0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die Vorschrift trat mit dem SGB X v. 18.8.1980 (BGBl. I S. 1469) ab 1981 in Kraft und gilt in der Neufassung des SGB X v. 18.1.2001 (BGBl. I S. 130) mit Wirkung zum 1.1 2001.

1 Allgemeines

 

Rz. 2

§ 10, der inhaltsgleich mit § 11 VwVfG und den Vorschriften des § 61 VwGO bzw. § 70 SGG über die prozessuale Parteifähigkeit im Gerichtsverfahren nachgebildet ist, regelt, unter welchen Voraussetzungen eine außerhalb der Behörde stehende Person oder Stelle am Verwaltungsverfahren beteiligt sein kann, etwa als Antragsteller, Antragsgegner, Betroffener, Begünstigter, Vertragspartner oder Hinzugezogener.

Die Vorschrift gilt für alle Sozialleistungsbereiche, besitzt ausschließlich verfahrensrechtliche Bedeutung und legt lediglich die Bedingungen fest, die für eine Teilnahme als Rechtssubjekt am Verwaltungsverfahren gegeben sein müssen. Mit der Beteiligungsfähigkeit ist noch nicht die Befugnis verbunden, selbständig Verfahrenshandlungen vorzunehmen, was sich nach § 11 beurteilt. Der Kreis der Beteiligten selbst für das Verwaltungsverfahren ist in § 12 festgelegt.

2 Rechtspraxis

2.1 Beteiligungsfähigkeit

 

Rz. 3

Unter Beteiligungsfähigkeit, die stets von Amts wegen zu prüfen ist, versteht das öffentliche Recht die Fähigkeit, Subjekt eines Verwaltungsverfahrens (vgl. § 8), d. h. Initiator, Empfänger oder sonstiger Beteiligter eines solchen Verfahrens zu sein. Dazu gehört insbesondere auch die Fähigkeit, durch einen Antrag ein Verwaltungsverfahren einzuleiten und dadurch ein Verfahrensrechtsverhältnis zu begründen.

Wie im gerichtlichen Verfahren, wo das Fehlen der Beteiligungsfähigkeit als einer Prozessvoraussetzung zur Abweisung einer Klage führt, gilt auch im Verwaltungsverfahren jemand, dem die Beteiligungsfähigkeit fehlt, als rechtlich nicht existent. Wer keine Beteiligungsfähigkeit besitzt, kann weder ein Verwaltungsverfahren einleiten noch von einer Behörde mit einem Verwaltungsverfahren konfrontiert werden. Deshalb sind Verfahrenshandlungen eines Nichtbeteiligungsfähigen unwirksam. Die Behörde kann an ihn einen Verwaltungsakt mit einer sachlich-rechtlichen Entscheidung nicht richten.

 

Rz. 4

Ein Mangel der Beteiligungsfähigkeit ist von Amts wegen in jedem Stadium des Verfahrens zu beachten und ggf. zunächst aufzuklären. Bei fehlender Beteiligungsfähigkeit kann das Verfahren eingestellt oder der Antrag als unzulässig abgelehnt werden. Über das Vorliegen der Beteiligungsfähigkeit kann auch vorab durch feststellenden Verwaltungsakt entschieden werden. Besteht Zweifel über die Beteiligungsfähigkeit einer Person, Vereinigung oder Behörde, so ist das Vorliegen dieser Verfahrensvoraussetzung bis zur Entscheidung der Vorfrage zu unterstellen. Tritt die Beteiligungsfähigkeit erst während des Verwaltungsverfahrens ein, kann der Verfahrensmangel durch Genehmigung des nunmehr Beteiligungsfähigen mit Rückwirkung geheilt werden. Nicht zu den Beteiligten i. S. d. § 10 und der folgenden Vorschriften gehört die handelnde Behörde selbst (vgl. BT-Drs. 8/2034 S. 31).

2.2 Kreis der Verfahrensbeteiligten

 

Rz. 5

Die Fähigkeit, an einem Verwaltungsverfahren beteiligt zu sein, besitzen:

  1. Alle natürlichen Personen (Nr. 1), da sie Vollrechtsfähigkeit haben. Dies gilt für Inländer gleichermaßen wie für Ausländer und Staatenlose. Die Beteiligungsfähigkeit eines Menschen beginnt mit der Vollendung der Geburt (§ 1 BGB) und endet mit dem Tod. Soweit einzelne gesetzliche Bestimmungen der Leibesfrucht eigene Rechte oder Anwartschaften zubilligen, ist auch insoweit Beteiligungsfähigkeit i. S. d. § 10 gegeben. Dies ist beispielsweise nach § 12 SGB VII (Versicherungsfall einer Leibesfrucht) der Fall. Auch ein Betreuter ist als natürliche Person handlungsfähig, denn anders als für die Vornahme von Verfahrenshandlungen ist für die Beteiligungsfähigkeit die Geschäftsfähigkeit nicht Voraussetzung.
  2. Alle juristischen Personen (Nr. 1). Dabei kommt es nicht darauf an, ob es sich um juristische Personen des privaten oder des öffentlichen Rechts handelt. Wesentliches Kriterium für beide Kategorien ist vielmehr auch hier die Vollrechtsfähigkeit.

    Zu den juristischen Personen des Zivilrechts gehören beispielsweise eingetragene Vereine (§ 21 BGB), rechtsfähige Stiftungen (§ 80 BGB), Aktiengesellschaften (§ 1 AktG). Offene Handelsgesellschaften (§§ 105, 124 HGB) und Kommanditgesellschaften (§§ 161, 124 Abs. 2 HGB) sindkeine juristischen Personen des Privatrechts, können aber gleichwohl Träger von Rechten und Pflichten sein und fallen demzufolge unter § 10 Nr. 2 (Mutschler, in: KassKomm. SGB X, § 10 Rz. 6; Vogelsang, in: Hauck/Notz, SGB X, § 10 Rz. 13; a. A. Leopold, in: juris PK-SGB X, § 10 Rz. 27).

    Juristische Personen des öffentlichen Rechts sind die Körperschaften (Gebiets- oder Personalkörperschaften), rechtsfähigen Anstalten und rechtsfähigen Stiftungen des öffentlichen Rechts. Der entsprechende Status der Sozialversicherungsträger ergibt sich aus § 29 Abs. 1 SGB IV. Sie bedürfen zu ihrer Entstehung eines Gesetzes oder sonstigen Staatsaktes.

  3. Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann (Nr. 2). Darunter versteht das Gesetz Personenmehrheiten mit einem org...

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