Beteiligte

Kläger und Revisionskläger

Beklagte und Revisionsbeklagte

 

Tatbestand

I.

Der am 31. März 1939 geborene Kläger ist seit März 1965 bei der Berufsgenossenschaft (BG) der Feinmechanik und Elektrotechnik in Köln beschäftigt. Am 10. April 1968 legte er die Prüfung für den mittleren Dienst ab. Er wurde ab 1. September 1968 mit Aufgaben des gehobenen Dienstes betraut und in die Vergütungsgruppe V b BG - AT eingestuft. Am 17. Dezember 1969 nahm er mit Erfolg an der Prüfung für den gehobenen Dienst teil und wurde am 1.April 1970 auf Grund der Dienstordnung (DO) der BG vom 18. Mai 1962 auf Lebenszeit angestellt.

Am 13. Oktober 1970 stellte der Kläger beim Arbeitsamt Köln einen Antrag auf Förderung seiner Teilnahme an dem Studienlehrgang der VWA Köln mit dem Ziel des Verwaltungsdiploms. Das Studium hatte er bereits im Wintersemester (WS) 1968/69 als Vollhörer aufgenommen, im Sommersemester (SS) 1969 aber unterbrochen. Vom WS 1969/70 bis zum SS 1972 einschließlich besuchte er die VWA durchgehend. Die Vorlesungen fanden in den Abendstunden statt. Der Kläger schloß das siebensemestrige Studium mit dem Erwerb des Verwaltungsdiploms ab.

Mit Bescheid vom 21. Juli 1971 lehnte das Arbeitsamt den Antrag des Klägers auf Förderung ab. Auf den Widerspruch bewilligte es dem Kläger für die Zeit vom 15. Oktober 1970 bis 20. Februar 1972, d.h. für das vierte bis sechste Semester, Lehrgangsgebühren, Lernmittel und Fahrkosten. Den weitergehenden Widerspruch des Klägers wies es zurück (Bescheid vom 19. Mai 1972).

Hiergegen hat der Kläger Klage erhoben und beantragt, die Beklagte zu verurteilen, den Besuch der VWA für die Dauer von sechs Semestern zu fördern. Er hat insbesondere darauf hingewiesen, daß er den Förderungsantrag deshalb nicht früher gestellt habe, weil ihm das Arbeitsamt auf mehrere telefonische Anfragen hin stets erklärt habe, daß das Studiengang der VWA nicht förderungsfähig sei und er daher auch keine Leistungen beanspruchen könne.

Mit Urteil vom 24. Oktober 1972 hat das Sozialgericht (SG) Köln die Klage abgewiesen. Die Berufung, mit der der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Förderung von insgesamt sechs Semestern, hilfsweise des siebten Semesters beehrte, hatte gleichfalls keinen Erfolg (Urteil vom 20. September 1973). Zur Begründung hat das Landessozialgericht (LSG) im wesentlichen ausgeführt: Zwar sei die Berufung zulässig. Eine teilweise Unstatthaftigkeit für die Zeit vor Leistungsgewährung nach § 147 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sei nicht gegeben, weil die Berufung nicht den (früheren) Beginn der im übrigen zeitlich festliegenden Förderungsleistungen, sondern deren Gesamtdauer betreffe. Auch der Ausschlußtatbestand des § 144 Abs. 1 SGG finde keine Anwendung. In der Sache könne die Berufung keinen Erfolg haben. Ob eine Förderung für Zeiten vor Antragstellung an § 21 Abs. 1 AFuU 1969 scheitern müsse und Kosten für das siebte Semester als nicht notwendig im Sinne des § 45 AFG anzusehen seien, könne dahinstehen. Den grundlegenden Bestimmungen der §§ 1 bis 3 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) sei zu entnehmen, daß Leistungen nach dem AFG nur Personen zu gewähren seien, die Arbeitsverhältnisse auf dem Arbeitsmarkt einzugehen pflegten und daher dem Risiko der Arbeitslosigkeit ausgesetzt seien. Der für die Leistungsgewährung erforderliche Bezug zum Arbeitsmarkt und seinen Bedürfnissen komme auch in den §§ 33 ff. und 41 ff. AFG zum Ausdruck. Laufbahnbeamte seien aber nicht auf dem Arbeitsmarkt tätig und auch nicht dem Risiko der Arbeitslosigkeit ausgesetzt, weil sie nur in wenigen gesetzlich geregelten Ausnahmefällen gegen ihren Willen entlassen werden könnten. DO-Angestellte auf Lebenszeit seien zwar nicht Beamte. Ihre Rechtsstellung sei jedoch derjenigen von Beamten so stark angenähert, daß sie im vorliegenden Zusammenhang Beamten gleichzustellen seien. Auch sie seien nur aus Gründen zu entlassen, die in ihrer Person lägen und regelmäßig vorwerfbar seien (so § 11 Abs. 1 der für den Kläger maßgebenden DO). Das Risiko der Arbeitslosigkeit bestehe dementsprechend auch für sie nicht. Darüber hinaus werde ihr Status - insbesondere was Besoldung und Versorgung betreffe - weitgehend durch Bezugnahme auf beamtenrechtliche Vorschriften gekennzeichnet. Etwas anderen ergäbe sich im Falle des Klägers auch nicht für die Zeit vor seiner Anstellung auf Lebenszeit (1. April 1970), nämlich für das WS 1969/70. Der Kläger habe schon im Sommer 1969 die für die Anstellung wesentlichen Voraussetzungen erfüllt. Im übrigen müsse die Maßnahme als Einheit gewertet werden.

Mit der zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung materiellen Rechts und bringt hierzu insbesondere vor: Die §§ 33 ff. AFG dienten der Stärkung der beruflichen Mobilität der Arbeitnehmer und ihrer Anpassung an eine sich ständig verändernde Arbeits- und Berufswelt. Der einzelne Arbeitnehmer solle sich vorausschauend - präventiv - Kenntnisse und Fertigkeiten aneigenen, um so mit einem möglichst breit gefächerten und auf die jeweilige Leistungsnachfrage abgestimmten Leistungsangebot auf die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes reagieren zu können. Deshalb richte sich das Förderungsangebot an alle, die potentiell - und zwar nach der Intention des Gesetzes nicht jetzt und heute, sondern in Zukunft - als Anbieter von Arbeitsleistungen in Betracht kämen. So gesehen sei es unerheblich, welche Position der Arbeitnehmer gegenwärtig innehabe und in welcher Weise diese gesichert sei. Es komme daher auch grundsätzlich nicht darauf an, ob der Bildungswillige die Rechtsabteilung eines Beamten oder DO-Angestellten habe. Wenn aber schon der Beamte als möglicher Teilnehmer am Arbeitsmarkt anzusehen sei, so gelte dies erst recht für DO-Angestellte, deren Angestelltenverhältnis bürgerlich-rechtlicher Art sei. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) habe entschieden, daß der DO-Angestellte trotz beamtenrechtsähnlicher Regelung Angestellter und damit Arbeitnehmer im arbeitsrechtlichen Sinne bleibe (Urteil vom 18. Juni 1958 - DÖD 1958, 237). Sein Dienstverhältnis sei auch nicht unkündbar. Diesen Risiko sei nicht nur rein theoretischer, sondern durchaus praktischer Natur. So gebe es DOen, in denen DO-Angestellte wesentlich schlechter gestellt seien als Beamte. Dies insbesondere insoweit, als in einigen DOen die dem Beamtenrecht fremde Kündigung aus einem in der Person liegenden wichtigen Grund vorgesehen sei. Auch seien die BGen in der Gestaltung der Dienstverhältnisse frei. Diese könnten daher jeder Zeit als "normale Angestelltenverhältnisse" im Sinne des Tarifrechts ausgestaltet werden. Bestrebungen dieser Art seien - wie aus § 3 des Entwurfs einer neuen Muster-DO der Gewerkschaft ÖTV, DAG und des Hauptverbandes der gewerblichen BGen zu ersehen sei - bereits im Gange. Hinzu komme, daß auch der Gesetzgeber bereits den Auftrag habe, das Dienstrecht der BGen neu zu regeln. Im übrigen seien Tarifangestellte der BGen, die länger als 15 Jahre tätig seien, nur aus wichtigem Grunde kündbar (§ 53 des Manteltarifvertrages für Angestellte und Arbeiter der gewerblichen BG). Er - der Kläger - sei nach alledem nicht von dem zu fördernden Personenkreis auszuschließen. Für die Zeit vor Antragstellung könnten ihm Leistungen nicht verweigert werden, weil er allein aus Gründen, die im Verantwortungsbereich der Beklagten lägen, gehindert worden sei, den Antrag rechtzeitig zu stellen.

Der Kläger beantragt,das Urteil des LSG für das Land Nordrhein-Westfalen vom 20. September 1973 aufzuheben und unter Abänderung des Urteils des SG Köln vom 24. Oktober 1972 die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 22. Februar 1972 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19. Mai 1972 zu verurteilen, das Studium an der VWA Köln für insgesamt sechs Semester, hilfsweise das siebte Semester zu fördern.

Die Beklagte beantragt,die Revision zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.

Sie weist ergänzend darauf hin, daß die berufliche Fortbildung von Beamten ausschließlich im Rahmen des besonderen Dienst- und Treueverhältnisses erfolge. Daß die arbeitsmarktpolitische Zielsetzung des Gesetzes sich nicht auf Beamte beziehe, werde zusätzlich dadurch deutlich, daß die Beklagte auch im Rahmen der Arbeitsvermittlung unter dem Gesichtspunkt einer aktiven Arbeitsmarktpolitik keinen Einfluß auf die Beschäftigungslage der Beamten habe. Berufliche Bildungsmaßnahmen von Beamten könnten allenfalls dann als zweckmäßig im Sinne des Gesetzes angesehen werden, wenn der Beamte die Absicht habe, eine die Beitragspflicht begründende Beschäftigung aufzunehmen. Die bloße theoretische Möglichkeit, einmal als Arbeitnehmer aufzutreten, könne aber wegen der Unverhältnismäßigkeit des Einsatzes öffentlicher Mittel zum arbeitsmarktpolitischen Erfolg noch keine Leistungsansprüche begründen. Für DO-Angestellte auf Lebenszeit müsse das gleiche gelten. Die Revision sei aber auch im übrigen unbegründet. Nach § 21 Abs. 1 Satz 1 AFuU 1969 könnten Leistungen frühestens von dem Tag der Antragstellung an gewährt werden. Die Förderung des siebten Semesters komme nicht in Betracht, weil nach § 6 Abs. 1 AFuU 1969 die über einer Maßnahme dem Zeitraum entsprechen müsse, der notwendig sei, um das Ziel der Maßnahme zu erreichen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil (§ 124 Abs. 2 SGG) einverstanden erklärt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision des Klägers ist zulässig aber nicht begründet.

Zu Recht hat das LSG die Zulässigkeit von Klage und Berufung, eine auch bei zugelassener Revision von Amts wegen zu prüfende Frage, bejaht.

Die Zulässigkeit der Klage ist insbesondere nicht deshalb zu verneinen, weil es an einem bestimmten Antrag (§ 92 SGG) fehlt.

Streitgegenstand war und ist erkennbar der Anspruch, des Klägers auf Erstattung von Lehrgangsgebühren, Lernmittel und Fahrkosten für das zweite, dritte und siebte Semester. Da insgesamt vier der vom Kläger durchlaufenen sieben Studiensemester nicht gefördert wurden, war der Antrag auf "Förderung des Studiums für die Dauer von sechs Semestern" seinem Wortlaut nach allerdings zu unbestimmt. Das LSG hätte den Kläger zweckmäßigerweise zu einer klaren Formulierung veranlassen müssen. Indessen ergibt sich der Sinn des Antrages aus dem gesamten Vorbringen des Klägers (vgl. BSGE 21, 167).

Wenn der Kläger sein ursprüngliches Begehren auf Förderung des ganzen Studiums in der Weise beschränkte, daß er nur noch Leistungen für weitere drei Semester verlangte, so hat dies ersichtlich seinen Grund darin, daß er einen Anspruch für das vor Inkrafttreten des AFG liegende erste Semester (WS 1968/69) nicht für gegeben ansah. So führte er in der Begründung seines Widerspruchs aus, daß Teilnehmer, die vor Inkrafttreten des AFG am 1. Juli 1969 eine Maßnahme begonnen hätten, frühestens von diesem Zeitpunkt an rechtswirksam einen Antrag stellen konnten. Diese Ausführungen sind dahin zu verstehen und von der Beklagten im Widerspruchsverfahren auch so verstanden worden, daß der Kläger eine Förderung erst ab Inkrafttreten des AFG für möglich hielt. Hinzu kommt, daß an der Geltendmachung von Leistungsansprüchen für das siebte Semester von Anfang an kein Zweifel bestehen kann; denn in seiner Klageschrift begehrte der Kläger zunächst überhaupt nur die Förderung seines Studiums über das sechste Semester hinaus.

Wenn demnach auch der Kläger vor dem LSG seinen in der mündlichen Verhandlung vor dem SG gestellten Antrag auf Förderung von sechs Semestern dahin ergänzte, daß er hilfsweise die Verurteilung der Beklagten zur Förderung des siebten Semesters begehre, so kam es sich dabei nur um einen sogenannten "unechten", weil bereits im Hauptantrag enthaltenen Hilfsantrag handeln.

Die Fassung des Antrages erklärt sich im übrigen aber auch aus der von der Auffassung der Beklagten abweichenden Meinung des Klägers, daß eine Begrenzung der Förderungspflicht auf eine Höchstdauer von sechs Semestern vom Gesetzgeber - wenn überhaupt, so jedenfalls nur absolut - nicht aber bezogen auf die ersten sechs Semester, vorgesehen sei.

Die Zulässigkeit der Berufung hat das LSG im Ergebnis zutreffend bejaht. Die Berufung betraf weder eine einmalige oder eine wiederkehrende Leistung für einen Zeitraum bis zu drei Monaten (§ 144 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGG) noch Beginn oder Höhe der Leistung (§ 147 SGG). Auch in der Sache ist die Entscheidung des LSG nicht zu beanstanden.

Bei der Weiterbildung des Klägers an der VWA Köln handelt es sich inhaltlich um eine Fortbildung im Sinne des § 41 Abs. 1 AFG. Eine Förderung als Ausbildung (§ 40 AFG) oder Umschulung (§ 47 AFG) scheidet nach den nicht angegriffenen Feststellungen des LSG zum beruflichen Ausgangspunkt des Klägers und der Art und besonderen Zielsetzung des Studiums aus. Der Studienlehrgang zur Erlangung des Verwaltungsdiploms sollte dem Kläger weder einen erstmaligen beruflichen Abschluß (vgl. BSGE 37, 163) noch den Übergang in eine andere berufliche Tätigkeit mit neuem Inhalt ermöglichen, wie es für eine Umschulung bezeichnend ist (vgl., BSGE 36, 48). Die Maßnahme hatte vielmehr das Ziel, die vom Kläger in seiner langjährigen Tätigkeit als Verwaltungsangestellter erworbenen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten zu erhalten und zu erweitern und auf diesem Wege die Chancen für einen beruflichen Aufstieg zu erhöhen.

Ob die Voraussetzungen, unter denen nach § 41 Abs. 1 AFG Fortbildungsmaßnahmen gefördert werden, vorliegen, insbesondere, ob die Teilnahme an der Maßnahme eine abgeschlossene Berufsausbildung oder eine angemessene Berufserfahrung vorausgesetzt hat, ist vom LSG nicht festgestellt worden. Dies hindert gleichwohl nicht, den Anspruch des Klägers zu verneinen. Er scheitert jedenfalls daran, daß DO-Angestellte auf Lebenszeit grundsätzlich nicht in die Förderung der beruflichen Bildung nach dem AFG einbezogen sind und im konkreten Fall keine Anhaltspunkte ersichtlich sind, die ein Abgehen von diesem Grundsatz rechtfertigen.

Nach § 36 AFG dürfen Leistungen zur individuellen Förderung der beruflichen Bildung, zu der auch die Förderung der beruflichen Fortbildung gehört, u.a. nur gewährt werden, wenn die Förderung unter Berücksichtigung der Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes zweckmäßig erscheint. Wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat (vgl. u.a. BSGE 38, 278 = SozR 4100 § 42 Nr. 3 und Urteil vom 17. Dezember 1974 7 RAr 69/73), fehlt es an der Zweckmäßigkeit - unabhängig von den Besonderheiten der Bildungsmaßnahme - schon dann, wenn der Antragsteller nach seiner Situation im Erwerbsleben zu einer Personengruppe gehört, deren berufliche (Weiter-) Bildung keine Beziehung zum Arbeitsmarkt hat. Hierzu gehören - wie das LSG zutreffend ausgeführt hat - in der Regel Beamte, da ihre Förderung wegen ihrer besonders geregelten und geschützten Stellung normalerweise nicht dazu dient, sich auf dem Arbeitsmarkt zu behaupten und vor Arbeitslosigkeit zu schützen. Demgemäß sind die Bildungsbemühungen von Beamten nur dann zweckmäßig im Sinne des § 36 AFG, wenn sie für die Zukunft die Aufnahme einer unselbständigen Beschäftigung als Arbeitnehmer anstreben oder die begründete Gefahr besteht, daß sie ihre Stellung als Beamte verlieren und sich wieder auf dem Arbeitsmarkt anbieten müssen (vgl. BSGE 38, 278). DO-Angestellte auf Lebenszeit sind allerdings keine Beamte im staatsrechtlichen Sinne und nicht wie diese in ein öffentlich-rechtliches Dienst- u. Treueverhältnis eigener Art berufen (Art. 33 Abs. 4 Grundgesetz -GG-, § 2 Abs. 1 Bundesbeamtengesetz -BBG-). Nach der übereinstimmenden Rechtsprechung der Gerichte und der überwiegenden Literatur stehen die DO-Angestellten der Sozialversicherungsträger vielmehr in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis, das durch Abschluß eines schriftlichen Dienstvertrages (§§ 354 Abs. 1, 692 Reichsversicherungsordnung - RVO -) auf der Ebene der Gleichordnung begründet wird. Demgemäß ist für Streitigkeiten aus dem Dienstverhältnis die Zuständigkeit der Arbeits- und nicht der Sozialgerichte gegeben (vgl. BSGE 2, 53; BSGE 31, 247, 250; BAGE 2, 81; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Dezember 1955 in DVBl. 1956, 267; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Bd. I/1, S. 162 e und f, 168 l - m). Auch die in den DOen übliche weitgehende Verweisung auf beamtenrechtliche Regelungen macht die DO-Angestellten nicht zu öffentlich-rechtlichen Bediensteten i.S. des Beamtenrechts. Durch sie wird lediglich eine Umwandlung der angezogenen Vorschriften in satzungsmäßiges DO-Recht und damit eine inhaltliche Angleichung der einzelnen Rechte und Pflichten aus dem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis an die Rechte und Pflichten von Beamten bewirkt (vgl. u.a.BAG in AP Nr. 9 zu § 611 DO-Angestellte; BSGE 31, 247, 250).

Obwohl der Kläger Arbeitnehmer im arbeitsrechtlichen Sinne ist, fehlt aber dennoch der nach dem Gesetz erforderliche Bezug seiner Fortbildung zum Arbeitsmarkt.

Arbeitsmarkt ist begrifflich der Markt, auf dem die Arbeitskraft der Arbeitnehmer angeboten und nachgefragt wird (vgl. BSG in SozR 4106 § 42 Nr. 3 und 5 mit weiteren Nachweisen). Für die Lage der Arbeitnehmer ist kennzeichnend, daß sie mit Eingehen eines Arbeitsverhältnisses nicht davor sicher sind, wieder auf den Arbeitsmarkt zurückzufallen, also arbeitslos zu werden. Sie sind deshalb gehalten, ihm Ausbildung und ihre Fertigkeiten den Erfordernissen des Marktes auch dann anzupassen, wenn sie sich derzeit auf diesem Markt deshalb nicht behaupten müssen, weil sie in einem festen Arbeitsverhältnis stehen. Mit der Förderung der beruflichen Bildung nach dem AFG soll gerade die Arbeitslosigkeit verhindert oder überwunden, d.h. es soll erreicht werden, daß der Teilnehmer an der Bildungsmaßnahme nicht weiterhin oder nicht wieder als Arbeitsloser auf dem Arbeitsmarkt auftreten muß oder daß er auf diesem Markt seine Arbeitskraft konkurrenzfähiger und beruflich beweglicher anbieten kann. Der Bezug einer Bildungsmaßnahme zum Arbeitsmarkt in diesem Sinne wird demnach nicht bereits durch die Arbeitnehmereigenschaft des Antragstellers als solche, sondern allein dadurch begründet, daß der Arbeitnehmer nach den Umständen des Falles über die passive Mitgliedschaft hinaus als möglicher aktiver Teilnehmer dieses Marktes - nämlich als Anbieter von Arbeitskraft - in Betracht kommt. Demgemäß hat der Senat in seinem Urteil vom 26. August 1975 - 7 RAr 6/74 - bereits entschieden, daß auch bei der beruflichen Weiterbildung eines Arbeitnehmers der erforderliche Bezug zum Arbeitsmarkt im Sinne des AFG dann fehlt, wenn er aufgrund einer besonders geschützten Stellung nicht dem Risiko ausgesetzt ist, seine Arbeitskraft auf diesem Markte anderweit anbieten zu müssen. Hiervon muß im vorliegenden Falle aufgrund der besonderen Rechtsstellung des Klägers als dienstordnungsmäßig Angestellter auf Lebenszeit ausgegangen werden.

Das Dienstverhältnis der DO-Angestellten ist zwar - wie bereits ausgeführt - privatrechtlicher Natur. Jedoch ist nicht zu verkennen, daß sich das DO-Verhältnis auf Lebenszeit allgemein und speziell auch im Falle des Klägers von anderen Angestelltenverhältnissen nicht unwesentlich unterscheidet. Es ist eine Sonderform des bürgerlich-rechtlichen Dienstvertrages im öffentlichen Dienst (vgl. BSGE 2, 53), ein Rechtsverhältnis eigener Art, für das die materielle Annäherung an das Beamtenrecht von jeher charakterisierendes Merkmal war (vgl. Siebeck, Das Dienstrecht der Versicherungsträger, 1961, S. 100 ff.). Dies insbesondere insoweit, als DO-Angestellte im Laufe der Zeit Rechte erhielten, die nur im Beamtenverhältnis üblich waren und daher als dem Beamtentum wesentlich angesehen werden. So z.B. die lebenslängliche Anstellung, das Recht auf Ruhegehalt und Hinterbliebenenfürsorge, deren Übernahme dem DO-Verhältnis ein bei Angestellten sonst nicht übliches Gepräge gibt.

Auch die im Falle des Klägers maßgebliche DO vom 18. Mai 1962 ist durch eine weitgehende Anpassung an das Beamtenrecht gekennzeichnet. Die Voraussetzungen für die Anstellung nach § 2 der DO entsprechen denjenigen für die Begründung eines Beamtenverhältnisses (vgl. §§ 7, 8 BBG). Hinsichtlich der Besoldung (§ 5) 9 Beihilfen, Vorschüsse und Unterstützungen (§ 7) sowie der Rechte und Pflichten der DO-Angestellten (§ 6), insbesondere in bezug auf Unfallfürsorge, Ruhegehalt und Hinterbliebenenversorgung, Eintritt und Versetzung in den Ruhestand, verweist die DO ausdrücklich auf die entsprechenden beamtenrechtlichen Vorschriften.

Die Gewährleistung der Anwartschaft auf Ruhegeld und Hinterbliebenenversorgung hat zur Folge, daß der DO-Angestellte nach § 169 Abs. 1 RVO in der Kranken- und in der Rentenversicherung versicherungsfrei und damit gemäß § 169 Nr. 1 AFG auch beitragsfrei in der Arbeitslosenversicherung ist (Siebeck, a.a.O., S. 120 und für Nordrhein-Westfalen a.a.O., S. 121). Entsprechend dem Schutzgedanken des § 169 RVO, Personen versicherungsfrei zu stellen, die anderweit entsprechend gesichert sind, kann gefolgert werden, daß die DO-Angestellten im Gesetz selbst als gegen das Risiko der Arbeitslosigkeit geschützt angesehen werden. Diese Entscheidung des Gesetzebers entspricht der Rechtsstellung der DO-Angestellten, die sie gegen ihren Willen nur ausnahmsweise verlieren können.

Nach § 10 der DO können gegenüber DO-Angestellten, die ihre Dienstpflichten verletzen, Dienststrafen verhängt werden, darunter u.a. die Dienstentlassung nach näherer Bestimmung des § 11. Nach § 11 ist die Entlassung zulässig:

1.

Wenn der DO-Angestellte seine Einstellung durch wissentlich falsche oder unvollständige Angaben über die Anstellungsvoraussetzungen erschlichen hat,

2.

bei beharrlicher Widersetzlichkeit gegen dienstliche Ordnungen von Vorgesetzten nach vorausgegangenem schriftlichen Verweis,

3.

bei schwerer Verletzung von Dienstpflichten,

4.

wegen unehrenhafter Handlungen, die eine gerichtliche Bestrafung nach sich gezogen haben,

5.

wegen eines sonstigen, auch außerdienstlichen Verhaltens, das den DO-Angestellten der Achtung, des Ansehens oder des Vertrauens, die sein Beruf erfordern, unwürdig erscheinen läßt.

Diese dem Beamtenrecht entlehnte (vgl. § 5 Abs. 1 der Bundesdisziplinarordnung -BDO-) und nach § 699 RVO zulässige strafweise Entlassung ist ihrem Charakter nach kein hoheitliches, sondern satzungsmäßiges Disziplinarrecht (vgl. Siebeck, Das Dienstrecht der Versicherungsträger, S.127 f.). Der praktische Anwendungsbereich des Disziplinarrechts der DO-Angestellten und Beamten ist jedoch völlig identisch. Die strafweise Entlassung eines DO-Angestellten ist nicht schon dann zulässig, wenn der in der DO als Dienstvergehen aufgeführte Tatbestand objektiv vorliegt. Sie kam vielmehr nur auf grobe Dienstvergehen gestützt werden, d.h. auf Verfehlungen, die bei einem Beamten die strafweise Entlassung aus dem Amt zur Folge hätten (vgl. Siebeck, Strafweise Entlassung und Kündigung aus wichtigen Grund, WzS 14. Jahrgang 1960, S. 322; Urteil des Reichsarbeitsgerichts -RAG- vom 14. September 1935, ArbRS, 25, 52). Ein Unterschied ist nur insoweit gegeben, als der DO-Angestellte der sofortigen Entlassung unterliegt (§ 11 Abs. 3 DO), während das Beamtenverhältnis erst nach Abschluß eines förmlichen Disziplinarverfahrens beendet wird. Des weiteren wird eine Beendigung des DO-Verhältnisses gegen den Willen des Angestellten aufgrund der §§ 1 Nr. 1, 6 Nr. 1 und 8 der DO auch in den Fällen der §§ 29 Abs. 1 Nr. 1 und 2, 42 BBG als zulässig angesehen werden müssen. Auch insoweit ergibt sich jedoch keine Besonderheit, die ein Abweichen von den zur Förderung von Beamten aufgestellten Grundsätzen rechtfertigt.

Das Dienstverhältnis der DO-Angestellten auf Lebenszeit kam darüber hinaus allerdings möglicherweise auch durch die Kündigung aus wichtigem Gründe beendet werden, die als typisch arbeitsrechtliches Gestaltungsmittel dem Beamtenrecht fremd ist. Ob das Recht zur Kündigung aus wichtigem Grunde tatsächlich besteht, kann indessen dahingestellt bleiben; denn dieses Recht begründet im Falle der DO-Angestellten jedenfalls nicht ein wesentliches Risiko der Arbeitslosigkeit. Es besteht insoweit gegenüber dem Beamten kein entscheidender Unterschied. Wenn auch die besondere beamtenähnliche Ausgestaltung des DO-Verhältnisses dieses Recht nicht auszuschließen vermag, so ist die Ausgestaltung des DO-Verhältnisses doch geeignet, das Maß zu beeinflussen, das vom Standpunkt einer gerechten Interessenabwägung an die Wichtigkeit des Kündigungsgrundes anzulegen ist.

Die Kündigung aus Gründen, die nicht in der Person des DO-Angestellten liegen, mag zwar nicht völlig ausgeschlossen sein. Sie ist für kündbar Angestellte ausdrücklich vorgesehen, wenn sie infolge Änderung im Bestand der BG oder in deren Geschäftsverwaltung nicht bloß vorübergehend entbehrlich werden (§ 693 Abs. 2 Satz 2 RVO). Dies mag auch für DO-Angestellte auf Lebenszeit gelten. Bei ihnen sind aber zumindest vor der Kündigung nach strengen Maßstäben alle Möglichkeiten für eine anderweitige Beschäftigung auszuschöpfen. Das Risiko ihrer Arbeitslosigkeit wird dadurch weiter verringert, daß bei der Zusammenlegung oder bei der Auflösung von BGen kraft Gesetzes die Gesamtrechtsnachfolge eintritt (§§ 651, 652 RVO).

Was die Gründe zur Kündigung aus wichtigem Grunde in der Person des DO-Angestellten betrifft, so scheidet einer der wichtigsten, nämlich die andauernde Dienstunfähigkeit wegen Krankheit, nach der Bestimmung des § 6 Abs. 1 Nr. 8 der DO wegen der entsprechenden Anwendbarkeit der Vorschriften über den Eintritt und die Versetzung in den Ruhestand von Beamten (§§ 41 ff. BBG) von vornherein aus. Die Verweisung des § 6 Abs. 1 Nr. 8 der DO umfaßt die Vorschrift des § 45 Abs. 2 BBG und gibt damit auch einen Anspruch auf erneute Begründung eines aktiven DO-Verhältnisses nach Wiederherstellung der Dienstfähigkeit (vgl. BAG in AP Nr. 16 zu § 611 DO-Angestellte).

Es bleiben mithin als in der Person des DO-Angestellten liegende Gründe für eine außerordentliche Beendigung im wesentlichen die völlige - nicht krankheitsbedingte - Untüchtigkeit den DO-Angestellten zur Verrichtung der ihm obliegenden Aufgaben oder die völlige Unzuverlässigkeit im Dienst bzw. dienstliche Verfehlungen, die von der strafweisen Entlassung nicht erfaßt werden (vgl. RAG, RAGE 20, 82). Die Möglichkeit der Beendigung aufgrund eines so gearteten Tatbestandes erscheint aber so begrenzt, daß das Risiko der Arbeitslosigkeit als quasi ausgeschlossen betrachtet werden kann.

Unter diesen Umständen ist die Gefahr, daß der Kläger Teilnehmer des Arbeitsmarktes im Sinne des AFG wird, aber so fernliegend, daß die Förderung einer beruflichen Fortbildung als nicht gerechtfertigt erscheint. Gründe, die eine besondere Beurteilung des vorliegenden Falles unter Berücksichtigung der vom Senat zur Förderung von Beamten entwickelten Grundsätze zuließen, sind weder genannt noch erkennbar.

Der Hinweis des Klägers auf eine beabsichtigte Änderung des DO-Rechts läßt keine andere Entscheidung zu. Zwar ist der DO-Angestellte wegen des zwingenden Charakters der DO als Norm des öffentlichen Rechts der jeweils gültigen DO unterstellt. Die zwingende Einwirkung der jeweiligen DO auf den Einzeldienstvertrag führt jedoch nicht zu einer Verkürzung des Besitzstandsschutzes. Sofern eine Verkürzung der bisherigen Rechte nicht bereits durch die regelmäßig übliche Besitzstandsklausel ausgeschlossen wird, gilt der allgemeine Rechtsgrundsatz des § 242 BGB, aufgrund dessen nachteilige Änderungen des Dienstverhältnisses nur insoweit hingenommen werden müssen, als sie angemessen und zumutbar sind (vgl. Brackmann, S. 166 i m.w.N.). Eine grundlegende Veränderung der Rechtsstellung der zur Zeit auf Lebenszeit Angestellten ist daher nicht zu befürchten. Im übrigen ist die Frage der Neuordnung des Dienstrechts der DO-Angestellten nur ein Teilaspekt der allgemeinen Reformdiskussion über die Neuregelung des öffentlichen Dienstes, insbesondere auch des Beamtenverhältnisses. Schon wegen der Ungewißheit der weiteren Entwicklung kann der gegenwärtige Stand der Erörterung keinen Einfluß auf die Entscheidung haben.

Eine Förderung des Studienlehrgangs an der VWA Köln für die Zeit nach Anstellung des Klägers auf Lebenszeit am 1. April 1970 ist danach ausgeschlossen.

Während des vor diesem Ereignis liegenden WS 1969/70 mag der Kläger als Tarifangestellter versicherungspflichtig in der Krankenversicherung und in der Arbeitslosenversicherung gewesen sein. Eine Förderung scheidet aber insoweit aus, weil dieses erste Semester für sich genommen für eine Fortbildung nicht geseignet war. Dabei kann der Senat nicht außer Acht lassen, daß im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht die spätere Einstellung des Klägers auf Lebenszeit bekannt war (vgl. BSG SozR 4100 § 42 AFG Nr. 2).

Die Revision des Klägers kann aus diesen Gründen keinen Erfolg haben und ist mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen.

 

Fundstellen

BSGE, 171

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