Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Kostenübernahme für eine Maßnahme der Frühförderung als Leistung der Eingliederungshilfe. sozialhilferechtliches Dreiecksverhältnis. Bedarfsdeckungsgrundsatz

 

Orientierungssatz

1. Ein Sozialhilfeempfänger kann nicht die Zahlung einer Maßnahmepauschale gem § 76 Abs 2 SGB 12 aus eigenem Recht, zahlbar an den Träger der Einrichtung, in der er derzeit betreut wird, im Rahmen des von ihm behaupteten Bedarfs an Eingliederungshilfe nach §§ 53ff SGB 12 verlangen.

2. Zum Vorliegen eines sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses zwischen Hilfeempfänger, der Einrichtung bzw dem Einrichtungsträger und dem Sozialhilfeträger, im Rahmen dessen Rahmenvereinbarungen iS von § 93 BSHG bzw §§ 75ff SGB 12 oder auch § 78 SGB 8 eine Rolle spielen können, weil sich ua daraus auch Vergütungsansprüche der Einrichtungsträger in einem bestimmten Umfang ergeben können, die bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen als originärer sozialhilferechtlicher Bedarf vom Hilfeempfänger geltend gemacht werden können.

3. Im Rahmen des Bedarfsdeckungsgrundsatzes kann es in den Fällen, in denen der Sozialhilfeträger sich zur Erfüllung seiner Hilfeverpflichtung Dritter bedient, bzw die Hilfe durch Kostenübernahme leistet, lediglich um die Übernahme solcher Kosten gehen, die dem Hilfebedürftigen infolge der Inanspruchnahme der Dienste eines Dritten tatsächlich entstehen (vgl BVerwG vom 26.10.2004 - 5 B 50/04 und LSG Stuttgart vom 2.9.2005 - L 7 SO 3421/05 ER-B). Wenn einer Einrichtung für eine aus Gründen der Behinderung behauptete erforderliche integrative Betreuung vom Hilfeempfänger kein Entgelt geschuldet wird, die Einrichtung aber gleichwohl die Leistung erbracht hat oder aber erbringt und Anspruch auf die Maßnahmepauschale erhebt, ist es Aufgabe des jeweiligen Einrichtungsträgers die entsprechenden Anträge auf Bewilligung der Maßnahmepauschale zu stellen und gegebenenfalls gegen Ablehnungen vorzugehen.

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gießen vom 16. November 2007 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die 2003 geborene Antragstellerin begehrt von dem Antragsgegner im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung einer Maßnahmepauschale für einen Integrationskindergartenplatz in der integrativen Kindertagesstätte A.F. in A-Stadt in Höhe von derzeit 16.711 € pro Kind und Kindergartenjahr zahlbar an den Träger der Kindertagesstätte, die Kreisvereinigung e.V., Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung.

Der Antragsgegner übernahm in der Vergangenheit für die Antragstellerin im Jahr 2005/2006 die Kosten für eine pädagogische Frühförderung. Träger der Maßnahme war die Lebenshilfe. Bei der Antragstellerin handelt es sich um ein Drillingsfrühgeborenes, die Geschwister verstarben kurz nach der Geburt.

Am 26. September 2006 beantragten die Eltern der Antragstellerin die Gewährung einer Maßnahmepauschale für einen Integrationskindergartenplatz bei Kindern mit Behinderung. Dabei wurde ihnen ein auf dieses Begehren gerichteter Antragsvordruck zur Verfügung gestellt. Beigefügt war eine Stellungnahme der Leiterin der Kindertagesstätte A.F. Im Wesentlichen hieß es, dass die Antragstellerin eine vermehrte Zuwendung in einer kleineren Gruppe benötige, da sie mit Rückzug und Angst sowie mit Verunsicherung und Überforderung auf neue Anforderungen reagiere. Der Antragsgegner holte eine Stellungnahme seines Gesundheitsamtes ein. Im Wesentlichen hieß es in der Stellungnahme vom 10. November 2006, dass die Antragstellerin an einer noch nicht ganz altersgemäß ausgeprägten Handgeschicklichkeit leide und ihre Ausdauer ein wenig reduziert sei, im Übrigen sei die soziale Entwicklung altersgerecht. Trotz der schweren kindlichen Situation beeindrucke sie durch ein gutes sprachliches Auffassungs- und Ausdrucksvermögen. Die Feinmotorik sei nicht altersentsprechend entwickelt, die Ausdauer reduziert, die Gesamtentwicklung positiv und weitgehend altersnormal. Entwicklungsschritte seien schnell aufgeholt worden und eine anhaltende Beeinträchtigung sei nicht zu erwarten. Insgesamt sei die Fähigkeit zur Eingliederung in die Gesellschaft anhaltend nicht beeinträchtigt, ambulante Ergotherapie werde empfohlen. In der Zeit vom 22. September bis 26. Oktober 2007 wurden auch 5 Anträge des Trägers der Kindertagestätte gestellt, zu denen, soweit ersichtlich, zuletzt die Fachberatung für Kindertagesbetreuung, Fachbereich Jugend und Soziales des Antragsgegners am 28. November 2007 eine fachliche Stellungnahme abgab. Der Antragsgegner richtet sich bei Fällen, in denen es um einen Integrationsplatz im Kindergarten geht, nach der zwischen dem Hessischen Städte- und Gemeindebund, dem Hessischen Städtetag, dem Hessischen Landkreistag und dem Landeswohlfahrtsverband Hessen geschlossenen Rahmenvereinbarung Integrationsplatz vom 30. Juni 1999, wobei in der Anlage 3 zur Rahmenvereinbarung das Antrags- und Bewilligungsverfahren dargestellt ist. Danac...

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