Leitsatz (amtlich)

Zur Frage des Versicherungsschutzes auf einem Wege, den ein Beschäftigter im Anschluß an einen länger dauernden Besuchsaufenthalt bei Angehörigen von dort aus zur Arbeitsstätte angetreten hatte und der zu seinem üblichen Weg nach der Arbeitsstätte in einem angemessenen Verhältnis stand (Fortführung von BSG 1961-04-27 2 RU 192/58 = SozR Nr 32 zu § 543 aF RVO).

 

Normenkette

RVO § 543 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1942-03-09

 

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 13. Juni 1963 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten auch des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Von Rechts wegen.

 

Gründe

I

Der Kläger wurde am 22. August 1956 gegen 21 Uhr in Braunschweig von einem Verkehrsunfall betroffen. Er war mit dem Fahrrad nach dem in der Taubenstraße gelegenen Gaswerk unterwegs, wo er als Ofenarbeiter beschäftigt war. Er hatte Nachtschicht, die um 22 Uhr beginnen sollte. Seine im M.-weg gelegene Wohnung hatte er bereits kurz vor 19 Uhr verlassen und war zu seinem in der Elversberger Straße wohnenden Sohn gefahren, der bettlägerig krank war und an jenem Tage Geburtstag hatte. Gegen 21 Uhr verließ er die Wohnung seines Sohnes wieder und wollte sich von dort aus unmittelbar zur Arbeit begeben. An der Ecke Ottweiler Straße/Saarstraße stieß er mit einem Motorradfahrer zusammen; er erlitt dabei Kopfverletzungen, vor allem eine Gehirnerschütterung.

Zur Elversberger Straße war der Kläger vom M.-weg über Altstadtring bis Rudolf-Platz, weiter Hildesheimer Straße, Saarstraße und Ottweiler Straße gefahren. Den üblichen Weg nach der Arbeitsstätte legte er mit dem Fahrrad vom M.-weg aus über Hohetorwall - Inselwall - Schubertstraße - Wendenstraße - M.-straße - Mittelweg und Taubenstraße zurück. Die beiden Wege sind etwa gleich lang.

Die Beklagte lehnte durch Bescheid vom 19. Februar 1957 den Entschädigungsanspruch des Klägers mit folgender Begründung ab: Der Weg, auf dem sich der Unfall ereignet habe, sei der Rückweg von dem privaten Besuch des Klägers bei seinem Sohn gewesen. Im Zeitpunkt des Unfalles habe der Kläger seinen üblichen Weg zur Arbeitsstätte noch nicht erreicht gehabt.

Im Verfahren über die Klage hiergegen hat das Sozialgericht (SG) Braunschweig die Betriebskrankenkasse der Stadtverwaltung Braunschweig (BKK), die ihren Ersatzanspruch nach § 1509 der Reichsversicherungsordnung (RVO) bei der Beklagten geltend gemacht hatte, beigeladen.

Durch Urteil vom 16. Januar 1961 hat das SG die Klage mit der Begründung abgewiesen, daß der zum Unfall führende Weg des Klägers nicht in einem rechtlich wesentlichen ursächlichen Zusammenhang mit dem Unternehmen gestanden habe. Dazu ist ausgeführt, daß der Kläger auf einem Weg verunglückt sei, den er nicht von seiner eigenen Wohnung, sondern der Wohnung seines Sohnes aus, bei dem er aus privaten Gründen zu Besuch gewesen sei, zurückgelegt habe; ein solcher Weg sei nicht nach § 543 Abs. 1 Satz 1 RVO geschützt.

Berufung hiergegen hat nur der Kläger eingelegt. Das Landessozialgericht (LSG) hat durch Urteil vom 13. Juni 1963 das erstinstanzliche Urteil vom 16. Januar 1961 und den Bescheid der Beklagten vom 19. Februar 1957 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, den Kläger wegen der Folgen des Arbeitsunfalles vom 22. August 1956 zu entschädigen. Zur Begründung ist im wesentlichen ausgeführt: Im Zeitpunkt des Unfalls habe sich der Kläger auf einem Weg befunden, der ihn unmittelbar zur Arbeitsstelle habe führen sollen. Der Umstand, daß er diesen Weg nicht von seiner Wohnung, sondern von der Wohnung seines Sohnes aus angetreten habe, stehe der Annahme des Versicherungsschutzes nicht entgegen. Wenn die Arbeit erst in den Abendstunden aufgenommen werde, geschehe es oft, daß sich Berufstätige von privaten Betätigungen aus direkt zur Arbeit begeben. Es wäre lebensfremd zu erwarten, daß sie im Interesse ihres Versicherungsschutzes erst ihre Wohnung aufsuchen und von dort den Weg zur Arbeitsstätte antreten. Der Versicherungsschutz nach § 543 Abs. 1 Satz 1 RVO sei nicht auf Wege zwischen der Wohnung des Versicherten und der Arbeitsstätte beschränkt. Es müsse nur ein rechtlich wesentlicher ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Weg und der versicherten Tätigkeit bestehen. Dieser Zusammenhang sei hier gegeben. Soweit der Unfallweg, der unmittelbar zur Arbeitsstätte hätte führen sollen, auch mit dem vorangegangenen privaten Aufenthalt des Klägers bei seinem Sohn ursächlich verknüpft gewesen sei, trete diese Ursache gegenüber der betriebsbedingten Notwendigkeit in den Hintergrund und müsse als rechtlich unerheblich unberücksichtigt bleiben. Um einen nicht versicherten Rückweg von einer privaten Verrichtung handele es sich hier nicht, da der Kläger von der Wohnung seines Sohnes aus nicht zu seiner eigenen Häuslichkeit habe zurückkehren wollen. Der Unfallweg sei auch nicht als Umweg oder unter dem Gesichtspunkt der Unterbrechung des Weges zur Arbeitsstätte zu betrachten. Mit dem Verlassen der Wohnung des Sohnes sei eine deutliche Trennung zwischen der bis dahin verfolgten eigenwirtschaftlichen Betätigung und dem beabsichtigten Weg zur Arbeitsstätte eingetreten. Der ganze Weg von der Wohnung des Sohnes bis zum Gaswerk habe daher unter Versicherungsschutz gestanden. Diese Auffassung stehe mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) im Einklang (BSG 8, 56; SozR Nr. 32 und Nr. 34 zu RVO § 543 aF).

Das LSG hat die Revision zugelassen.

Das Urteil ist der Beklagten am 15. Juli 1963 zugestellt worden. Sie hat hiergegen am 26. Juli 1963 Revision eingelegt und sie gleichzeitig wie folgt begründet: Für die Beurteilung des Versicherungsschutzes sei wesentlich, daß der Kläger auf dem Wege von der Wohnung seines Sohnes zur Arbeitsstätte an keiner Stelle den üblichen Weg von seiner Wohnung zum Gaswerk berührt hätte. Ein solcher Weg, der im Anschluß an eine unversicherte Betätigung angetreten worden sei, könne nach der Rechtsprechung des BSG grundsätzlich nicht unter Versicherungsschutz stehen (BSG 1, 171). Daran ändere entgegen der Auffassung des LSG auch der Umstand nichts, daß vor Beginn der Nachtschicht Berufstätige sich von einer der Freizeitgestaltung dienenden Betätigung (Kinobesuch usw) aus zur Arbeit begeben. Eine solche Bestätigung - es sei hierbei auch an Autofahrten über das Wochenende z. B. nach Holland oder in die Schweiz zu denken - liege im allgemeinen nicht im betrieblichen Interesse, und die Fahrt vom Ort einer derartigen Betätigung aus könne daher nicht im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehen.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das erstinstanzliche Urteil zurückzuweisen,

hilfsweise,

die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuverweisen.

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er bringt vor, das LSG habe zutreffend angenommen, daß er nicht auf einem Umweg, sondern dem direkten Weg zur Arbeitsstätte verunglückt sei, den er von einem anderen Grenzpunkt als seiner Wohnung aus angetreten habe. Der vorliegende Fall sei mit Recht vom LSG unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG entschieden worden.

Die beigeladene BKK beantragt,

die Beklagte zur Anerkennung des Arbeitsunfalles und zum Ersatz der entstandenen Aufwendungen für Krankenbehandlung zu verurteilen.

Die Beigeladene nimmt Bezug auf die nicht veröffentlichten Entscheidungen des BSG vom 30. Januar 1963 - 2 RU 197/61 - und vom 28. Juni 1963 - 2 RU 63/60 -.

II

Die Revision ist zulässig; sie hatte jedoch keinen Erfolg.

Die Auffassung des LSG, der Kläger habe auf dem zum Unfall führenden Weg nach § 543 Abs. 1 Satz 1 RVO aF unter Versicherungsschutz gestanden, trifft zu. Ohne Rechtsirrtum ist das angefochtene Urteil zu dem Ergebnis gelangt, daß dieser Weg, auf dem der Kläger von der Wohnung seines Sohnes aus zur Arbeitsstätte gelangen wollte, mit seiner versicherten Tätigkeit in einem rechtlich wesentlichen ursächlichen Zusammenhang stand. Nach den das Revisionsgericht bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) war der Kläger im Zeitpunkt des Unfalls mit dem Fahrrad zu seiner um 22 Uhr beginnenden Nachtschicht unterwegs; er hatte diese Fahrt nach einem etwa zweistündigen Besuchsaufenthalt in der Wohnung seines Sohnes, zu dem er von seiner eigenen Häuslichkeit aus gegen 19 Uhr gefahren war, angetreten. Die Dauer dieses rein privaten Zwecken dienenden Aufenthalts in der Wohnung des Sohnes war so erheblich, daß der vorangegangene Weg eine selbständige Bedeutung erlangte und schon deshalb nicht in eine rechtlich erheblichen ursächlichen Zusammenhang mit der bevorstehenden Arbeitsschicht stand. Hierfür spricht auch, daß dieser Weg nach seiner Zielrichtung und Zweckbestimmung in der Wohnung des Sohnes, der bettlägerig krank war und Geburtstag hatte, naturgemäß beendet sein sollte. Der Umstand, daß sich an den Besuchsaufenthalt die Fahrt des Klägers zur Nachtschicht anschloß, bestimmt die rechtliche Bedeutung des ersten Wegteiles nicht. Die beiden durch das Verweilen des Klägers in der Wohnung seines Sohnes getrennten Wegstrecken stellten keinen rechtlich einheitlichen Gesamtweg dar. Ob der ursächliche Zusammenhang zwischen dem unfallbringenden Weg und der versicherten Tätigkeit des Klägers in Frage gestellt wäre, wenn die private Besorgung in der Wohnung des Sohnes nur eine kurze Zeit gedauert hätte, brauchte aus Anlaß des vorliegenden Streitfalles nicht geprüft zu werden. Bei dem etwa zweistündigen Besuchsaufenthalt des Klägers war der Weg jedenfalls nicht unter dem Gesichtspunkt des Umweges oder der Unterbrechung des Weges zur Arbeitsstätte zu betrachten. Das LSG ist bei seiner Entscheidung mit Recht von dem Grundgedanken ausgegangen, der für das Urteil des erkennenden Senats vom 27. April 1961 - SozR Nr. 32 zu RVO § 543 aF - in einem ähnlich liegenden Streitfall bestimmend war. Danach ist der ursächliche Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit für einen von der eigenen Häuslichkeit aus zurückgelegten Weg nicht gegeben, wenn dieser zu einem länger - dort etwa eine Stunde - dauernden privaten Zwecken dienenden Zwischenaufenthalt geführt hatte. Das LSG hat daher mit Recht angenommen, daß der Weg, den der Kläger zur Aufnahme seiner Betriebsarbeit am Unfallabend zurücklegte, erst nach Beendigung seines Aufenthalts in der Wohnung des Sohnes begann.

Obwohl der Kläger also diesen Weg von einer anderen Stelle als seiner eigenen Wohnung aus angetreten hat, entfällt der Versicherungsschutz nach § 543 Abs. 1 Satz 1 RVO aF nicht. Die Revision meint zu Unrecht, diese Vorschrift schütze nur die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Schon das Reichsversicherungsamt (RVA) hat in ständiger Rechtsprechung (vgl. EuM 21, 2, 281; 33, 13; 47, 415) zum Ausdruck gebracht, daß allein die Arbeitsstätte als Ende des Hinweges und als Ausgangspunkt des Rückweges im Gesetz festgelegt ist, so daß weder der Hinweg von der Wohnung aus angetreten werden noch der Rückweg in der Wohnung enden muß. Dieser Auffassung ist der erkennende Senat in mehreren Entscheidungen gefolgt (BSG 1, 171; 8, 53; SozR aaO). Allerdings ist in dieser Rechtsprechung ebenso eindeutig zum Ausdruck gekommen, daß der Weg, der von einer anderen Stelle als der eigenen Wohnung des Beschäftigten aus begonnen oder beendet wird, nicht schon deshalb geschützt ist, weil er zur Arbeitsstätte hinführt oder von ihr aus begonnen wird. Der Weg muß vielmehr mit der Arbeit in dem Unternehmen zusammenhängen, d. h. mit ihr in einem rechtlich wesentlichen inneren Zusammenhang stehen, und er darf andererseits nicht wesentlich privaten Zwecken des Versicherten dienen. Unter welchen Voraussetzungen dies anzunehmen ist, hängt weitgehend von den Umständen des einzelnen Falles ab. Wie in der oben angeführten Entscheidung des erkennenden Senats in BSG 8, 53, 56 dargelegt ist, hat das RVA bei der Prüfung des Versicherungsschutzes auf Wegen, die vor Arbeitsbeginn und nach Arbeitsschluß zurückgelegt werden und aus besonderen Gründen im Gegensatz zum Regelfall nicht die Wohnung als den anderen Endpunkt haben, vornehmlich berücksichtigt, daß der Versicherte entweder während einer Arbeitspause oder nach Arbeitsschluß genötigt war, sich außerhalb des Betriebes für die Weiterarbeit an einem anderen Ort als in der eigenen Wohnung zu erholen und zu ernähren. Diese Auffassung, die darauf hinausläuft, daß der Versicherungsschutz in Fällen der vorliegenden Art nur begründet sei, wenn der Versicherte das für seine Erholung und Ernährung Wesentliche wie in der eigenen Häuslichkeit auch an der anderen Stätte findet, diese in gewissem Sinne also eine Ersatzfunktion für die eigene Wohnung auszuüben vermag, hält der erkennende Senat für zu eng. Sie wird den Erfordernissen des heutigen Arbeitslebens, das vor allem durch den Mehrschichtenbetrieb gekennzeichnet ist, nicht gerecht. Das LSG hat daher nach Auffassung des erkennenden Senats zu Recht darauf hingewiesen, daß Berufstätige, die sich vor Schichtbeginn außerhalb ihrer Wohnung zur Freizeitgestaltung - gleich welcher Art - aufhalten und sich von diesem jeweiligen Ort aus zur Arbeitsstätte begeben, auf diesen Wegen im allgemeinen in gleichem Maße schutzbedürftig sind wie auf dem Wege, den sie von ihrer Wohnung zur Arbeit aus zurücklegen. Der Umstand, daß der Versicherte für seinen Weg nach und von der Arbeitsstätte einen Ausgangs- oder Endpunkt wählt, der sich nicht mit seinem Wohnbereich deckt, schließt grundsätzlich nicht ohne weiteres den ursächlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit aus. Ein solcher Weg wäre seiner betriebsbedingten Notwendigkeit allerdings entkleidet, wenn er nach der Verkehrsanschauung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu dem üblichen Weg des Versicherten nach und von der Arbeitsstätte stünde. Daß dies vorbehaltlich der Lage des Einzelfalles vor allem für Wege mit ungewöhnlichen Entfernungen, insbesondere regelmäßig bei Erholungsfahrten in eine andere Ortschaft und von dort unmittelbar zur Arbeitsstätte zurück, zuträfe, daß solche Wege also nicht den unter normalen Verhältnissen zurückgelegten Wegen im Sinne des § 543 Abs. 1 Satz 1 RVO aF gleichwertig wären, will schließlich auch die Revision nicht in Zweifel ziehen. Ein Weg, der nicht zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zurückgelegt wird, steht jedenfalls nicht unter Versicherungsschutz, wenn er sich wegen seiner Länge und Dauer von dem üblichen Weg nach der Arbeitsstätte so erheblich unterscheidet, daß er nicht von dem Vorhaben des Beschäftigten, sich zur Arbeit zu begeben, geprägt ist.

Unter Anwendung der vorstehend dargelegten rechtlichen Gesichtspunkte auf den vorliegenden Streitfall hindert der besuchsweise Aufenthalt des Klägers in der Wohnung seines Sohnes nicht die Schlußfolgerung, daß der unfallbringende Weg, den der Kläger nach diesem Aufenthalt zu seinem Arbeitsort, dem Gaswerk in Braunschweig, angetreten hat, mit seiner versicherten Tätigkeit in einem rechtlich erheblichen inneren Zusammenhang steht. Dieser Weg war nach der Feststellung des LSG etwa ebenso weit wie der übliche Weg des Klägers von seiner Wohnung zur Arbeitsstätte. Er war nicht nur durch den vorangegangenen privaten Aufenthalt des Klägers in der Wohnung seines Sohnes, sondern wesentlich auch durch die Notwendigkeit bestimmt, zur Arbeitsstätte zu gelangen. Das Vorhaben des Klägers bei der Zurücklegung des Weges und dessen Zielrichtung waren daher geeignet, den für die Begründung der Entschädigungspflicht der Beklagten erforderlichen ursächlichen Zusammenhang mit der beabsichtigten Aufnahme der versicherten Tätigkeit herzustellen (vgl. BSG SozR Nr. 46 zu RVO § 543 aF und Urteil des BSG vom 30. August 1963 - 2 RU 243/61 -). Da der Kläger den zur Wohnung seines Sohnes zurückgelegten Weg nicht in umgekehrter Richtung nach Hause wiederholen wollte, handelte es sich auch nicht um einen bloßen, nicht versicherten Rückweg von dem privaten Besuchsaufenthalt (vgl. SozR aaO Nr. 32).

Hiernach hat das LSG die Beklagte zu Recht zur Entschädigungsleistung verurteilt. Vor allem ist die Ansicht der Revision nicht stichhaltig, daß die Anwendbarkeit des § 543 Abs. 1 Satz 1 RVO aF auf Wege vor Arbeitsbeginn, die nicht vom häuslichen Bereich des Versicherten aus angetreten werden, deshalb entfalle, weil für Fälle dieser Art im Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz keine gesonderte Regelung vorgesehen sei.

Das LSG hat erkennbar ein Grundurteil im Sinne des § 130 SGG erlassen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind gegeben. Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils ist es wahrscheinlich, daß der geltend gemachte Leistungsanspruch in einer Mindesthöhe besteht (vgl. BSG Nr. 3 und Nr. 4 zu SGG § 130).

Über den Antrag der beigeladenen BKK auf Verurteilung der Beklagten zur Ersatzleistung für die Aufwendungen an Krankenkosten aus Anlaß des Unfalls des Klägers vom 22. August 1956 kann im Revisionsverfahren schon deshalb nicht entschieden werden, weil der aus §§ 1504 ff RVO hergeleitete Ersatzanspruch nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden war.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

BSGE, 60

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