2.1 Überblick

 

Rz. 3

Abs. 1 Satz 1 ordnet an, dass nur die höchste Rente geleistet wird, wenn für denselben Zeitraum mehrere Ansprüche auf Renten aus eigener Versicherung bestehen; Satz 2 bildet eine Rangordnung der bestehenden Rentenansprüchen für den Fall, dass mehrere gleich hohe Rentenansprüche bestehen. Abs. 2 stellt klar, dass neben einer großen Witwen- oder Witwerrente eine kleine Witwen- oder Witwerrente nicht gezahlt wird. Abs. 3 regelt die Fälle des zeitgleichen Zusammentreffens mehrer Waisenrenten.

2.2 Beschränkung auf die Leistung der höchsten Rente (Abs. 1 Satz 1)

2.2.1 Anspruch auf mehrere Renten

 

Rz. 4

Versicherte können – wie Abs. 1 zu entnehmen ist (vgl. hierzu Rz. 1) – Anspruch auf mehrere Renten aus eigener Versicherung haben. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang der Zahlungsanspruch, nicht das Rentenstammrecht i. S. d. § 40 SGB I, obwohl die Frage, welche Rente zu leisten, d. h. zu zahlen ist, bei zeitgleich bestehenden Ansprüchen auf mehrere der in § 89 Abs. 1 aufgeführten Renten vielmehr gerade durch § 89 geregelt wird. Da § 89 jedoch auf "für denselben Zeitraum" bestehende Rentenansprüche abstellt, ist davon auszugehen, dass hierbei die auf der Grundlage eines Rentenantrags aus dem Rentenstammrecht abgeleiteten, auf einen bestimmten Zeitraum bezogenen (monatlichen) Einzelzahlungsansprüche gemeint sind. Soweit Renten nicht von Amts wegen zu leisten sind, setzt die von § 89 erfasste und geregelte Kollisionslage mithin eine wirksame Rentenantragstellung (§ 115) bezüglich der einzelnen kollidierenden Renten(-ansprüche) voraus, auch wenn die Antragstellung – ungeachtet ihrer materiell-rechtlichen Bedeutung für den Rentenbeginn (vgl. §§ 99, 101) – nicht zu den materiellen Anspruchsvoraussetzungen zählt.

Allerdings ist dabei nicht zu fordern, dass die einzelnen Renten und damit auch und insbesondere die höchste Rente ausdrücklich beantragt wird. Nach § 2 Abs. 2 HS 2 SGB I sind die Rentenversicherungsträger verpflichtet davon auszugehen, dass der Versicherte stets die ihm günstigste Art der Leistungsgewährung in Anspruch nehmen will. Diese Verpflichtung begründet den Auslegungsgrundsatz, dass in einem Antrag auf Gewährung einer bestimmten Rente im Zweifel ein Antrag auf Gewährung der höchsten Rente zu sehen ist und ein einmal gestellter Rentenantrag umfassend, d. h. auf alle nach Lage des Falls in Betracht kommenden Leistungen, insbesondere Rentenansprüche, zu prüfen ist (ständige Rechtsprechung des BSG; vgl. insbesondere zum Fall der Rentenantragstellung BSG, Urteil v. 29.11.2007, B 13 R 44/07 R). Von den einzelnen Versicherten kann nicht verlangt werden, dass sie über alle Rentenarten und deren Anspruchsvoraussetzungen informiert sind; daher kann ohne ausdrücklich erklärte Beschränkung nicht angenommen werden, dass Versicherte bei Rentenantragstellung bestimmte Rentenarten ausschließen wollen. Dies gilt insbesondere bei Rentenantragstellung durch Verwendung von Vordrucken, wobei den Versicherten möglicherweise nicht bewusst ist, dass auch mehrere Rentenarten angekreuzt werden können. Vielmehr hat sich die Auslegung eines Leistungsantrags danach zu richten, was als Leistung möglich ist, wenn jeder verständige Antragsteller mutmaßlich seinen Antrag bei entsprechender Beratung angepasst hätte und keine Gründe für ein anderes Verhalten vorliegen (ebenfalls ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. z. B. BSG, SozR 4 – 2600 § 43 Nr. 5 Rz. 14, und BSGE 96 S. 161). § 89 findet danach auch dann Anwendung, wenn zunächst nur eine oder durchaus auch mehrere Renten beantragt wurden und sich im Nachhinein herausstellt, dass sich der Rentenantrag bei Auslegung nach den vorbeschriebenen Grundsätzen auch auf eine weitere, höhere Rente erstreckt, die dann nach § 89 zu leisten ist. § 89 regelt damit die Anspruchskonkurrenz bei (Zahlungs-)Ansprüchen auf mehrere Renten dahingehend, dass nur die höchste Rente zu zahlen ist und der Anspruch auf die übrigen Renten ruht, solange der Anspruch auf die höhere Rente besteht (vgl. BSG, Urteil v. 31.10.2002, B 4 RA 9/01 R).

2.2.2 Aus eigener Versicherung

 

Rz. 5

Gemeint sind nur Ansprüche auf Renten, die auf einer eigenen Beitragsleistung des Berechtigten beruhen. Das sind die in Abs. 1 Satz 2 enumerativ aufgeführten Renten. Treffen Hinterbliebenenrenten mit Renten aus eigener Versicherung zusammen, ist das Konkurrenzverhältnis nicht nach Maßgabe des § 89, sondern nach den Vorschriften über die Anrechnung der Rente aus eigener Versicherung als Einkommen auf die Hinterbliebenenrente zu lösen (vgl. hierzu § 97 i. V. m. §§ 18a ff. SGB IV und die dortige Komm.).

2.2.3 Für denselben Zeitraum

 

Rz. 6

§ 89 kommt nur dann zur Anwendung, wenn sich die Ansprüche auf die mehreren Renten auf denselben Zeitraum erstrecken; nur dann besteht ein Konkurrenzverhältnis zwischen mehreren Renten.

2.2.4 Leistung der höchsten Rente

 

Rz. 7

Rechtsfolge des Abs. 1 Satz 1 ist, dass von den bestehenden mehreren Rentenansprüchen nur die höchste Rente geleistet wird.

Höchste Rente ist die Rente mit dem höchsten Zahlbetrag, der sich nach Anwendung der Anrechnungsvorschriften der §§ 90 bis 97 ergibt; hierbei ist hinsichtlich der Reihenfolge der Anwendung der Berechnungsvorschriften § 98 zu beachten. Auszugehen ist von dem Re...

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