Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. Bewegungstherapie. haftungsbegründende Kausalität. Nachweis. 1. Prüfstufe. naturwissenschaftliche Kausalität. aktueller medizinischer Erkenntnisstand. geeigneter Unfallmechanismus. bewusstes Ausweichmanöver. Konkurrenzursache: Anlageleiden oder Vorschaden. Theorie der wesentlichen Bedingung. Achillessehnenruptur. Völkerballspiel

 

Leitsatz (amtlich)

Gewollte motorische Abläufe wie das bewusste Ausweichmanöver beim Völkerballspiel sind generell nicht geeignet, die Zusammenhangstrennung einer gesunden Achillessehne zu bewirken.

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 9. November 2017 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Anerkennung eines Ereignisses vom 25. Juni 2013 als Arbeitsunfall.

Der 1960 geborene Kläger hielt sich vom 29. April 2013 bis zum 25. Juni 2013 zur Entwöhnung bei Alkoholabhängigkeit auf Kosten der Deutschen Rentenversicherung in der Reha-Klinik R... auf. Beim Völkerballspiel während einer Bewegungstherapiestunde erlitt er am 25. Juni 2013 beim Ausweichen vor einem Ball einen Schmerz im rechten Bein. Nach seinen Angaben im Fragebogen der Beklagten vom 12. Juli 2013 sei er schnell seitlich abgesprungen, um dem Ball auszuweichen und ein „Abwerfen seiner Person“ zu verhindern. Dabei sei ihn plötzlich ein stechendheißer Schmerz an der Stelle an seinem rechten Bein durchfahren, an der die Achillessehne in den Wadenmuskel reiche. Er habe sofort angenommen, dass ihn ein Mitpatient an dieser Stelle mit dem Fuß getroffen habe, was aber zum späteren Zeitpunkt nicht mehr festzustellen gewesen sei. Sichtbare Verletzungen habe er nicht erlitten, eine Schwellung sei erst später erfolgt.

Der Durchgangsarzt Dr. E. stellte in seinem Bericht vom Tag des Ereignisses eine deutliche druckschmerzhafte Schwellung im myotendinösen Übergang der Achillessehne rechts fest. Sensomotorik und Durchblutung seien ohne Befund, eine Wunde habe nicht vorgelegen. Nach dem sonographischen Ergebnis bestand keine Kontinuitätsdurchtrennung der Achillessehne. Der Kläger wurde als arbeitsfähig beurteilt. In einem späteren Durchgangsarztbericht von dem Arzt F. vom 9. Juli 2013 wurde ein Muskelfaserriss der rechten Wade diagnostiziert und Arbeitsunfähigkeit vom 26. Juni 2013 bis zum 6. August 2013 festgestellt. Ein am 17. Juli 2013 durchgeführtes MRT des rechten Unterschenkels ergab eine „wahrscheinlich“ komplette Ruptur der Achillessehne im muskulotendinösen Übergang mit weitgehend erhaltenem Faszienschlauch.

Der Kläger wurde am 3. September 2013 in der Eichhof-Klinik operiert (Sehnennaht der Achillessehne rechts). In dem histo-pathologischen Bericht vom 4. September 2013 wird ein Sehnengewebe mit mukoiden Veränderungen und teils ausgedehnten reparativen Arealen passend zu einer zeitlich zurückliegenden Ruptur von der Achillessehne rechts geschildert.

Mit Bescheid vom 5. November 2013 lehnte die Beklagte Entschädigungsleistungen ab. Ein Arbeitsunfall liege nicht vor, da hier das äußere Ereignis den Gesundheitsschaden nicht rechtlich wesentlich verursacht habe. Für die unfallbedingte Zerreißung einer gesunden Achillessehne als der stärksten Sehne des Körpers werde stets ein bestimmter Mechanismus verlangt, ein direktes Trauma auf die gespannte Sehne. Ein solcher Mechanismus habe hier nicht stattgefunden. Laut Befund der feingeweblichen Untersuchung vom 4. September 2013 bestanden an der Achillessehne bereits ausgeprägte verschleißbedingte Veränderungen. Der Körperschaden sei nur gelegentlich der versicherten Tätigkeit eingetreten und wäre in absehbarere Zeit auch bei jeder normalen Verrichtung des täglichen Lebens eingetreten.

Mit seinem dagegen erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, nach seiner Ansicht sei sehr wohl von einem direkten Trauma auszugehen. Zu einer Achillessehnenruptur komme es vielfach bei ungewohnten Bewegungsabläufen mit schnellem Abstoppen oder Lossprinten, wie es vorliegend bei der durchgeführten Bewegungstherapie und dem Unfallereignis der Fall gewesen sei.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 31. März 2014 zurück. Der Kläger habe nach seinem Vortrag bewusst eine seitliche Ausweichbewegung ausgeführt. Es ergebe sich kein Anhalt für eine zusätzliche und unfreiwillig zu dieser Seitbewegung plötzlich hinzugetretene unphysiologische Sehnenbelastung.

Der Kläger hat am 25. April 2014 Klage beim Sozialgericht Fulda (Sozialgericht) erhoben. Das Sozialgericht hat ein Gutachten von Amts wegen von dem Chirurgen und Unfallchirurgen Dr. G. vom 22. Februar 2016 eingeholt. Der Sachverständige hat ausgeführt, auf Grund der hier vorliegenden Befunde könne man nicht davon ausgehen, dass vorliegend äußere Gewalt auf den rechten Unterschenkel des Klägers in der Form eingewirkt habe, mit der sich eine Zusammenhangstrennung der Achillessehne erklären lasse. So fänden sich keine typ...

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