2.1 Sinn und Zweck der Regelung

 

Rz. 8

Sinn der Regelung ist es, dem Umstand Rechnung zu tragen, dass im Ausland erstmalig geltend gemachte Renten wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 letztlich nicht geprüft werden können, weil eine Verweisbarkeit auf andere berufliche Tätigkeiten nicht geprüft werden kann (zutreffend GRA der DRV zu § 270b SGB VI, Stand: 6.2.2015, Anm. 1; vgl. auch die Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes über die Anpassung der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung im Jahre 1982, BT-Drs. 9/458 S. 10 f, 29 und S. 40 zu Art. 2 Nr. 31 – § 1321 RVO – und S. 41 zu Art. 3 Nr. 8 – §§ 94 bis 102 AVG; vgl. auch BSG, Urteil v. 2.8.1989, 1 RA 101/88, Rz. 17). Gleichzeitig wird dem Rentner, der bereits eine solche Rente im Inland bezieht oder beanspruchen kann damit das Sonderrecht eingeräumt, eine solche Rente zu exportieren. Die Vorschrift begründet daher ein Mitnahmerecht (sog. Rentner-Privileg; vgl. zum Begriff auch BSG, Urteil v. 2.8.1989, 1 RA 101/88). Daher existiert für Renten wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung nach § 43 eine solche Regelung nicht, weil es im Anwendungsbereich des § 43 i. d. R. nicht auf die Verweisbarkeit ankommt. Ein Berufsschutz ist nicht prüfungsrelevant (GRA der DRV zu § 270b SGB VI, Stand: 6.2.2015, Anm. 2). Bei der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 1) kommt es auf die Verweisbarkeit nicht an. Die Rente nach dieser Regelung wird auch gezahlt, wenn der Anspruch erstmals im Ausland entsteht (GRA der DRV zu § 270b SGB VI, Stand: 6.2.2015, Anm. 1). Etwas anderes gilt im Übrigen auch nicht dort, wo die Summierungsrechtsprechung des BSG (vgl. stellvertretend BSG, Urteil v. 11.5.1999, B 13 RJ 71/97 R; BSG, Urteil v. 14.7.1999, B 13 RJ 65/97 R) die DRV zur Benennung einer geeigneten Verweisungstätigkeit zwingt. Der sachliche Anwendungsbereich ist ausdrücklich auf Renten nach § 240 beschränkt.

2.2 Voraussetzungen

 

Rz. 9

Der Mitnahmeanspruch setzt voraus:

  • es muss sich um eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit i. S. d. § 240 handeln (sachlicher Anwendungsbereich),
  • auf diese Rente muss der Versicherte einen Anspruch haben,
  • der Versicherte muss seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland gehabt haben, und zwar
  • zum Zeitpunkt des Eintritts des Leistungsfalls.

2.2.1 Anspruch Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit

 

Rz. 10

Zum Zeitpunkt des Leistungsfalls notwendig aber auch ausreichend ist, dass der Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit i. S. d. § 240 besteht; in § 240 erschöpft sich der sachliche Anwendungsbereich. Aufgrund des klaren Wortlauts der Regelung ist eine analoge Anwendung ausgeschlossen. Die Anwendung von § 270b ist daher auch dort ausgeschlossen, wo die Summierungsrechtsprechung des BSG (vgl. stellvertretend BSG, Urteil v. 11.5.1999, B 13 RJ 71/97 R; BSG, Urteil v. 14.7.1999, B 13 RJ 65/97 R) die DRV im Anwendungsbereich des § 43 zur Benennung einer geeigneten Verweisungstätigkeit zwingt. Der Anspruch muss als Grundanspruch i. S. des Stammrechts entstanden und fällig sein (vgl. allgemein zur Entstehung eines Stammrechts BSG, Urteil v. 23.6.1994, 4 RA 70/93; vgl. auch GRA der DRV zu § 270b SGB VI, Stand: 6.2.2015, Anm. 3). Mit Anspruch kann die zu bewilligende fortlaufende Rente (i. S. eines Grundanspruchs oder Stammrechts), aber auch die Zahlung des fälligen Rentenbetrags (i. S. der konkret zu bewirkenden Einzelleistung) gemeint sein.

 

Rz. 11

Nicht notwendig ist, dass auch bereits Zahlungen aus der Rente erfolgt sind. Die Zahlung erfüllt aber selbstverständlich ebenfalls das Kriterium des entstandenen und fälligen Stammrechts.

 

Rz. 12

Notwendig zur Begründung des Stammrechts im Rentenrecht ist der Antrag. Nach § 100 Abs. 1 Satz 2 AVG (= § 1321 Abs. 1 Satz 2 RVO) kann die Rente wegen Berufsunfähigkeit für Zeiten des gewöhnlichen Auslandsaufenthalts nur verlangt werden, wenn die Rente bereits für Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts noch im Inland bezogen oder beantragt worden ist (BSG, Urteil v. 2.8.1989, 1 RA 101/88; vgl. auch GRA der DRV zu § 270b SGB VI, Stand: 6.2.2015, Anm. 3). Dies gilt erst Recht im Recht des SGB VI weiter; § 99 Abs. 1. § 99 realisiert mit dem Inkrafttreten des § 19 Satz 1 SGB IV und des § 115 Abs. 1 Satz 1 am 1.1.1992 das Antragsprinzip. Danach werden Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung grundsätzlich nur auf Antrag erbracht (Kador, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 3. Aufl., Stand: 19.5.2022, § 99 Rz. 23). Ein Antrag, der unter Außerachtlassung der Regelung des § 99 Abs. 1 – also nicht innerhalb von 3 Monaten nach Eintritt dieses Versicherungsfalles – aus dem Ausland gestellt wird, führt daher dazu, dass der Anspruch erst später fällig würde und das Stammrecht daher nicht bereits bei noch bestehendem Inlandsaufenthalt begründet worden ist. In einem solchen Fall entsteht der Anspruch auf die Rente erst im Antragsmonat und damit erst, wenn bereits der Auslandswohnsitz begründet wurde.

 

Rz. 13

Das Rentnerprivileg greift jedoch auch noch bei Rentenantrag im Monat des Wegzugs (BSG, Urteil v. 2.8.1989, 1 RA 101/...

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