Rz. 24

Ein Richter (oder Urkundsbeamter der Geschäftsstelle, § 49 ZPO) ist weiter in Sachen einer Person ausgeschlossen, mit denen er in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum 3. Grad verwandt oder bis zum 2. Grad verschwägert ist oder war. "Person" ist eine Partei oder ein Beteiligter (§ 69 SGG). Ein in gerader Linie mit einem der Prozessbevollmächtigten verschwägerter Richter ist daher nicht (analog) § 41 Nr. 3 ZPO von der Ausübung des Richteramtes ausgeschlossen (KG Berlin, Beschluss v. 11.6.1999, 28 W 3067/99). Erfasst werden 4 Alternativen.

 

Rz. 25

In der ersten Alternative des § 41 Nr. 3 ZPO ist der Richter dann ausgeschlossen, wenn er mit einer solchen Person in gerader Linie verwandt ist. Hierzu bestimmt § 1589 Abs. 1 Satz 1 BGB: Personen, deren eine von der anderen abstammt, sind in gerader Linie verwandt. Das betrifft Großeltern, Eltern (Mutter: § 1591 BGB, Vater: § 1592 BGB), Kinder, Enkel usw. Ist eine dieser Personen Partei des Verfahrens, führt das zum Ausschluss des zuständigen Richters. Erfasst werden auch die nach § 1594 BGB anerkannte oder nach § 1600d BGB gerichtlich festgestellte Vaterschaft (§ 1592 Nr. 2, 3 BGB) oder die durch Adoption (§§ 1741 ff. BGB) begründete Verwandtschaft (Zöller/Vollkommer, ZPO, § 41 Rn. 9; Musielak/Voit/Heinrich, ZPO, § 41 Rn. 11).

 

Rz. 26

In der zweiten Alternative des § 41 Nr. 3 ZPO ist der Richter in Sachen einer Person dann ausgeschlossen, wenn er mit dieser in gerader Linie verschwägert ist. Nach § 1590 Abs. 1 BGB gilt: "Die Verwandten eines Ehegatten sind mit dem anderen Ehegatten verschwägert. Die Linie und der Grad der Schwägerschaft bestimmen sich nach der Linie und dem Grade der sie vermittelnden Verwandtschaft." Zur Dauer der Schwägerschaft bestimmt § 1590 Abs. 2 BGB: "Die Schwägerschaft dauert fort, auch wenn die Ehe, durch die sie begründet wurde, aufgelöst ist." Verschwägert sind sonach alle Verwandten eines Ehegatten mit dem anderen Ehegatten. In gerader Linie verschwägert ist ein Ehegatte mit allen geradlinigen Verwandten seines Ehegatten (Schwiegereltern, Stiefkinder).

 

Rz. 27

In der dritten Alternative des § 41 Nr. 3 ZPO ist der Richter in Sachen einer Person dann ausgeschlossen wenn er in der Seitenlinie bis zum 3. Grad verwandt ist oder war. In der Seitenlinie verwandt sind Personen, die nicht in gerader Linie verwandt sind, aber von derselben 3. Person abstammen (§ 1589 Abs. 1 Satz 2 BGB). In der Seitenlinie verwandt sind sonach Personen, die beide nicht voneinander, jedoch beide von derselben 3. Person ("Stammelternteil") abstammen. Verwandtschaft in gerader Linie und Verwandtschaft in der Seitenlinie schließen sich gegenseitig aus (Staudinger/Rauscher, BGB, § 1589 Rn. 9). Der Grad der Verwandtschaft bestimmt sich nach der Zahl der sie vermittelnden Geburten (§ 1589 Abs. 1 Satz 3 BGB). Eine Begrenzung der Verwandtschaft nach Graden kennt das BGB nicht. Die Geburt der die Verwandtschaft herstellenden Person wird nicht mitgerechnet; bei Verwandten der Seitenlinie zählt die Geburt des gemeinsamen Stammelternteils nicht mit (Staudinger/Rauscher, BGB, § 1589 Rn. 11).

 

Rz. 28

In der vierten Alternative des § 41 Nr. 3 ZPO ist der Richter in Sachen einer Person dann ausgeschlossen wenn er in der Seitenlinie bis zum 2. Grad verwandt ist oder war. In der Seitenlinie verschwägert ist er mit allen Verwandten seines Ehegatten in der Seitenlinie (Schwager, Schwiegeronkel). Der Grad der Schwägerschaft wird nur durch die Zahl der die Verwandtschaft vermittelnden Geburten bestimmt; die die Schwägerschaft vermittelnde Ehe erhöht nicht den Grad. Beispielsweise besteht Schwägerschaft im ersten Grad gerader Linie zu den Schwiegereltern und einem Stiefkind, im 2. Grad der Seitenlinie zur Schwägerin. Eine Begrenzung der Grade der Schwägerschaft besteht ebensowenig wie für die Verwandtschaft (Staudinger/Rauscher, BGB, § 1590 Rn. 10).

 

Rz. 29

Beim Rechtsstreit einer Partei kraft Amtes kommt ein Verwandtschafts- oder Schwägerschaftsverhältnis mit der Partei ebenso wie mit dem Vermögensträger selbst in Betracht (Stein/Jonas/Bork, ZPO, § 41 Rn. 13; Musielak/Voit/Heinrich, ZPO, § 41 Rn. 10; Zöller/Vollkommer, ZPO, § 41 Rn. 9). Gleiches gilt für den gesetzlichen Vertreter der Partei (Musielak/Voit/Heinrich, ZPO, § 41 Rn. 10).

 

Rz. 30

Verwandtschaft oder Schwägerschaft zu einem Prozessbevollmächtigten ist kein gesetzlicher Ausschlussgrund, sondern nach § 42 Abs. 2 ZPO, an dem alle nicht von § 41 ZPO erfassten Sachverhalte zu messen sind, zu beurteilen (BFH, Beschluss v. 17.9.2002, IV B 108/02; KG, Beschluss v. 11.6.1999, 28 W 3063/99). Die Auffassung, dass bei einer Ehe und mithin auch bei Schwägerschaft zwischen Richter und Verfahrensbevollmächtigtem über den Wortlaut des § 41 ZPO hinaus in Rechtsanalogie zu dieser Vorschrift ein gesetzlicher Ausschlussgrund anzunehmen sei (so z. B. LSG Schleswig-Holstein, Beschluss v. 5.3.1998, L 5 S 2/98), überzeugt nicht. Eine solche Auffassung lässt sich allenfalls mit dem Hinweis auf den besonderen Sachzusammenhang ...

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