Entscheidungsstichwort (Thema)

Unfallversicherungsschutz auf dem Weg zur Arbeitsstätte

 

Leitsatz (redaktionell)

Für den nicht von der Wohnung angetretenen Weg besteht Unfallversicherungsschutz, wenn er zu dem üblicherweise zur Arbeitsstätte zurückgelegten Weg in einem angemessenen Verhältnis steht - er sich also nach seiner Länge und Dauer von dem üblichen Weg nicht erheblich unterscheidet - und sachgerechte, mit der versicherten Tätigkeit vereinbare Gründe vorliegen, den Weg zur Arbeitsstätte nicht von der Wohnung, sondern von anderer Stelle aus anzutreten.

 

Orientierungssatz

Zur Frage des Versicherungsschutzes auf einem Weg, der nach einem Wochenendbesuch bei Bekannten von deren Wohnung aus zur Arbeitsstätte führen sollte.

 

Normenkette

RVO § 550 S. 1 Fassung: 1963-04-30

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 17. Januar 1974 aufgehoben. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 16. August 1973 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger auch die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens zu erstatten.

 

Gründe

I

Der 1953 geborene Kläger war bei der Firma D in H, W Chaussee, als Verkäufer beschäftigt. Er war noch ledig und wohnte bei seinen Eltern in Q. Am Montag, dem 18. September 1972, kam er gegen 8.00 Uhr auf der Fahrt von H zu seiner Arbeitsstätte mit dem Motorrad von der Straße ab und prallte gegen einen Lichtmast. Dabei zog er sich schwere Verletzungen zu, u.a. eine Erblindung auf dem rechten Auge. Das Wochenende hatte der Kläger bei dem mit ihm befreundeten Ehepaar K in H verbracht. Von dort aus mußte der Kläger eine ganz andere Wegstrecke zur Arbeitsstätte zurücklegen als von Q aus. Die Entfernung beträgt auf beiden Wegen etwa 36 km.

Die Beklagte lehnte durch Bescheid vom 25. Januar 1973 eine Entschädigung ab, da der Kläger auf dem Rückweg von einer eigenwirtschaftlichen Tätigkeit verunglückt sei.

Das Sozialgericht (SG) hat - nach Vernehmung des kaufmännischen Angestellten Matthias K - durch Urteil vom 16. August 1973 die Beklagte dem Antrag des Klägers entsprechend zur Entschädigungsleistung verurteilt. Es hat zur Begründung ausgeführt: Auf einem nicht von der eigenen Wohnung aus angetretenen Weg zur Arbeitsstätte, der nicht länger sei als der übliche Weg, bestehe nur dann kein Versicherungsschutz, wenn der Weg nach der Verkehrsanschauung durch private Umstände derart geprägt sei, daß die ursächliche Verknüpfung mit der betrieblichen Tätigkeit - die Absicht, zur Arbeitsstätte zu gelangen, - demgegenüber in den Hintergrund trete. Die Wohnung des Ehepaares K habe für den Kläger eine Wohnungsersatzfunktion besessen, was für den Versicherungsschutz nach § 550 der Reichsversicherungsordnung (RVO) nicht einmal erforderlich sei. Der Kläger habe dort das für seine Erholung und Ernährung Wesentliche ebenso wie in der Wohnung seiner Eltern gefunden. Auch am Samstag, dem 16. September 1972, sei der Kläger von H aus direkt zur Arbeitsstätte und anschließend wieder, ohne seine eigene Wohnung aufzusuchen, nach H zurückgefahren. Deshalb könne die unfallbringende Fahrt am Montag nicht als Rückfahrt von einem privaten Besuch gewertet werden, der Weg sei vielmehr wesentlich durch das Vorhaben und die Notwendigkeit geprägt gewesen, zur Arbeitsstätte zu gelangen.

Das Landessozialgericht (LSG) hat auf die Berufung der Beklagten durch Urteil vom 17. Januar 1974 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:

§ 550 RVO sei eng und im Zusammenhang mit dem Begriff des Arbeitsunfalls (§ 548 RVO) auszulegen. Das Gesetz fordere zwar nur, daß die Arbeitsstätte Ziel oder Ausgangspunkt des Weges sei. Auch auf einem Weg, dessen Ziel die Arbeitsstätte sei, bestehe jedoch kein Versicherungsschutz, wenn es sich um den Rückweg von einer Verrichtung handele, die mit der versicherten Tätigkeit nicht in rechtlich wesentlichem Zusammenhang stehe, z.B., wenn der Weg zur Arbeitsstätte aus rein persönlichen Gründen nicht vom häuslichen Bereich aus angetreten werde. Der Kläger habe das Ehepaar K aufgesucht, um sich während des Wochenendes zu erholen und eine seit langem bestehende Freundschaft zu pflegen. Dies seien rein private Gründe. Zu Unrecht gehe das SG davon aus, die Wohnung K habe für den Kläger die Bedeutung einer Ersatzfunktion für seine Familienwohnung gehabt, weil er öfters über ein Wochenende dort verpflegt worden sei und übernachtet habe. Die Einschränkung des Versicherungsschutzes in § 550 RVO rechtfertige sich daraus, daß der Versicherte sich durch eigenwirtschaftliche Wege Gefahren aussetze, die mit den regelmäßigen Wegen von und zur Arbeitsstätte nichts zu tun hätten. Die Wohnung K sei für den Kläger durch mehrere Wochenendbesuche nicht zum Mittelpunkt seiner Lebensweise geworden. Das Leben des Klägers habe sich auch nicht in zwei häuslichen Bereichen vollzogen. Der Kläger habe Besuchsfahrten unternommen, wie sie für Verwandte und Bekannte typisch seien. Die Hin- und Rückfahrten ständen ebensowenig unter Versicherungsschutz wie die Fahrten zu Wochenendaufenthalten in Hotels oder Wochenendhäusern, um während der Freizeit sich besser als in der Familienwohnung zu erholen, Sport oder sonstige Liebhabereien zu betreiben. Solche Fahrten seien nicht wesentlich aus betrieblichen Gründen erforderlich. Die Versicherten müßten denselben Rückweg auch antreten, wenn sie in Urlaub oder beschäftigungslos wären. Maßgeblich für die Zurücklegung der Wege seien nicht betriebliche Belange, sondern der private Ausflug, der zwangsläufig an den Wohnsitz zurückführen müsse. Es sei auch rechtlich unerheblich, daß die Eltern des Klägers, wie dieser im Berufungsverfahren vorgetragen habe, das Wochenende ebenfalls nicht in der Familienwohnung verbracht hätten. Diese kurze Abwesenheit der Eltern ändere nichts an dem Charakter der Besuchsfahrt des Klägers. Dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 30. Oktober 1964 - 2 RU 157/63 - (BSG 22, 60) liege ein anderer Sachverhalt zugrunde. Zwar habe das BSG (aaO) u.a. ausgeführt, Berufstätige, die sich vor Schichtbeginn außerhalb ihrer Wohnung zur Freizeitgestaltung aufhielten und sich von dem jeweiligen Ort aus zur Arbeitsstätte begäben, seien auf diesen Wegen im allgemeinen in gleichem Maße schutzbedürftig wie auf dem Weg, den sie von der Wohnung aus zur Arbeitsstätte zurücklegten. Es dürfe sich aber nicht um einen unversicherten Rückweg von einer eigenwirtschaftlichen Tätigkeit handeln (BSG in BG 1967, 115, BG 1969, 195).

Das LSG hat die Revision zugelassen.

Der Kläger hat dieses Rechtsmittel eingelegt und wie folgt begründet:

Das LSG gehe zu Unrecht davon aus, daß § 550 RVO eng auszulegen sei. Da das Gesetz nur fordere, daß die Arbeitsstätte Ziel oder Ausgangspunkt des Weges sei, stelle bereits die Rechtsprechung des BSG, die einen rechtlich wesentlichen Zusammenhang des Weges mit der Arbeit verlange, eine Einengung des Gesetzeswortlauts dar. Deshalb sei bei der Auslegung die Zurückhaltung geboten, die das BSG beobachtet habe. Das BSG mache keinen Unterschied zwischen Hin- und Rückweg. Habe ein Endpunkt Ersatzfunktion für die Familienwohnung, bestehe auf dem Weg Versicherungsschutz. Den Gesichtspunkt der Gefahrenerhöhung habe das BSG in seiner Rechtsprechung bereits berücksichtigt. Es sei nicht erforderlich, daß sich das Leben des Versicherten in zwei häuslichen Bereichen vollzogen habe. Eine Gleichstellung der Fahrten des Klägers mit Verwandten- und Bekanntenbesuchen sei nicht gerechtfertigt, weil der Kläger auch am Samstag von der Wohnung seiner Freunde aus zur Arbeitsstätte gefahren sei. Das LSG habe nicht berücksichtigt, daß der Kläger bei den Eheleuten Klingler ein eigenes Schrankfach mit persönlichen Sachen (Wäsche) besessen habe. Es sei unerheblich, daß der Kläger von eigenwirtschaftlicher Betätigung zurückgekehrt sei; denn auch in der eigenen Wohnung betätige sich der Versicherte eigenwirtschaftlich. Nach der Rechtsprechung des BSG sei unter Berücksichtigung aller Einzelumstände zu prüfen, ob der von einer anderen Stelle als der Wohnung aus begonnene Weg zur Arbeit im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehe oder wesentlich privaten Zwecken des Versicherten diene.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des LSG aufzuheben und der Klage stattzugeben.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

II

Der Senat hat mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).

Die Revision ist begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Entschädigung wegen der Folgen des Unfalls, von dem er am 18. September 1972 betroffen wurde, da er auf einem mit seinem Beschäftigungsverhältnis (§ 539 Abs. 1 Nr. 1 der Reichsversicherungsordnung - RVO -) zusammenhängenden Weg nach dem Ort der Tätigkeit verunglückt ist (§ 550 Satz 1 RVO idF des Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetzes vom 30. April 1963 - BGBl I 241 -).

Zur Unfallzeit befand sich der Kläger mit seinem Motorrad auf dem Weg zur Aufnahme seiner Tätigkeit bei der Firma D. in H, W Chaussee, wo er als Verkäufer beschäftigt war. Er trat den Weg nicht von der Wohnung seiner Eltern in Q aus, sondern von H aus an. Dort hatte er sich während des voraufgegangenen Wochenendes in der Wohnung des mit ihm befreundeten Ehepaares K (K.) aufgehalten. Das LSG hat aufgrund der von ihm getroffenen, insoweit nicht angegriffenen und deshalb für das Revisionsgericht bindenden tatsächlichen Feststellungen (§ 163 SGG) zutreffend angenommen, daß für den Kläger trotz mehrerer voraufgegangener Wochenendaufenthalte bei dem Ehepaar K. in H deren Wohnung nicht der Mittelpunkt seiner Lebensverhältnisse geworden war. Der häusliche Bereich des Klägers befand sich vielmehr nach wie vor in der Wohnung seiner Eltern. Die Verhältnisse waren auch nicht derart gestaltet, daß zwei Bereiche des häuslichen Wirkungskreises - hier: die Wohnung des Ehepaares K. und diejenige der Eltern - nur zusammengenommen als die Wohnung des Klägers anzusehen waren, und zwar in der Weise, daß das zum Wohnen bzw. Schlafen Wesentliche dem einen Teilbereich fehlte, dem anderen aber eigen war (vgl. BSG 19, 257 = SozR Nr. 44 zu § 543 RVO aF = Breithaupt 1964, 114). Zu Recht ist somit das LSG davon ausgegangen, daß die Frage, ob der Kläger zur Unfallzeit nach § 550 Satz 1 RVO unter Versicherungsschutz stand, danach zu beurteilen ist, unter welchen Voraussetzungen ein nicht vom häuslichen Bereich aus begonnener Weg zum Ort der Tätigkeit in einem ursächlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit des Beschäftigten steht. Die Auffassung des LSG, es bestehe kein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem unfallbringenden Weg und der versicherten Tätigkeit des Klägers, weil es sich um den Rückweg von einem dem privaten Lebensbereich zuzurechnenden Bekanntenbesuch gehandelt habe, ist jedoch aufgrund der besonderen Gegebenheiten des Falles nicht gerechtfertigt.

Nach § 550 Satz 1 RVO gilt als Arbeitsunfall auch ein Unfall auf einem mit einer der in §§ 539, 540 und 543 bis 545 genannten Tätigkeiten zusammenhängenden Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit. Da in dieser Vorschrift allein der Ort der Tätigkeit als Ende des Hinweges und als Ausgangspunkt des Rückweges festgelegt ist, hängt der Versicherungsschutz nicht davon ab, daß der Weg zur Arbeitsstätte von der Wohnung des Beschäftigten angetreten wird und der Rückweg diese als Ziel hat (vgl. BSG 1, 171; 8, 53; 22, 60; SozR Nr. 56 zu § 543 RVO aF; vgl. auch Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 1. - 8. Aufl. S. 486 f mit weiteren Nachweisen). Auf einem Weg besteht allerdings nach § 550 Satz 1 RVO nicht schon deshalb Versicherungsschutz, weil er zur Arbeitsstätte hinführt oder von dort aus begonnen wird, es muß vielmehr auch ein innerer - ursächlicher - Zusammenhang zwischen dem Zurücklegen des Weges und der versicherten Tätigkeit bestehen. Wählt der Versicherte - abweichend vom Regelfall - für seinen Weg von und nach der Arbeitsstätte einen Ausgangs- oder Endpunkt, der sich nicht mit seinem Wohnbereich deckt, so schließt dies grundsätzlich nicht ohne weiteres den ursächlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit aus. Einem solchen Weg würde es allerdings an der betriebsbedingten Notwendigkeit fehlen, wenn er nach der Verkehrsanschauung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu dem üblichen Weg des Versicherten nach und von dem Ort der Tätigkeit stünde (BSG 22, 60, 62). Dies träfe jedenfalls dann zu, wenn der Weg sich wegen seiner Länge und Dauer von dem üblichen Weg nach der Arbeitsstätte so erheblich unterscheidet, daß er nicht von dem Vorhaben des Beschäftigten, sich zur Arbeit zu begeben, geprägt ist (BSG aaO). Hieran scheitert der Versicherungsschutz im vorliegenden Fall jedoch nicht, weil der nicht vom häuslichen Bereich aus angetretene Weg etwa genau so lang war wie der hiervon verschiedene, ganz andere Weg von der Wohnung der Eltern des Klägers. Steht aber - wie hier - der von einem anderen Ort als der eigenen Häuslichkeit aus begonnene Weg zur Arbeitsstätte in einem angemessenen Verhältnis zum üblichen Weg des Versicherten, so ist es für die Begründung des Versicherungsschutzes nach § 550 Satz 1 RVO nicht entscheidend, ob der Aufenthalt an dem Ort, von dem aus der Weg angetreten wird, der Erledigung betrieblicher Verrichtungen oder anderen betrieblichen Belangen gedient hat (vgl. Brackmann aaO S. 486 g). Denn auch im Regelfall, in dem der Weg zur Arbeitsstätte von der eigenen Wohnung aus begonnen wird, schließt sich der Weg grundsätzlich an einen Aufenthalt an, der durch die privaten, unversicherten Belange des Beschäftigten bestimmt wird. Es kommt vielmehr darauf an, ob der Weg - d.h. die Zurücklegung des Weges - zur Arbeitsstätte mit der versicherten Tätigkeit in einem ursächlichen Zusammenhang steht. Der Versicherungsschutz auf dem zur Unfallzeit zurückgelegten Weg ist somit nicht schon deshalb zu verneinen, weil der Kläger sich am Ausgangspunkt seiner Fahrt aus Gründen aufgehalten hat, die seinem privaten Bereich zuzuordnen sind.

Die Prüfung der Frage, ob es sich bei dem unfallbringenden Weg um einen unter dem Gesichtspunkt des Umweges oder der Unterbrechung zu beurteilenden Teil eines rechtlich einheitlichen Gesamtweges gehandelt hat, der von der eigenen Häuslichkeit aus zunächst zu einem Aufenthalt an einem anderen Ort geführt hat und von dort aus zur Arbeitsstätte fortgesetzt worden ist (vgl. BSG SozR Nr. 32, 34, 56 zu § 543 RVO aF; BSG 22, 60), scheidet nach der Lage des Falles aus. Der Kläger war vielmehr schon am Freitag vor dem Unfalltag von seiner Arbeitsstätte aus zu den Eheleuten K. nach H gefahren, hatte nach Übernachtung von dort aus am Samstag seine Arbeitsstätte aufgesucht und war anschließend nach H zurückgekehrt, ohne zwischendurch die in anderer Richtung gelegene Wohnung seiner Eltern aufzusuchen. Die Unfallfahrt am Montag ist somit nicht einem Weg gleichzusetzen, der von der Wohnung aus zum Besuch an einem anderen Ort angetreten und mit dem Weg zur Arbeitsstätte lediglich fortgesetzt worden ist. Es bedarf deshalb keiner Entscheidung, ob der Kläger unter Versicherungsschutz auch dann gestanden hätte, wenn er von der Wohnung seiner Eltern aus nach H und von dort nach dem Wochenendaufenthalt bei dem Ehepaar K. auf dem direkten Weg zur Arbeitsstätte gefahren wäre.

Zutreffend geht das LSG davon aus, daß auch ein Weg, der unmittelbar zur Arbeitsstätte führen soll, nicht in einem ursächlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit steht, wenn er sich rechtlich als bloßer Rückweg von einer privaten Tätigkeit darstellt (vgl. BSG 1, 171; 8, 53; BSG in BG 1967, 115; vgl. auch BSG in BG 1969, 195 und Urteile vom 21. September 1967 - 2 RU 248/66 -, - vom 30. Juli 1971 - 2 RU 229/68 - und vom 11. Oktober 1973 - 2 RU 1/73 -; Brackmann aaO S. 486 h I). Unter welchen Voraussetzungen dies anzunehmen ist, hängt weitgehend von den Umständen des einzelnen Falles ab. Hier lagen sachgerechte, mit der versicherten Tätigkeit vereinbare Gründe für den Kläger vor, den Weg zur Arbeitsstätte nicht von der Wohnung seiner Eltern - seinem häuslichen Bereich -, sondern von H aus anzutreten. Als lediger junger Mann, dessen Eltern zumal das Wochenende nicht in der gemeinsamen Wohnung verbrachten, hat der Kläger die Wohnung des mit ihm befreundeten Ehepaares K. aufgesucht, wo ihm das für die Unterbringung und Ernährung Erforderliche sowie die Möglichkeit, sich von der Arbeit zu erholen, in ähnlichem oder sogar in demselben Maße wie sonst in seiner eigenen Häuslichkeit geboten wurde. Der Senat hält deshalb nicht die Annahme für gerechtfertigt, daß der Weg des Klägers, der auf diese Weise seine arbeitsfreie Zeit zudem zweckentsprechend ausgenutzt hat und durch die Wahl des von seiner eigenen Häuslichkeit verschiedenen Aufenthaltsortes keinen im Verhältnis zum üblichen Weg unangemessenen Weg zur Arbeitsstätte zurücklegen mußte, rechtlich wesentlich als Rückweg von einer privaten Tätigkeit zu werten ist. Der Weg, den der Kläger zur Unfallzeit zurücklegte, war vielmehr nach den Gesamtumständen des Falles wesentlich durch das Ziel und die Absicht des Klägers geprägt, die Arbeitsstätte zur Aufnahme der versicherten Tätigkeit zu erreichen. Der Kläger stand somit, wie schon das SG entschieden hat, nach § 550 Satz 1 RVO unter Versicherungsschutz.

Auf die Revision des Klägers war deshalb die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1649834

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