigenen Ermittlungen zum Bedarf einer pflegebedürftigen Person mehr anstellen, es sei denn, dass diese keine Leistungen der sozialen Pflegeversicherung erhalten hat bzw. einen höheren Bedarf hatte oder Hilfe bei anderen Verrichtungen benötigte (also in den Fällen, in denen die Öffnungsklausel des § 61 a. F. zum Tragen kam). Er konnte vielmehr regelmäßig auf die Feststellung des Pflegeversicherungsträgers zurückgreifen und hieraus die für die Leistungen nach dem 7. Kapitel erforderlichen Schlüsse ziehen.

 

Rz. 6

Seit der Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs und des neuen Begutachtungsinstruments kommt es bei der Einstufung in einen der 5 Pflegegrade jedoch nicht mehr auf den in Minuten festgestellten, verrichtungsbezogenen Pflegebedarf, sondern auf die Selbstständigkeit und die Fähigkeiten der Pflegebedürftigen an. Der für die Pflege erforderliche Zeitaufwand spielt zwar in der Gesamtgewichtung innerhalb der neuen Bewertungssystematik durchaus noch eine Rolle, steht aber nicht mehr so im Zentrum, wie nach altem Recht. Der Bescheid zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit enthält folglich keine aufgeschlüsselte und individuelle Ermittlung des für die Pflege erforderlichen Zeitaufwands. Aus ihm lässt sich der notwendige pflegerische Bedarf regelmäßig nicht ablesen, so dass der Sozialhilfeträger eigene Ermittlungen anstellen und einen Bescheid erlassen muss. Dies gilt insbesondere für solche Leistungen, die bedarfsdeckend zu erbringen und nicht der Höhe nach begrenzt sind, also z. B. für die Leistungen der häuslichen Pflegehilfe nach § 64b.

 

Rz. 7

Im Rahmen der Ermittlungen werden die Sozialhilfeträger regelmäßig i. S. d. § 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X den Augenschein einnehmen, um den individuellen Bedarf des Hilfebedürftigen feststellen zu können. Angezeigt sein dürfte zudem die Heranziehung des Pflegegutachtens, das regelmäßig hilfreiche Informationen auch zum Bedarf enthalten dürfte. Anders als § 62a führt § 63a jedoch nicht eine Unterstützung durch den MDK ausdrücklich auf. Daneben kann auch der gemäß § 7a Abs. 1 SGB XI zu erstellende Pflegeplan im Rahmen der Ermittlungen des Sozialhilfeträgers ausgewertet werden.

 

Rz. 8

Soweit die nachfragende Person die gemäß § 61b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 erforderliche Schwelle von 12,5 Gesamtpunkten nicht erreicht und daher nicht in Pflegegrad 1 eingeordnet werden kann, dürfte eine Feststellungetwaiger ermittelter Bedarfe nicht erforderlich sein, da eine Leistungsbewilligung jedenfalls nach den Vorschriften des 7. Kapitels des SGB XII nicht in Betracht kommt (vgl. dazu auch Meßling, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, § 63a Rz. 17).

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt SGB Office Professional . Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge