Rz. 22

Die Frist wird durch Erhebung der Klage gewahrt. Durch die Erhebung der Klage wird die Sache rechtshängig, § 94. Klageerhebung bedeutet Einreichung einer Klageschrift bzw. Abschluss der Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle über ein Klagebegehren, vgl. § 90.

In Zweifelsfällen muss ausgelegt werden, ob eine Klage vorliegt oder ob etwa ein anderer Rechtsbehelf geltend gemacht werden sollte (BSG, Urteil v. 9.8.2006, B 12 KR 22/05 R, USK 2006-75 = ZfS 2006 S. 267). Von einer Klage kann nur gesprochen werden, wenn gerichtlicher Rechtsschutz begehrt wird, der sich nicht gegen eine Entscheidung des Gerichts selbst richtet. Sie ist insbesondere abzugrenzen gegenüber einer Beschwerde oder einem Widerspruch. Teilweise kommt eine Umdeutung in Betracht, z. B. wenn zwar ausdrücklich ein Widerspruch eingelegt worden ist, ein Vorverfahren aber nicht durchzuführen ist (vgl. hierzu BSG, Breithaupt 1974 S. 811). Zu prüfen ist auch, in welchem genauen Umfang eine Klage erhoben worden ist; eine Auslegung der Erklärung kann ergeben, dass der Streitgegenstand von vornherein auf einen bestimmten Teil der im Verwaltungsakt getroffenen Regelungen begrenzt war (BSG, Urteil v. 9.8.2006, B 12 KR 22/05 R, USK 2006-75 = ZfS 2006 S. 267; BSG, Urteil v. 23.2.2005, B 6 KA 77/03 R, SozR 4-1500 § 92 Nr. 2, USK 2005-109; BSG, Urteil v. 27.7.2004, B 4 RA 1/04 R; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 22.4.2010, L 25 AS 1859/08, juris).

 

Rz. 23

Die Klage ist grundsätzlich beim sachlich und örtlich zuständigen Gericht zu erheben, § 90. Die Frist gilt aber gemäß § 91 Abs. 1 als gewahrt, wenn die Klageschrift bei einer inländischen Behörde oder einer deutschen Konsularbehörde eingeht; Seeleute können die Klage auch beim deutschen Seemannsamt im Ausland erheben. Die Klage wird dann an das zuständige SG abgegeben.

Wird ausdrücklich Klage beim unzuständigen Sozial- oder einem anderen Gericht erhoben, also der Schriftsatz dort nicht nur zur Fristwahrung eingereicht, ergeht ein Verweisungsbeschluss, § 98. Die Frist bleibt dadurch ebenfalls gewahrt, da die Sache durchgehend rechtshängig bleibt, § 98 Satz 1 bzw. Parallelvorschrift in anderen Prozessordnungen i. V. m. § 17b Abs. 1 Satz 2 GVG.

 

Rz. 24

Es genügt, wenn die Klage am letzten Tag der Frist erhoben wird. Maßgebend ist dabei der Zugang der Klageschrift, entweder per Post oder durch Einwurf unmittelbar bei Gericht. Ist ein Nachtbriefkasten am Gericht vorhanden, muss die Klage vor Mitternacht eingeworfen werden. Fehlt ein solcher, darf der Kläger darauf vertrauen, dass sich der rechtzeitige Zugang feststellen lässt; ggf. kommt eine Wiedereinsetzung in Betracht. Wird die Klageschrift trotz Vorhandenseins eines Nachtbriefkastens in den einfachen Briefkasten eingeworfen, entstehen Beweisprobleme; unter Umständen ist gleichwohl Wiedereinsetzung zu gewähren. Ist die Klageschrift per Post versandt worden, genügt der Eingang am letzten Tag der Frist im Postabholfach. Das Gericht ist nicht verpflichtet, für die Erhebung zu Protokoll einen Nachtdienst einzurichten, wenn ein Nachtbriefkasten zur Verfügung steht.

Es ist ausreichend, wenn die Klageschrift per Telefax zugeht. Der Zugangsnachweis kann aber nicht allein mit dem Absendeprotokoll geführt werden.

Die Klagefrist ist auch dann gewahrt, wenn die Klageschrift keine Unterschrift enthält, aber eindeutig zuzuordnen ist, vgl. § 92. Auch sonstige Formmängel können geheilt werden, soweit es sich bei § 92 um eine Soll-Vorschrift handelt. Geheilt werden können nicht mehr sämtliche Formmängel, seit § 92 durch das SGGArbGÄndG v. 26.3.2008 (BGBl. I S. 444) mit Wirkung zum 1.4.2008 geändert worden ist (siehe die dortige Kommentierung).

 

Rz. 25

Ob eine vorsorgliche Klageerhebung, d. h. bevor ein Verwaltungsakt ergangen ist, zulässig ist oder es zumindest später werden kann, ist umstritten (siehe hierzu Rn. 6; Zeihe, § 87 Rn. 3b).

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