Rz. 15

Krankheit ist jeder regelwidrige körperliche, geistige oder seelische Zustand, der geeignet ist, die Erwerbsfähigkeit herabzusetzen (BSG, Urteile v. 20.12.1960, 4 RJ 118/59, SozR Nr. 11 zu § 1246 RVO, und v. 25.5.1961, 5 RKn 3/60, SozR Nr. 5 zu § 45 RKG; Jörg, in: Kreikebohm, SGB VI, § 43 Rz. 21; Fichtner/Wenzel, Kommentar zur Grundsicherung, § 41 Rz. 8). Regelwidrig sind solche Körper- oder Geisteszustände, die vom Leitbild des gesunden Menschen abweichen (BSG, Urteil v. 28.4.1967, 3 RK 12/65, SozR Nr. 23 zu § 182 RVO). In diesem Sinne ist "gesund", wer alle psycho-psychischen Normalfunktionen ausüben kann (BSG, Urteil v. 20.10.1972, 3 RK 93/71, SozR Nr. 52 zu § 182 RVO).

Zusammengefasst ist Krankheit somit ein regelwidriger Körper- oder Geisteszustand, der die Ausübung der normalen körperlichen und/oder geistigen Funktionen (mehr als nur unerheblich) beeinträchtigt (Muckel, Sozialrecht, 2003, § 8 Rz. 90). Unter diesen (eingliedrigen) Krankheitsbegriff fallen deshalb auch Suchterkrankungen (BSG, Urteile v. 18.6.1968, 3 RK 63/66, SozR Nr. 28 zu § 182 RVO, v. 15.2.1978, 3 RK 29/77, SozR 2200 § 184a Nr. 1, und v. 20.3.1996, 6 RKa 62/94, SozR 3-2500 § 92 Nr. 6) sowie psychische Gesundheitsstörungen, die der Betroffene auch durch eine zumutbare Willensanspannung nicht mehr aus eigener Kraft beheben kann (BSG, Urteile v. 18.12.1962, 2 RU 189/59, SozR Nr. 61 zu § 542 RVO, v. 1.7.1964, 11/1 RA 158/61, SozR Nr. 39 zu § 1246 RVO, v. 28.8.1970, 3 RK 74/67, und v. 28.8.1970, 3 RK 74/67).

Zu den Krankheiten zählen ferner erhebliche Entstellungen, die zwar keine Arbeitsunfähigkeit auslösen, dem Betroffenen aber faktisch alle Einstellungschancen rauben (vgl. Niesel, in: KassKomm., SGB XII, § 43 Rz. 21). Der bloße Verdacht, dass eine Krankheit vorliegt, reicht keinesfalls aus (BSG, Urteil v. 27.6.1968, 4 RJ 377/67, BSGE 28 S. 137, 139).

 

Rz. 16

Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als 6 Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Im Gegensatz zur (akuten, behandlungsfähigen) Krankheit umfasst die Behinderung körperliche, geistige oder seelische Einbußen, deren Entwicklung abgeschlossen ist, z. B. Amputationen, Erblindung, Taubheit. Die Abgrenzung zwischen Krankheit und Behinderung ist praktisch kaum bedeutsam (Brühl/Schoch, LPK-SGB XII, § 41 Rz. 10; Jörg, a. a. O., § 43 Rz. 22; Niesel, a. a. O., § 43 Rz. 24).

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