0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

§ 75 trat zum 1.1.1981 mit der Einfügung des SGB X v. 18.1.1980 (BGBl. I S. 1469) in das Sozialgesetzbuch in Kraft. Er wurde durch das Zweite SGB-ÄndG v. 13.6.1994 (BGBl. I S. 1229) novelliert, entsprach aber im Wesentlichen der vorherigen Fassung. Im Zusammenhang mit der Neufassung des SGB X v. 18.1.2001 (BGBl. I S. 130) wurde die Vorschrift neu bekanntgemacht. Zum 23.5.2001 wurde § 75 durch das Gesetz zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes und anderer Gesetze v. 18.5.2001 (BGBl. I S. 904), mit dem die Vorgaben der EU-Richtlinie (Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 24.10.1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr, ABl. EG L 281 v. 23.11.1995 S. 31) in deutsches Recht umgesetzt wurden, in Abs. 2 redaktionell an die neue Begriffsbestimmung des § 67 Abs. 10 (Empfänger und Dritter) angepasst. Zusätzlich wurde Abs. 4 an die Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) angeglichen.

Durch Art. 3 des Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VStG) v. 22.12.2011 (BGBl. I S. 2983) erhielt § 75 Abs. 2 zum 1.1.2012 einen neuen Satz 2 eingefügt, die bisherigen Sätze 2 und 3 wurden die Sätze 3 und 4.

In Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 wurden mit Wirkung zum 16.8.2014 durch Art. 10 des Gesetzes zur Stärkung der Tarifautonomie (Tarifautonomiestärkungsgesetz) v. 11.8.2014 (BGBl. I S. 1348) nach dem Wort "Sozialleistungsbereich" die Wörter "oder der wissenschaftlichen Arbeitsmarkt- und Berufsforschung" eingefügt. In Satz 2 wurden die Wörter "oder den Zweck der Forschung oder Planung auf andere Weise zu erreichen" gestrichen und ein neuer Satz mit Ausnahmen vom Einwilligungserfordernis angefügt.

Zum 25.5.2018 wurde § 75 durch Art. 24 des Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes und anderer Vorschriften v. 17.7.2017 (BGBl. I S. 2541) einerseits an die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG – Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) v. 27.4.2016 (ABl. L 119/1) angepasst und andererseits um Regelungen ergänzt, die insbesondere die Verarbeitung von Sozialdaten zu Forschungszwecken erleichtern. Neu eingefügt wurden Abs. 1 Satz 4 und die Abs. 2, 3 und 4a. Die früheren Abs. 2, 3 und 4 wurden zu Abs. 4, 5 und 6. Der neue Abs. 4 hat zusätzlich neue Sätze 3 und 6 erhalten.

1 Allgemeines

 

Rz. 2

Seit dem 25.5.2018 gelten unmittelbar und europaweit einheitlich die Regelungen der DSGVO. Seit dem regelt Art. 89 DSGVO u. a. Garantien und Ausnahmen in Bezug auf die Verarbeitung zu wissenschaftlichen oder historischen Forschungszwecken.

§ 75 regelt in Ergänzung zu Art. 89 DSGVO die Zulässigkeit der Übermittlung von Sozialdaten für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung oder Planung im Sozialleistungsbereich oder der wissenschaftlichen Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. Es geht um den Ausgleich von zwei Grundrechten. Einmal garantiert Art. 5 Abs. 3 GG die Freiheit von Wissenschaft und Forschung. Demgegenüber steht das informationelle Selbstbestimmungsrecht (vgl. BVerfG zum Volkszählungsurteil 1983).

 

Rz. 3

§ 75 hat seit 25.5.2018 über die Änderungen aufgrund der DSGVO hinaus durch Art. 24 des Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes und anderer Vorschriften v. 17.7.2017 weitere Änderungen erfahren, die den Bedarf der Wissenschaft berücksichtigen. Mit den neuen Regelungen insbesondere in den Abs. 2, 3 und 4a "sollen der Forschung, die bei ihren Untersuchungen auf Sozialdaten angewiesen ist, weitere rechtliche Möglichkeiten eröffnet werden, die die Effektivität und Langfristigkeit der Forschungsergebnisse fördern. Ziel der Regelung ist, einen angemessenen Ausgleich zwischen den Erfordernissen der Forschung auf der einen Seite und dem berechtigten Interesse der einzelnen betroffenen Personen an dem Schutz ihrer persönlichen Daten (vor allem von sensiblen Daten wie genetischen und biometrischen Daten oder Gesundheitsdaten) auf der anderen Seite herzustellen" (BT-Drs. 18/12611).

 

Rz. 4

§ 75 enthält in den Abs. 3, 4 und 4a eine Reihe von Vorgaben und Verpflichtungen, die sich an die Forscher richten. Da es sich hier regelmäßig nicht um Stellen nach § 35 SGB I handelt (Rz. 16), ist mindestens fraglich, ob dies tatsächlich durchsetzbar ist, da für private Personen oder Stellen das SGB nicht einschlägig ist, auch wenn die Übermittlung von Sozialdaten nur für Zwecke der Planung und Forschung innerhalb des Sozialleistungsbereichs von § 75 erfasst ist.

Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich hierzu, dass aufgrund des besonderen Schutzbedürfnisses von Sozialdaten § 75 als bereichsspezifische Regelung für die Übermittlung von Sozialdaten zu Zwecken wissenschaftlicher Forschung besondere Anforderungen vorsieht. "Die für die Datenverarbeitung verantwortlichen Forscher bzw. Forschungseinrichtungen haben daher neben den nach Art. 89 Abs. 1 Satz 1 DSGVO

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