2.2.1 Spende

 

Rz. 6

Versicherte nach § 2 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. b sind Personen, die Blut oder körpereigene Organe, Organteile oder Gewebe spenden oder bei denen Voruntersuchungen oder Nachsorgemaßnahmen anlässlich der Spende vorgenommen werden. Unproblematisch vom Gesetzeswortlaut erfasst ist der Fall, dass die Spende tatsächlich durchgeführt wird und das Organ oder Gewebe entnommen wurde. Entscheidend ist aber allein die Entnahme beim Spender. Dafür Sprechen sowohl § 8 Abs. 1 Satz 1 TPG als auch § 1a Nr. 6 TPG und der Wortlaut des § 2 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. b SGB VII. Der Erfolg der Transplantation soll nicht Voraussetzung des Versicherungsschutzes sein, weil sonst der Spender das medizinische Risiko trüge (ähnlich: Knorr, NZS 2012 S. 1132, 1134, vgl. zur Entgeltfortzahlung nach § 3a EFZG: Gundel, ZAT 2013 S. 54, 55).

 

Rz. 7

Auch ein bestimmtes Motiv wird nicht vorausgesetzt. Zwar spricht die Gesetzesbegründung an verschiedenen Stellen von einem altruistischen Spender (vgl. u. a. BT-Drs. 17/9773 S. 53), doch ist das nicht Voraussetzung. Eine Spende liegt auch dann vor, wenn Blut für ein gewerbliches Blutspendeunternehmen "gespendet" wird und der Spender als Gegenleistung eine Aufwandsentschädigung oder Vergütung erhält, solange die §§ 8 und 8a TPG eingehalten werden.

 
Praxis-Beispiel

Eine versicherte Spende ist zu bejahen, bei:

  • unentgeltlicher Blutspende,
  • entgeltlicher Blutspende,
  • Organ(teil)spenden gegen Vergütung in pharmazeutischen Unternehmen,
  • Nabenschnurblutspende in öffentliche Blutbank oder zu Forschungszwecken einer Universität.
 

Rz. 8

Unabdingbar vorausgesetzt wird jedoch ein fremdnütziges oder jedenfalls beabsichtigt fremdnütziges Verhalten. Eine sog. Eigenblutspende, bei welcher dem Patienten Blut entnommen und später – idealtypisch nach oder während einer Operation – wieder zugeführt wird, ist ebenso wenig erfasst, wie die Hauttransplantation durch Übertragung gesunder Haut bei Brandverletzungen am eigenen Körper (vgl. Lauterbach/Schwerdtfeger, § 2 Rz. 463).

2.2.2 Blutspende

 

Rz. 9

Im Rahmen der Blutspende ist zum Einen die Entnahme von Blut zur unmittelbaren Übertragung auf andere Menschen erfasst. Zum Anderen auch die Entnahme von Blut, welches erst nach weiterer Aufbereitung auf andere Menschen übertragen werden kann (vgl. BSG, Urteil v. 22.11.1984, 2 RU 49/83, SGb 1985 S. 155; LSG Schleswig-Holstein, Urteil v. 18.1.2007, L 1 U 48/06). Umfasst ist deshalb die Blutentnahme zum Zwecke der Gewinnung von Blutplasma oder die Blutstammzellenspende. Vom Normzweck aus betrachtet, dem Schutz des Spenders, erscheint es konsequent, dass der Zweck der Blutspende für den Versicherungsschutz nicht erheblich ist. Der Versicherungsschutz ist deshalb unabhängig davon, ob die Blutspende gemeinnützig oder gewerblich erfolgt oder ggf. allein wissenschaftlichen Zwecken dient, zu bejahen (vgl. bereits: BSG, Urteil v. 22.11.1984, 2 RU 49/83, SGb 1985 S. 155; Münch, BG RCI.magazin 2013 Nr. 9/10 S. 12).

 

Rz. 10

Versicherte Vorbereitungshandlung für die Blutspende kann auch eine Einnahme von Medikamenten sein, wenn diese zur medikamentösen Einstellung des Blutspenders durchgeführt wird, weil sie beispielsweise für die Gewinnung von Blutstammzellen erforderlich ist (vgl. LSG Schleswig-Holstein, Urteil v. 18.1.2007, L 1 U 48/06).

Die Spende von Blut oder Blutbestandteilen ist nach § 1 TPG vom Gesetz nicht erfasst und auch von der Enquête-Kommission "Ethik und Recht der modernen Medizin" im Jahr 2005 nicht als Handlungsbedarf angesprochen worden (vgl. BT-Drs. 15/5050, Begründung S. 64 f.), spielt angesichts des klaren Wortlautes des § 2 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. b keine Rolle.

Ob die Beweiserleichterung des § 12a Abs. 1 Satz 2 und 3 hinsichtlich der Blutspende – als erheblich weniger gefährlichen Eingriff – geboten war, erscheint zweifelhaft (ebenso: Brandenburg, in: Becker/Franke/Molkentin, SGB VII, 4. Aufl. § 12a Rz. 10), weil nach derzeitiger medizinischer Erkenntnis keine Spätschäden der Blutentnahmen zu erwarten sind, weshalb auch keine besonderen Schwierigkeiten vorliegen, die Kausalität festzustellen.

2.2.3 Organ-, Organteil- oder Gewebespende

 

Rz. 11

Der Wortlaut verlangt nur eine Organ-, Organteil oder Gewebespende. Er nimmt nicht auf die §§ 8, 8a TPG als Tatbestandsvoraussetzung Bezug. Die §§ 8, 8a TPG enthalten Regelungen, nach welchem Verfahren die Organspende zulässig ist. Sie regeln die Gesetzmäßigkeit der Organspende. Die Einhaltung war bereits vor dem Inkrafttreten des § 12a nach der Rechtsprechung des BSG Voraussetzung für Unfallversicherungsleistungen (vgl. BSG, Urteil v. 15.5.2012, B 2 U 16/11 R, SGb 2012 S. 743). Sie sind auch in § 27 Abs. 1a SGB V und § 44 SGB V Voraussetzung der Leistungen (zu § 3a EFZG: Gundel, ZAT 2013 S. 54, 56; Greiner, NZS 2013 S. 241). Auch die Gesetzesbegründung zu § 12a (vgl. BR-Drs. 457/11, Begründung S. 17) stützt diese Ansicht, der Bundesrat führt aus, dass "auf der Grundlage des geltenden § 8 TPG … die Organlebendspende auf einen begrenzten Personenkreis beschränkt ist". Zuletzt deutet die Erstreckung des Geltungsbereiches auf das Inkrafttreten des TPG in § 213 Ab...

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