Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesonderte Prüfung der Statthaftigkeit der Berufung bei mehreren prozessualen Ansprüchen

 

Orientierungssatz

1. Bei der Aufhebung und Rückforderung von Sozialleistungen ist mit dem SGB 10 ein grundlegender Wandel gegenüber dem früheren Rechtszustand eingetreten: Während bisher begünstigende Verwaltungsakte schon dann aufgehoben werden konnten, wenn "die Voraussetzungen für die Leistung nicht vorgelegen haben oder weggefallen sind" (§ 151 Abs 1 AFG aF), ist das nach dem SGB 10 nur unter besonderen, dem Schutz des Leistungsempfängers dienenden Voraussetzungen zulässig (zB §§ 45, 48 SGB 10). Die Rechtsänderung hat die Stellung des Leistungsempfängers hinsichtlich der Aufhebung gestärkt, aber gleichzeitig hinsichtlich der Rückforderung geschwächt; diese war früher von der Beachtung besonderer Bestimmungen zum Schutz des Leistungsempfängers abhängig (§ 152 AFG aF) und ist jetzt ohne weiteres geboten (§ 50 Abs 1 SGB 10). Diese Rechtsänderung hat eine Gewichtsverlagerung bei der Statthaftigkeit der Berufung bewirkt.

2. Weder kann § 147 SGG entgegen dem eindeutigen Wortlaut ausgelegt noch kann der in ständiger Rechtsprechung vertretene Grundsatz, daß die Statthaftigkeit der Berufung für jeden prozessualen Anspruch gesondert zu prüfen ist, aufgegeben werden (entgegen LSG Stuttgart vom 13.12.1982 L 9 Kg 1180/82 und LSG München vom 11.11.1983 L 4/Kg 31/82 = Breith 1984, 1017).

3. Die Vorschriften in den §§ 144 bis 149 SGG über den Ausschluß der Berufung sind nicht so gestaltet, daß bei der Nichtanwendbarkeit einer Ausschlußvorschrift keine andere einen Ausschluß der Berufung bewirken könnte. Deshalb kann nicht aus § 149 SGG hergeleitet werden, wenn diese Vorschrift bei der Rückforderung die Berufung nicht ausschließe, müsse die Berufung hinsichtlich der die Rückforderung auslösenden Aufhebung von Leistungsbescheiden ebenfalls statthaft sein. Der Gesetzgeber des SGB 10 hat jedenfalls an keiner Stelle zu erkennen gegeben, daß er mit seinen Neuregelungen zugleich die Berufungsfähigkeit der unter § 147 SGG fallenden prozessualen Ansprüche in den Fällen der Verbindung mit einer nach § 149 SGG berufungsfähigen Rückforderung habe ausweiten wollen.

 

Normenkette

SGG § 147 Fassung: 1958-06-25, § 149 Fassung: 1974-07-30; SGB 10 § 45 Fassung: 1980-08-18, § 50 Fassung: 1980-08-18; AFG § 44 Abs 4

 

Verfahrensgang

LSG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 25.01.1984; Aktenzeichen L 3 Ar 1965/82)

SG Ulm (Entscheidung vom 15.10.1982; Aktenzeichen S 7 Ar 910/81)

 

Tatbestand

Im Prozeß geht es vornehmlich um die Frage, ob das Landessozialgericht (LSG) die Berufung der Klägerin gegen das erstinstanzliche Urteil zu Recht gemäß § 147 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) teilweise als unzulässig verworfen hat.

Die im Jahr 1939 geborene Klägerin nahm in der Zeit von Februar 1978 bis Februar 1979 an einer Ausbildung zur Direktrice in München teil. Sie stellte im Februar 1978 bei dem Arbeitsamt in Aalen den Antrag, diese Ausbildung zu fördern, und erhob, als der Antrag abgelehnt worden war, Klage zum Sozialgericht (SG) Ulm. Während des Prozesses nahm sie eine Nebentätigkeit als Platzanweiserin auf, die vom 3. Oktober 1978 bis zum 8. April 1979 dauerte. Mit Urteil vom 25. Oktober 1979 verurteilte das SG die Beklagte, die Teilnahme der Klägerin an dem Fortbildungslehrgang zu fördern. Nunmehr bewilligte das für die Förderungsleistungen zuständige Arbeitsamt München, das - ebenso wie das Arbeitsamt Aalen - von der Nebentätigkeit der Klägerin nichts wußte, mit Bescheiden vom 30. März 1980 der Klägerin für die Dauer des Lehrgangs Unterhaltsgeld (Uhg) in Höhe von insgesamt 8.586,20 DM und einen Kostenzuschuß in Höhe von 9.621,98 DM. Beide Beträge wurden der Klägerin noch im März 1980 ausgezahlt.

Nachdem das Arbeitsamt München von der Nebentätigkeit erfahren hatte, hob es wegen der nach § 44 Abs 4 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) gebotenen Anrechnung der Nebeneinkünfte mit Bescheid vom 3. Oktober 1980 gemäß § 151 AFG aF den Bescheid über die Bewilligung von Uhg teilweise auf und forderte von der Klägerin gemäß § 152 AFG aF einen Betrag von 3.418,24 DM zurück. Mit Bescheid vom 16. Februar 1981 setzte es den Rückzahlungsbetrag auf 3.314,04 DM herab, und mit Bescheid vom 20. Mai 1981 wies es den Widerspruch der Klägerin zurück.

Mit der Klage hat die Klägerin beantragt, den Bescheid vom 3. Oktober 1980, abgeändert durch den Bescheid vom 16. Februar 1981, aufzuheben. Das SG hat mit Urteil vom 15. Oktober 1982 die Klage als unbegründet abgewiesen, wobei es ebenfalls die §§ 151, 152 AFG aF anwandte; die Rechtsmittelbelehrung des Urteils enthält den Hinweis, daß "hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der Uhg-Bewilligung" die Berufung nur statthaft sei, wenn ein wesentlicher Mangel des Verfahrens gerügt werde und auch vorliege. Das LSG war der Meinung, daß die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides sich nach den §§ 48 und 50 Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren - (SGB X) beurteile. Es hat die von der Klägerin eingelegte Berufung, soweit sie die teilweise Aufhebung der Bewilligung von Uhg betrifft, als unzulässig verworfen, weil insoweit ein Höhenstreit iS des § 147 SGG vorliegt. Die Anrechnung von Einkommen nach § 44 Abs 4 AFG berühre nicht den Grund des Anspruchs, sondern nur dessen Höhe. Hinsichtlich der Aufhebung des Bewilligungsbescheides habe die Klägerin zum Verfahren des SG auch keine durchgreifenden Rügen erhoben. Soweit die Berufung die Rückforderung betreffe, sei sie zulässig, aber unbegründet. Das LSG hat die Revision zugelassen, weil es der Frage des Berufungsausschlusses bei Aufhebungs- und Rückforderungsbescheiden nach dem SGB X grundsätzliche Bedeutung beimesse.

Mit der Revision trägt die Klägerin vor: Es sei widersinnig, wenn der Betroffene zwar den Rückforderungsbescheid zweitinstanzlich überprüfen lassen könne, aber mit materiellen Einwendungen zum Grunde des Rückerstattungsanspruches ausgeschlossen sei. Im übrigen sei es zweifelhaft, ob § 147 SGG überhaupt vorliege, da die Beklagte das Uhg vom 3. Oktober 1978 bis 23. Februar 1979 auf Null reduziert habe. Der Bescheid vom 3. Oktober 1980 habe letztlich den Anspruch selbst nachträglich verneint, er habe mindestens aber dieselbe Wirkung wie ein Ablehnungsbescheid aus anderen Gründen. Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Urteile der Vorinstanzen sowie die Bescheide der Beklagten vom 3. Oktober 1980 und 16. Februar 1981 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Die Beteiligten haben sich damit einverstanden erklärt, daß der Senat ohne mündliche Verhandlung entscheidet.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist nicht begründet. Das LSG hat zu Recht die Berufung der Klägerin teils als unzulässig verworfen, teils als unbegründet zurückgewiesen.

Die Berufung gegen Urteile der SGe ist nach den §§ 144 bis 149 SGG beschränkt. Werden mehrere prozessuale Ansprüche erhoben, so ist die Statthaftigkeit der Berufung für jeden Anspruch gesondert zu prüfen, auch wenn diese Ansprüche in einem Zusammenhang stehen, ihnen etwa der Grund oder das Versicherungsverhältnis, aus dem sie stammen, gemeinsam ist (Bundessozialgericht -BSG-, zuletzt SozR 1500 § 144 Nr 4 und § 146 Nr 2 mwN). Das gilt auch für das Begehren auf Aufhebung eines Bescheides, der sowohl die Entziehung als auch die Rückforderung einer Leistung betrifft (BSGE 6, 11, 15; SozR 1500 § 146 Nr 9; vgl auch § 50 Abs 3 Satz 2 SGB X). Ein dem vergleichbarer Fall liegt hier vor.

Mit der Klage und den Rechtsmitteln betreibt die Klägerin die Aufhebung des Bescheides vom 3. Oktober 1980 idF des Bescheides vom 16. Februar 1981, die beide durch den Widerspruchsbescheid vom 20. Mai 1981 nicht geändert worden sind. Diese Bescheide enthalten zwei Verfügungssätze, zum einen die Teil-Aufhebung des Uhg-Bescheides vom 30. März 1980 und zum anderen die Rückforderung derjenigen Beträge, für die aufgrund der Aufhebung keine Rechtsgrundlage (mehr) bestand. Dementsprechend verfolgt die Klägerin zwei verschiedene prozessuale Ansprüche und betrifft die Berufung ebenso diese beiden Ansprüche.

Von dem Grundsatz, daß die Statthaftigkeit der Berufung für jeden Anspruch gesondert zu prüfen ist, hat die Rechtsprechung eine Ausnahme nur zugelassen für den Fall, daß von zwei in einer Klage zusammengefaßten Ansprüchen der eine - für den die Berufung statthaft ist - für den anderen - hinsichtlich dessen ein Berufungsausschließungsgrund besteht - präjudiziell ist; wolle man in einem solchen Fall die Statthaftigkeit der Berufung für beide Ansprüche getrennt beurteilen, so könne das zu dem merkwürdigen Ergebnis führen, daß mangels Statthaftigkeit des Rechtsmittels das Urteil der Vorinstanz über den abhängigen Anspruch rechtskräftig werde, obwohl ihm durch die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts über den präjudiziellen Anspruch die Grundlage entzogen werde (BSG SozR Nr 14 zu § 149 SGG; SozR 1500 § 146 Nr 4). Das gilt jedoch nicht für den umgekehrten Fall (BSGE 11, 167, 169; SozR 1500 § 146 Nr 9; BSGE 47, 241, 243 = SozR 4100 § 134 Nr 11).

Während die Berufung mit Bezug auf die Rückforderung nach § 149 SGG statthaft ist, ist sie hinsichtlich des Anspruchs auf Aufhebung des Teiles des Bescheides vom 3. Oktober 1980, mit dem der Uhg-Bescheid vom 30. März 1980 teilweise aufgehoben worden war, nach § 147 SGG nicht statthaft. Die Vorschrift, die auch für die Aufgaben der Beklagten im Bereich der beruflichen Bildungsförderung gilt (BSGE 39, 119, 120 = SozR 4100 § 45 Nr 4; SozR 1500 § 147 Nr 3), sieht vor, daß in Angelegenheiten der Arbeitslosenversicherung die Berufung nicht zulässig ist, soweit sie Beginn oder Höhe der Leistung betrifft. Dieser Tatbestand liegt hier vor; die Berufung der Klägerin betrifft nur die Höhe der Leistung, die dem Grunde nach zustand. Die Revision weist zwar zutreffend darauf hin, daß mit dem angefochtenen Bescheid das Uhg für eine bestimmte Periode des Bezugszeitraumes "auf Null reduziert" worden sei. Das ändert aber nichts daran, daß hier ein Höhenstreit gegeben ist. Bei einer völligen Leistungsverweigerung hat die Rechtsprechung des BSG einen Höhenstreit dann verneint, wenn dieser Leistungsentfall sich aus gesetzlichen Tatbestandsmerkmalen ergab, die zu den Grundvoraussetzungen des Anspruchs gehörten oder jedenfalls Grund und Höhe gemeinsam betrafen (BSGE 8, 92, 94; SozR 1500 § 147 Nrn 2 und 9). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. § 44 Abs 4 AFG regelt keine Grundvoraussetzung des Uhg; er befaßt sich mit der "Anrechnung" von Einkommen "auf das Uhg" und somit ausschließlich mit dessen Höhe. Geht es aber um die Anwendung einer reinen Höhenvorschrift, dann liegt ein "Höhenstreit" iS der Berufungsausschließungsvorschriften auch dann vor, wenn die Vorschriftsanwendung eine "Reduzierung auf Null" bewirkt (so schon BSGE 1, 62, 66 zum Höhenstreit bei § 148 SGG).

An der Unstatthaftigkeit der Berufung wegen "Höhenstreits" ändert sich auch nichts dadurch, daß hier um die Leistungshöhe aufgrund der Anfechtung eines die Leistungsbewilligung aufhebenden Bescheides gestritten wird. Dies gilt unabhängig davon, nach welcher Rechtsgrundlage die Aufhebung zu beurteilen ist. Selbst wenn - wegen der Bestimmung des Art II § 37 SGB X - insoweit Vorschriften des SGB X anzuwenden sind, ließe sich zwar nicht übersehen, daß gerade im Bereich von Aufhebung und Rückforderung der Sozialleistungen mit dem SGB X ein grundlegender Wandel gegenüber dem früheren Rechtszustand eingetreten ist: Während bisher begünstigende Verwaltungsakte schon dann aufgehoben werden konnten, wenn "die Voraussetzungen für die Leistung nicht vorgelegen haben oder weggefallen sind" (§ 151 Abs 1 AFG aF), ist das nach dem SGB X nur unter besonderen, dem Schutz des Leistungsempfängers dienenden Voraussetzungen zulässig (zB §§ 45, 48 SGB X). Die Rechtsänderung hat die Stellung des Leistungsempfängers hinsichtlich der Aufhebung gestärkt, aber gleichzeitig hinsichtlich der Rückforderung geschwächt; diese war früher von der Beachtung besonderer Bestimmungen zum Schutz des Leistungsempfängers abhängig (§ 152 AFG aF) und ist jetzt ohne weiteres geboten (§ 50 Abs 1 SGB X).

Diese Rechtsänderung hat eine Gewichtsverlagerung bei der Statthaftigkeit der Berufung bewirkt. Die Beschränkung auf eine einzige Instanz war früher für den Leistungsempfänger leichter zu ertragen, weil dem - nicht berufungsfähigen - Aufhebungsverfahren das - bei größeren Beträgen berufungsfähige - Rückforderungsverfahren folgte und die Einhaltung der besonderen Schutzvorschriften in zwei Instanzen nachgeprüft werden konnte. Deshalb haben ua das LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 13. Dezember 1982 - L 9 Kg 1180/82 -) und das Bayerische LSG (Breithaupt 1984, 1017) gemeint, an der bisherigen Spruchpraxis könne nicht mehr festgehalten werden (ähnlich Zeihe, SGG, RdNr 9 e zu § 149). Dem vermag sich der erkennende Senat nicht anzuschließen.

Weder kann § 147 SGG entgegen dem eindeutigen Wortlaut ausgelegt noch kann der in ständiger Rechtsprechung vertretene Grundsatz, daß die Statthaftigkeit der Berufung für jeden prozessualen Anspruch gesondert zu prüfen ist, aufgegeben werden. Jedenfalls reicht die erwähnte Gewichtsverlagerung dazu nicht aus. Der Rechtsweg der Beteiligten wird nicht in unzumutbarer Weise verkürzt, wenn diesen für die Nachprüfung der Höhe einer Leistung nur eine Gerichtsinstanz zur Verfügung gestellt wird (vgl dazu auch BSGE 18, 266, 269 = SozR Nr 22 zu § 144 SGG; GS).

Diese Erwägungen gelten auch für eine etwaige Ausweitung des § 149 SGG auf die der Rückerstattung zugrunde liegenden Aufhebung eines begünstigenden Verwaltungsaktes. Die Vorschriften in den §§ 144 bis 149 SGG über den Ausschluß der Berufung sind nicht so gestaltet, daß bei der Nichtanwendbarkeit einer Ausschlußvorschrift keine andere einen Ausschluß der Berufung bewirken könnte. Deshalb kann nicht aus § 149 SGG hergeleitet werden, wenn diese Vorschrift bei der Rückforderung die Berufung nicht ausschließe, müsse die Berufung hinsichtlich der die Rückforderung auslösenden Aufhebung von Leistungsbescheiden ebenfalls statthaft sein. Der Gesetzgeber des SGB X hat jedenfalls an keiner Stelle zu erkennen gegeben, daß er mit seinen Neuregelungen zugleich die Berufungsfähigkeit der unter § 147 SGG fallenden prozessualen Ansprüche in den Fällen der Verbindung mit einer nach § 149 SGG berufungsfähigen Rückforderung habe ausweiten wollen.

Schließlich kann auch nicht etwa deswegen von der bisherigen Rechtsprechung abgewichen werden, weil seit dem Inkrafttreten des SGB X der § 149 SGG - in seinem hier einschlägigen Teil - praktisch "leerlaufe" oder funktionslos sei. Abgesehen davon, daß die Vorschrift die Funktion hat, Berufungen in Rückerstattungsstreitigkeiten bei einem Beschwerdewert bis 1.000,-- DM auszuschließen, handelt es sich hier um einen Einwand, den der 11. Senat bei einem ähnlichen Fall schon in BSGE 11, 167, 171f verworfen hat. Die Berufung war dort nach § 148 Nr 3 SGG aF ausgeschlossen, soweit sie eine neue Rentenfeststellung betraf; sie war hinsichtlich der Rückforderung zulässig, insoweit aber wegen der rechtskräftigen Klageabweisung gegen die neue Feststellung ohne weitere Prüfung als unbegründet zurückzuweisen. Der Senat hat dort ausgeführt, daß ein zulässiges Rechtsmittel nicht deshalb "inhaltslos" ist, weil sich seine Zurückweisung als unbegründet aus einer rechtskräftigen anderen Entscheidung zwingend ergibt. Im übrigen trifft die Behauptung, § 149 SGG sei jetzt bedeutungslos, nicht zu. § 149 SGG hat in den Fällen des § 50 Abs 2 SGB X an Bedeutung nicht verloren, vielmehr eher gewonnen; zu denken ist ferner an die Fälle des § 50 Abs 1 SGB X, in denen die Berufung hinsichtlich der Anfechtung des Aufhebungsbescheides nach § 150 Nr 1 oder 2 SGG zulässig ist. Zudem könnte bei Rückforderung nach § 50 Abs 1 SGB X auch zu prüfen sein, ob der Anspruch zu stunden, niederzuschlagen oder zu erlassen ist (§ 76 Abs 2 Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - SGB IV), worauf hier nicht näher eingegangen werden muß.

Die Rechtsprechung hat überdies in ähnlichen Fällen ebenfalls keine Bedenken gegen die Gewichtsverteilung geäußert, die bei den Berufungsausschließungsvorschriften seit Inkrafttreten des SGB X besteht. Schon früher war zB die Verhängung einer Sperrzeit nicht berufungsfähig (GS aaO), während für die sich daraus ohne weiteres ergebende Rückzahlungspflicht (§ 152 Abs 1 Nr 4 AFG) eine zweite Instanz zur Verfügung stand (vgl auch die ähnlichen Fälle in SozR 1500 § 77 Nr 20 und § 144 Nr 25); dieser Unterschied in der Berufungsfähigkeit wurde nicht beanstandet.

Die von der Klägerin geschilderten Bedenken könnten übrigens nur dann bestehen, wenn Aufhebung und Rückforderung in einem Bescheid geregelt worden sind. Hat dagegen der Leistungsträger die Aufhebung isoliert ausgesprochen und ist diesem Bescheid - aus welchen Gründen immer - eine Rückforderung überhaupt nicht oder doch wesentlich später - in einem zweiten Bescheid - gefolgt, dann wird noch deutlicher, daß der Streit um die Aufhebung nicht entgegen § 147 SGG wegen eines weiteren Streites um die Rückforderung als berufungsfähig angesehen werden kann (BSGE 11 aaO).

Ist sonach die Berufung in bezug auf die Aufhebung der Uhg-Bewilligung nach § 147 SGG unstatthaft und kann § 149 SGG nicht ausdehnend angewendet werden, so greift auch die Sonderbestimmung des § 150 SGG nicht ein. Die Nrn 1 und 3 dieser Vorschrift (Zulassung der Berufung und Kausalitätsstreit) sind hier von vornherein auszuscheiden. Aber auch die Regelung, daß die Berufung zulässig ist, wenn vor dem LSG ein wesentlicher Mangel des Verfahrens gerügt wird (§ 150 Nr 2 SGG), ist hier nicht anzuwenden.

Das SG hatte die Hauptvermittlerin des Arbeitsamtes A, U B, darüber als Zeugin vernommen, ob die Klägern dem Arbeitsamt ihre Nebentätigkeit mitgeteilt oder Lohnbescheinigungen eingereicht habe. In den Entscheidungsgründen seines Urteils hat das SG dann ausgeführt, die Aufhebung der Uhg-Bewilligung sei nach § 151 iVm § 44 Abs 4 AFG aF rechtmäßig, weil die Klägerin ein Nebeneinkommen erzielt habe, das auf das Uhg anzurechnen gewesen sei. Sodann hat es sich mit der Rückforderung befaßt, die es nach § 152 AFG aF als rechtmäßig ansah. In diesem Zusammenhang hat es ua aufgrund der als glaubhaft angesehenen Zeugenaussage festgestellt, daß die Klägerin ihre Nebentätigkeit erst nach der Bewilligung des Uhg dem Arbeitsamt Aalen mitgeteilt habe. In der Berufungsschrift hat die Klägerin die Glaubwürdigkeit der Zeugin angezweifelt und darauf beharrt, daß sie von ihrer Nebentätigkeit dem Arbeitsamt wesentlich früher berichtet habe. Nach der Rechtsansicht des SG kam es aber für die Frage der Aufhebung der Uhg-Bewilligung weder auf eine etwaige Kenntnis der Beklagten noch auf ein etwaiges Verschulden der Klägerin an, so daß ein Verfahrensmangel mit Bezug auf die Aufhebung der Uhg-Bewilligung nicht vorliegt.

Die - statthafte und zulässige - Berufung hinsichtlich der Rückforderung ist nicht begründet. Das hat das LSG zutreffend ausgeführt. Die Revision erhebt insoweit keine Einwände. Ihr geht es in erster Linie darum, daß der Anspruch des LSG über die Unstatthaftigkeit des anderen Teiles der Berufung aufgehoben wird. Wäre die Berufung in diesem Umfang als statthaft und begründet angesehen worden, so hätte sich die Begründetheit der Berufung hinsichtlich der Rückforderung von selbst ergeben. Denn wenn der Bescheid über die Bewilligung des Uhg nicht rechtswirksam aufgehoben worden wäre, hätte das Arbeitsamt auch nicht nach § 50 Abs 1 SGB X die erbrachten Leistungen zurückfordern dürfen.

Die Höhe des zurückgeforderten Betrages ist nicht im Streit. Auch das hat das LSG festgestellt, ohne daß die Revision dagegen etwas eingewendet hätte.

Die Revision war sonach als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1656761

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