Rz. 2

Seit dem 25.5.2018 gelten unmittelbar und europaweit einheitlich die Regelungen der DSGVO. Seit dem regelt Art. 89 DSGVO u. a. Garantien und Ausnahmen in Bezug auf die Verarbeitung zu wissenschaftlichen oder historischen Forschungszwecken.

§ 75 regelt in Ergänzung zu Art. 89 DSGVO die Zulässigkeit der Übermittlung von Sozialdaten für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung oder Planung im Sozialleistungsbereich oder der wissenschaftlichen Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. Es geht um den Ausgleich von zwei Grundrechten. Einmal garantiert Art. 5 Abs. 3 GG die Freiheit von Wissenschaft und Forschung. Demgegenüber steht das informationelle Selbstbestimmungsrecht (vgl. BVerfG zum Volkszählungsurteil 1983).

 

Rz. 3

§ 75 hat seit 25.5.2018 über die Änderungen aufgrund der DSGVO hinaus durch Art. 24 des Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes und anderer Vorschriften v. 17.7.2017 weitere Änderungen erfahren, die den Bedarf der Wissenschaft berücksichtigen. Mit den neuen Regelungen insbesondere in den Abs. 2, 3 und 4a "sollen der Forschung, die bei ihren Untersuchungen auf Sozialdaten angewiesen ist, weitere rechtliche Möglichkeiten eröffnet werden, die die Effektivität und Langfristigkeit der Forschungsergebnisse fördern. Ziel der Regelung ist, einen angemessenen Ausgleich zwischen den Erfordernissen der Forschung auf der einen Seite und dem berechtigten Interesse der einzelnen betroffenen Personen an dem Schutz ihrer persönlichen Daten (vor allem von sensiblen Daten wie genetischen und biometrischen Daten oder Gesundheitsdaten) auf der anderen Seite herzustellen" (BT-Drs. 18/12611).

 

Rz. 4

§ 75 enthält in den Abs. 3, 4 und 4a eine Reihe von Vorgaben und Verpflichtungen, die sich an die Forscher richten. Da es sich hier regelmäßig nicht um Stellen nach § 35 SGB I handelt (Rz. 16), ist mindestens fraglich, ob dies tatsächlich durchsetzbar ist, da für private Personen oder Stellen das SGB nicht einschlägig ist, auch wenn die Übermittlung von Sozialdaten nur für Zwecke der Planung und Forschung innerhalb des Sozialleistungsbereichs von § 75 erfasst ist.

Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich hierzu, dass aufgrund des besonderen Schutzbedürfnisses von Sozialdaten § 75 als bereichsspezifische Regelung für die Übermittlung von Sozialdaten zu Zwecken wissenschaftlicher Forschung besondere Anforderungen vorsieht. "Die für die Datenverarbeitung verantwortlichen Forscher bzw. Forschungseinrichtungen haben daher neben den nach Art. 89 Abs. 1 Satz 1 DSGVO angeordneten Garantien für die Rechte und Freiheiten der betroffenen Personen bei der Verarbeitung von besonderen Kategorien von personenbezogenen Daten – zu denen auch Sozialdaten zählen können – gem. Art. 9 Abs. 2 Buchst. j DSGVO weitere Schutzmaßnahmen zu treffen, die eine Rechtsvorschrift des Mitgliedstaates vorsieht" (BT-Drs. 18/12611).

Weder aus § 75 noch aus der Gesetzesbegründung ergibt sich aus diesen Anforderungen an die Forscher und Forschungseinrichtungen eine entsprechende Verpflichtung für die Stellen nach § 35 SGB I. Die erforderliche Prüfung obliegt allein den nach Abs. 4 Satz 1 zuständigen Genehmigungsbehörden.

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