Rz. 2

§ 12a ist Bestandteil der Umsetzung der EU-Richtlinie 2010/53/EU über Qualitäts- und Sicherheitsstandards für zur Transplantation bestimmte menschliche Organe (vgl. Weyd, Jura 2013 S. 437) in deutsches Recht. Das Ziel war zunächst die Verbesserung der Ablauforganisation insbesondere in und zwischen den beteiligten Krankenhäusern, die die Organspende in Deutschland durchführen. Um neben der Optimierung der Ablauforganisation auch die Möglichkeiten zu erweitern, die Bevölkerung mit dem Thema Organspende vertraut zu machen, kommt der Information und Aufklärung eine bedeutende Rolle zu. In Deutschland stehen noch immer zu viele Menschen auf der Warteliste von Eurotransplant International Foundation ohne die Chance, ein lebensrettendes Organ erhalten zu können. Immer noch sterben täglich 3 Menschen, weil sie nicht rechtzeitig ein Organ erhalten haben. Insgesamt liegt Deutschland im internationalen Vergleich bei der Zahl der Organspenden im unteren Mittelfeld (Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP v. 23.5.2012, BT-Drs. 17/9777 S. 1, zu der 3. Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, Drs. 17/7376, 17/9773 – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Transplantationsgesetzes).

Im Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Transplantationsgesetzes v. 12.8.2011 BR-Drs. 457/11 war Art. 2b noch nicht enthalten. Art. 2b ist erst im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens durch die Stellungnahme des Bundesrates v. 23.9.2011 angeregt worden (Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Transplantationsgesetzes v. 19.10.2011, BT-Drs. 17/7376 Begründung S. 33 unter Ziff. 8b). Die jetzige Fassung des Art 2b entstammt der Ausschussberatung v. 23.5.2012 (vgl. BT-Drs. 17/9773 S. 26 und Begründung S. 41 und 42).

 

Rz. 3

Die Rechtsprechung des BSG (vgl. BSG, Urteil v. 15.5.2012, B 2 U 16/11R, SGb 2012 S. 743) hat bisher für einen Versicherungsfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung unterschieden: (1) Die komplikationslose Organspende selbst war nicht versichert. (2) Der durch eine versicherte Organspende hervorgerufene Gesundheitsschaden, der auf einer Gesundheitsbeeinträchtigung beruht, die nach den derzeit anerkannten medizinischen Erfahrungssätzen nicht notwendig allein schon durch die operative Organentnahme verursacht wird, begründete eine versicherte Tätigkeit. Eine versicherte Tätigkeit erfordere Verrichtungen oder Handlungen des Verletzten selbst; die Verrichtung einer versicherten Tätigkeit sei eine höchstpersönliche Handlung. Die Gesundheitsschäden, die beim Lebendorganspender durch eine rechtmäßige Transplantation notwendig verursacht würden, seien nach dem Schutzzweck des § 2 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. b keine missbilligten Wirkungen des Eingriffs, sondern gehörten notwendig zur Organspende, die durch den das Transplantationsgesetz ergänzenden Unfallversicherungsschutz gebilligt werde und gefördert werden solle. Deshalb setze der Versicherungstatbestand des § 2 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. b a. F. die Hinnahme der zur Organspende erforderlichen Körperverletzung voraus; sehe aber schon der Tatbestand der versicherten Tätigkeit den operativen Eingriff zur Organentnahme vor, sei der Gesundheitserstschaden im Fall einer Organspende nach Maßgabe des Schutzzwecks dieser Vorschrift zu bestimmen. Versicherte Gesundheitserstschäden seien nur diejenigen Gesundheitsbeeinträchtigungen, die gerade nicht im Eingriff zur Organentnahme selbst bestehen, also Gesundheitsschäden, die durch die Organentnahme zusätzlich zu den mit ihr notgedrungen verbundenen Beeinträchtigungen wesentlich verursacht wurden; das operative Geschehen nebst einer Vor- und Nachbehandlung sei das durch die Verrichtung der versicherten Tätigkeit wesentlich bedingte einwirkende Ereignis i. S. d. § 8 Abs. 1 Satz 2.

 

Rz. 4

Mit § 12a wurde ein Versicherungsfall eigener Art geschaffen. Der Gesetzgeber wollte mit der Vorschrift klarstellen, dass der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung alle gesundheitlichen Komplikationen umfasst, die als Folge einer Spende von Blut, körpereigenen Organen, Organteilen oder Gewebe auftreten, unabhängig davon, ob die gesetzlichen Tatbestandvoraussetzungen eines Arbeitsunfall i. S. d. § 8 Abs. 1 konkret tatsächlich erfüllt sind oder nicht (vgl. BT-Drs. 15/5030, Begründung S. 77; BT-Drs. 17/9773, Begründung S. 42 f.; BR-Drs. 467/11, Begründung S. 16).

Um diesen Zweck zu erfüllen, definiert § 12a Abs. 1 Satz 1 zunächst den Rahmen des Versicherungsfalls allgemein als: "Gesundheitsschaden infolge einer Blut-, Organ-, Organteil- oder Gewebeentnahme". Nicht erfasst werden der Eingriff der Entnahme selbst und die damit verbundenen Folgen (sog. natürliche Entnahmefolgen oder Regelbeeinträchtigungen). Positiv gewendet, werden nur Gesundheitsschäden erfasst, die über die regelmäßig mit der Entnahme eintretenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen hinausgehen. Zuletzt ist ein ursächlicher Zusammenhang mit der Spende erforderlich. Eine Regelung versicherter Tätigkeiten enthält die Norm nicht. Die versicherte Tätigkeit ergibt sich ...

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