Beteiligte

Kläger und Revisionskläger

Beklagte und Revisionsbeklagte

 

Tatbestand

I.

Der Rechtsstreit betrifft Hilfe zur erneuten Beschaffung eines Kraftfahrzeugs.

Der 1961 geborene Kläger ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 100 vH. In seinem Schwerbehindertenausweis sind die Merkzeichen B, G, aG, H und RF festgestellt. Nach dem Erreichen der allgemeinen Hochschulreife 1982 besuchte er nach eigenen Angaben von 1982 bis 1985 eine Hochschule sowie von 1985 bis 1989 eine Fachhochschule und legte eine Prüfung als Diplom-Verwaltungswirt (Berufsausbildung zum gehobenen allgemeinen Verwaltungsdienst) ab. Von Juni 1989 an war der Kläger als Verwaltungsangestellter (BAT VII) bei der Freien und Hansestadt Hamburg beschäftigt.

Während seines Studiums gewährte ihm die Fürsorgestelle für Körperbehinderte eine Eingliederungshilfe von DM 15.900,-- als Beihilfe zum Erwerb eines fabrikneuen Kraftfahrzeugs (Mazda 626 Kombi LX), das im Oktober 1983 zugelassen wurde. Am 28. Februar 1990 beantragte der Kläger bei der beklagten Bundesanstalt (BA) Hilfe zur Beschaffung eines Ersatzfahrzeugs. In einer schriftlichen Stellungnahme vom 25. Juni 1990 aufgrund einer Untersuchung des Altfahrzeugs kam der technische Berater der BA zu dem Ergebnis, daß lediglich Aufwendungen zur Instandsetzung der Kupplung, Beseitigung des Wassereintritts im Kofferraum sowie Erneuerung der Auspuffanlage für die Erhaltung der Betriebsbereitschaft des Fahrzeugs iHv ca DM 1.350,-- erforderlich seien. Unter Berücksichtigung der erforderlichen Reparaturen und der sog Schwackeliste für die Bewertung von Gebrauchtwagen ermittelte er einen tatsächlich zu erzielenden Verkaufserlös von ca DM 3.750,--. Unter technischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten sei es für den Kläger zumutbar gewesen, sein Altfahrzeug weiter zu verwenden.

Bereits vor dieser Stellungnahme erwarb der Kläger am 14. Juni 1990 zum Preis von DM 28.000,-- einen gebrauchten Audi 100, der erstmals am 2. März 1988 zugelassen worden war. Am 15. Juni 1990 verkaufte er seinen alten Kraftwagen nach Reparatur zum Preise von DM 3.500,--.

Mit Bescheid vom 3. August 1990 lehnte die Beklagte den Antrag auf Gewährung der Kraftfahrzeughilfe ab.

Der Kläger machte im Widerspruchsverfahren geltend, sein Altfahrzeug habe inzwischen eine Leistung von 130.000 km erreicht. Ferner sei die Beseitigung von erheblichen Blechschäden erforderlich gewesen. Das Fahrzeug habe auch weitere reparaturbedürftige Mängel an den Radlagern vorn, der Zylinderkopfdichtung sowie der Vorderachse gehabt. Diese Mängel habe der technische Berater der BA nicht festgestellt, weil er das Fahrzeug nur äußerlich untersucht habe. Die erforderlichen Instandsetzungsarbeiten hätten den Wert des Fahrzeugs um mindestens 100 v.H. überschritten, so daß ihm die Reparatur nicht zumutbar gewesen sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 5. März 1991 wies die BA den Rechtsbehelf zurück. Zur Begründung bezog sie sich auf eine weitere Stellungnahme ihres technischen Beraters.

Mit der Klage hat der Kläger geltend gemacht, ein Kraftfahrzeug weise nach Ablauf von fünf Betriebsjahren in der Regel nicht mehr die erforderliche Verkehrssicherheit und wirtschaftliche Funktionsfähigkeit auf. Sein Fahrzeug sei bei Antragstellung bereits sechs Jahre und fünf Monate alt gewesen. Es habe einer risikolosen Beförderung an den Arbeitsplatz nicht mehr dienen können, denn er habe wegen seiner Behinderung mit Hilflosigkeit im Falle einer Panne rechnen müssen.

Das Sozialgericht (SG) hat die BA verurteilt, dem Kläger Hilfe zur Anschaffung des Audi 100 am 14. Juni 1990 zu gewähren. Die vom SG zugelassene Berufung hat die BA eingelegt und geltend gemacht, es gebe keine Vermutung dafür, daß die zumutbare Nutzungsdauer eines Kraftfahrzeuges in der Regel nur fünf Jahre betrage. Tatsächlich hänge die Nutzungsdauer vom Einzelfall ab. Dem Kläger sei die Weiterbenutzung seines Fahrzeugs trotz der notwendigen Reparaturen zuzumuten gewesen.

Das Landessozialgericht (LSG) hat als sachverständigen Zeugen den Kraftfahrzeugmeister W. , der den alten Wagen des Klägers bei der Firma A. -U. gewartet hat, über den Zustand des Wagens sowie den Kraftfahrzeugsachverständigen L. zum gleichen Beweisthema vernommen. Mit Urteil vom 18. Februar 1993 hat das LSG das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen, weil dem Kläger nach dem Beweisergebnis die weitere Nutzung seines alten Fahrzeugs zumutbar gewesen sei. Entgegen der Ansicht des Klägers und des SG ergebe sich aus § 6 Abs. 4 Kraftfahrzeughilfe-Verordnung (KfzHV) nicht, daß der Kläger nach fünfjähriger Nutzung seines bisherigen Fahrzeugs einen Anspruch auf Kraftfahrzeughilfe zur erneuten Beschaffung eines Kraftfahrzeugs habe. Es sei auch nicht davon auszugehen, daß Kraftfahrzeuge nach fünfjähriger Nutzungsdauer technisch oder wirtschaftlich ihren Zweck nicht mehr erfüllten.

Der Kläger hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Er rügt die Verletzung der §§ 4 Abs. 1, 6 Abs. 4 KfzHV. Dazu führt er aus, ihm sei die Benutzung seines Fahrzeugs nach einer Laufleistung von 109.220 km nicht mehr zumutbar gewesen. Aus § 6 Abs. 4 Satz 2 KfzHV ergebe sich, daß der Verordnungsgeber den Zeitraum von fünf Jahren für die übliche Haltungsdauer des Kraftfahrzeugs von Behinderten halte. Nur dieses Verständnis des § 6 Abs. 4 Satz 2 KfzHV werde der schwierigen Lebenssituation Schwerbehinderter gerecht. Es mache einen Unterschied, ob ein Nichtbehinderter mit einem Altfahrzeug liegen bleibe oder er als Schwerstbehinderter. Das LSG verkenne, daß seine Auslegung des § 6 Abs. 4 Satz 2 KfzHV keinen Sinn mache. Das LSG nehme in jedem Falle eine Einzelfallprüfung vor, unabhängig davon, ob die Nutzungsdauer unter oder über fünf Jahren liege. Das sei mit der Sollvorschrift des § 6 Abs. 4 Satz 2 KfzHV jedoch nicht vereinbar.

Der Kläger beantragt (sinngemäß), das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 18. Februar 1993 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 16. Januar 1992 zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Sie vertritt die Ansicht, § 6 Abs. 4 Satz 2 KfzHV enthalte ein grundsätzliches Förderungsverbot vor Ablauf von fünf Jahren seit der letzten Kraftfahrzeugbeschaffung. Allein aufgrund einer Einzelfallprüfung werde dem Grundsatz des § 56 Abs. 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) entsprochen, daß die BA nur die Hilfen zu gewähren habe, die wegen der Art und Schwere der Behinderung zum Erreichen des Rehabilitationszwecks erforderlich seien.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫).

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision des Klägers ist unbegründet; das Urteil des LSG beruht nicht auf einer Gesetzesverletzung. Dem Kläger war im Jahre 1990 die weitere Nutzung seines Altfahrzeugs i.S. des § 4 Abs. 1 KfzHV zumutbar. Aus der Nutzungsdauer von bereits mehr als fünf Jahren läßt sich ein Anspruch auf Hilfe zur erneuten Beschaffung eines Kraftfahrzeugs nach § 6 Abs. 4 Satz 2 KfzHV nicht herleiten.

1. Die vom Kläger erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) ist zulässig, denn bei der beantragten Hilfe zur erneuten Beschaffung eines Kraftfahrzeugs handelt es sich um eine Anspruchsleistung der BA. Nach § 2 Abs. 2 Rehabilitationsangleichungsgesetz (Reha-AnglG) vom 7. August 1974 (BGBl. I, 1881) i.V.m. §§ 56ff. AFG ist die BA Rehabilitationsträger. Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistungen eines Rehabilitationsträgers bestimmen sich im einzelnen nach den für diesen Rehabilitationsträger geltenden besonderen Rechtsvorschriften (§ 9 Abs. 1 Reha-AnglG). Aus der Fassung des § 56 Abs. 1 Satz 1 AFG ("Die BA gewährt"), der die grundlegende Norm für Rehabilitationsleistungen der BA darstellt, sowie des § 56 Abs. 3 AFG ("Die berufsfördernden Leistungen werden … ergänzt") ergibt sich nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ≪BSG≫ (BSGE 41, 241, 244 = SozR 4100 § 57 Nr. 2; SozR 3-4100 § 56 Nr. 10), daß die BA Rehabilitationsleistungen an Behinderte als Anspruchsleistungen erbringt. Gegen ablehnende Bescheide der BA ist damit die Anfechtungs- und Leistungsklage der gegebene Rechtsbehelf.

Damit setzt sich der Senat nicht in Widerspruch zu der Rechtsprechung des 4. Senats des BSG, der im Falle der Ablehnung von Kraftfahrzeughilfe durch den Träger der gesetzlichen Rentenversicherung die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage als richtige Klageart bezeichnet hat (BSG SozR 3-5765 § 10 Nrn 1 und 2). Diese Rechtsprechung beruht darauf, daß sich die Art der Leistungen der Rehabilitation gem § 9 Abs. 1 Reha-AnglG nach den für den jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden besonderen Rechtsvorschriften richten. In der gesetzlichen Rentenversicherung werden aber Rehabilitationsleistungen - wie der 4. Senat des BSG a.a.O. des näheren ausgeführt hat - als Ermessensleistungen erbracht (§§ 9 Abs. 2, 13 Abs. 1 Sozialgesetzbuch - 6. Buch: Gesetzliche Rentenversicherung - ≪SGB VI≫).

Etwas anderes läßt sich auch nicht damit begründen, daß die BA über die Art der zu erbringenden Kraftfahrzeughilfe zu befinden hätte. Ein über die Konkretisierung der durch unbestimmte Rechtsbegriffe festgelegten Anspruchsvoraussetzungen hinausgehender Entscheidungsspielraum steht der BA insoweit nicht zu. Für den hier gegebenen Regelfall wird die Hilfe zur Beschaffung eines Kraftfahrzeugs als Zuschuß geleistet (§ 6 Abs. 1 Satz 1 KfzHV). Die Höhe des Zuschusses richtet sich nicht etwa nach den Aufwendungen für die Beschaffung des Kraftfahrzeugs, sondern nach dem Einkommen des Behinderten (§ 6 Abs. 1 Satz 2 KfzHV). Bei der Auswahl seines Fahrzeugs ist der Behinderte grundsätzlich frei. Eine übermäßige Belastung des Rehabilitationsträgers schließt die Festsetzung des Höchstbetrages von jetzt DM 18.000,-- (§ 5 Abs. 1 KfzHV) und die Begrenzung der Zusatzausstattung durch behinderungsbedingte Erfordernisse aus (§ 7 KfzHV). Gegenüber der BA haben danach Behinderte bei Vorliegen der persönlichen und sachlichen Voraussetzungen (§§ 3, 4 KfzHV) in der Regel einen nach Art und Höhe (§§ 5, 6 KfzHV) begrenzten Anspruch auf Hilfe zur Beschaffung eines Kraftfahrzeugs (BSG SozR 3-4100 § 56 Nrn 8 und 10; vgl. auch: die Begründung des Regierungsentwurfs der KfzHV zu § 4: "Es wird davon ausgegangen, daß der Behinderte, auch unter Berücksichtigung der Folgekosten, sich für ein angemessenes und zweckmäßiges Fahrzeug entscheidet" ≪BR-Drucks 266/87, S. 18≫).

2. Die Zuständigkeit der BA ergibt sich aus § 57 AFG, denn ein anderer Rehabilitationsträger ist für die Gewährung der Kraftfahrzeughilfe nicht zuständig. Der Kläger erfüllt nicht die Voraussetzungen für berufsfördernde Leistungen der Rehabilitation in der gesetzlichen Rentenversicherung. Er ist nach seiner Schulausbildung sowie dem Hochschul- und Fachhochschulbesuch 1989 in das Erwerbsleben eingetreten. Er kann daher die Wartezeit von 15 Jahren (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI) nicht erfüllt haben. Auf diese Wartezeit werden nach § 51 Abs. 1 SGB VI Kalendermonate mit Beitragszeiten angerechnet. Ersatzzeiten kommen für den Kläger nicht in Betracht (§§ 51 Abs. 4, 250 Abs. 1 SGB VI). Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, daß der Kläger eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bezieht (§ 11 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI) oder die Voraussetzungen für berufsfördernde Leistungen des Rentenversicherungsträgers zur Rehabilitation nach § 11 Abs. 2a SGB VI erfüllt wären. Die Zuständigkeit eines sonstigen Trägers der Rehabilitation scheidet im vorliegenden Zusammenhang offensichtlich aus.

3. Gegenüber der BA hatte der Kläger im Jahre 1990 keinen Anspruch auf Hilfe zur erneuten Beschaffung eines Kraftfahrzeugs. Die gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen des § 56 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Nr. 6 AFG i.V.m. §§ 4 Abs. 1 und 2, 6 Abs. 4 Satz 2 KfzHV sind nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG, die der Kläger nicht mit Revisionsrügen angegriffen hat und die deshalb für den Senat bindend sind (§ 163 SGG), nicht gegeben.

3.1 Nach § 4 Abs. 1 und 2 KfzHV setzt Hilfe zur Beschaffung eines Kraftfahrzeugs voraus, daß der Behinderte nicht über ein Kraftfahrzeug verfügt, das den Anforderungen entspricht, die sich im Einzelfall aus der Behinderung ergeben und dessen weitere Benutzung ihm zumutbar ist. Diese Voraussetzungen, die auch für die Hilfe zur Beschaffung eines Ersatzfahrzeugs maßgebend sind, waren nach den Feststellungen des LSG zum Zeitpunkt der Veräußerung des Altfahrzeugs des Klägers - Mazda 626 Kombi LX - und der Beschaffung seines Ersatzfahrzeugs nicht erfüllt. Das Altfahrzeug war den Behinderungen des Klägers entsprechend ausgestattet und in einem verkehrssicheren Zustand. Nach den Feststellungen des LSG bestand zu diesem Zeitpunkt an Zylinderkopfdichtung sowie Achse und Radlagern vorn kein Reparaturbedarf, der den Verkehrswert des Fahrzeugs überstieg und damit die weitere Nutzung des Altfahrzeugs wirtschaftlich unzumutbar machen konnte. Die Rechtsausführungen und tatsächlichen Feststellungen des LSG beziehen sich nicht nur auf die die Zumutbarkeit der weiteren Benutzung des Fahrzeugs etwa ausschließende technische Mängel, sondern auch auf die wirtschaftliche Zumutbarkeit der weiteren Nutzung des Altfahrzeugs. Das entspricht den Merkmalen, von denen der Verordnungsgeber bei Erlaß des § 4 Abs. 1 KfzHV ausgegangen ist (BR-Drucks 266/87, S. 18). Diese Ausführungen enthalten keinen Anhaltspunkt dafür, daß das LSG den Maßstab der Zumutbarkeit i.S. des § 4 Abs. 1 KfzHV verkannt haben könnte. Die Grenzen wirtschaftlich zumutbarer Nutzung von behindertengerechten Kraftfahrzeugen lassen sich wegen der unbestimmten Rechtsbegriffe des § 4 Abs. 1 KfzHV nicht genau festlegen. Sie bedürfen der Konkretisierung. Um Nachteile zu vermeiden, wird der Behinderte sich mit dem zuständigen Sozialleistungsträger ins Benehmen setzen und eine positive Beurteilung der Anspruchsvoraussetzungen des § 4 Abs. 1 KfzHV abwarten, bevor er ein Ersatzfahrzeug anschafft. Er ist dabei nicht von der konkretisierenden Beurteilung der Verwaltung abhängig, weil diese gerichtlicher Kontrolle unterliegt. Im vorliegenden Fall kann diese nicht zum Erfolg führen, weil das LSG das Beweisergebnis ohne Rechtsverstoß dahin gewürdigt hat, daß die weitere Nutzung des Altfahrzeugs dem Kläger auch wirtschaftlich i.S. des § 4 Abs. 1 KfzHV zumutbar war.

Dies gilt auch gegenüber der Erwägung der Revision, der Kläger sei als Behinderter mit außergewöhnlicher Gehbehinderung bei der Benutzung eines Fahrzeugs mit einer Fahrleistung von 110.000 km in nicht zumutbarer Weise der Gefahr einer Panne und damit Hilflosigkeit ausgesetzt. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, daß sich die Kraftfahrzeughilfe auf den behinderungsbedingten Bedarf für die Bewältigung des Arbeitsweges erstreckt, denn die berufsfördernden Leistungen der Rehabilitation einschließlich der Kraftfahrzeughilfe als ergänzende Leistung sind auf die erforderlichen Maßnahmen zur Erreichung oder Sicherung der beruflichen Eingliederung des Behinderten begrenzt (§ 56 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Nr. 6 AFG; vgl. auch: BSG SozR 3-4100 § 56 Nrn 8 und 10). Zum Zeitpunkt der Veräußerung seines Fahrzeugs und der Beschaffung seines Ersatzfahrzeugs war der Kläger in Hamburg ansässig und in Hamburg-Lokstedt beschäftigt. Bei der Teilnahme am Ortsverkehr während des Berufsverkehrs ist aber eine behinderungsbedingte Hilflosigkeit im Falle eines Fahrzeugdefekts auch für einen Behinderten nicht mit wesentlich größeren Schwierigkeiten verbunden als für einen Nichtbehinderten. Ob etwas anderes zu gelten hat, wenn der Behinderte berufsbedingt Langstreckenfahrten zu unternehmen hat, ist hier nicht zu entscheiden. Im übrigen läßt sich dem Risiko von Defekten an Verschleißteilen durch regelmäßige Wartung des Fahrzeugs wirksam vorbeugen. Selbst bei Neuwagen sind Defekte nicht auszuschließen.

3.2 Ein Anspruch auf Hilfe zur erneuten Beschaffung eines Kraftfahrzeugs läßt sich auch nicht nach § 6 Abs. 4 Satz 2 KfzHV begründen. Nach dieser Vorschrift soll nicht vor Ablauf von fünf Jahren seit der Beschaffung des zuletzt geförderten Fahrzeugs Kraftfahrzeughilfe geleistet werden. Der Ansicht der Revision, aus dieser Vorschrift ergebe sich ein Anspruch auf Hilfe zur erneuten Beschaffung eines Kraftfahrzeugs nach Ablauf von fünf Jahren ohne Rücksicht auf die Funktionsfähigkeit des vorhandenen Fahrzeugs steht schon der Wortlaut dieser Regelung entgegen. Sie hat - wie das BSG bereits entschieden hat - einschränkenden Charakter (BSG SozR 3-4100 § 56 Nr. 8). Vor Ablauf von fünf Jahren ist die Unzumutbarkeit der weiteren Benutzung eines Fahrzeugs im Regelfall mit wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht begründbar. Als Sollvorschrift läßt § 6 Abs. 4 Satz 2 KfzHV eine erneute Förderung vor Ablauf der Frist zu, wenn diese im Einzelfall- die Begründung des Regierungsentwurfs nennt als Beispielsfall u.a. "außergewöhnlich hohe Beanspruchung" - gerechtfertigt erscheint (BR-Drucks 266/87, S. 24). Die durch die amtliche Begründung belegte Zielsetzung der Vorschrift steht der von der Revision in Anspruch genommenen Auslegung entgegen. Entgegen einer teilweise auch im Schrifttum vertretenen Ansicht (vgl. Henjes Amtl Mitt LVA Rheinprovinz 1988, 123ff.) geht die Verordnung nicht davon aus, daß die weitere Nutzung eines Kraftfahrzeugs nach Ablauf von fünf Jahren seit der Erstzulassung grundsätzlich nicht mehr zumutbar ist. Auch nach einer Nutzungsdauer von fünf Jahren richtet sich die Kraftfahrzeughilfe nach der technischen und wirtschaftlichen Zumutbarkeit der weiteren Nutzung eines vorhandenen Fahrzeugs. Für den Satz, daß Kraftfahrzeuge - einerlei welcher Herkunft - für Behinderte nur eine zumutbare Nutzungsdauer von fünf Jahren haben, besteht kein hinreichender Anhaltspunkt. Die erörterten Feststellungen des LSG zur wirtschaftlichen und technischen Zumutbarkeit der weiteren Nutzung des Altfahrzeugs des Klägers widerstreiten der Annahme eines solchen Satzes. Dieses Ergebnis wird durch eine weitere Überlegung bestätigt. Nach § 4 Abs. 3 KfzHV kann auch die Beschaffung eines geeigneten (§ 4 Abs. 2 KfzHV) Gebrauchtwagens gefördert werden, sofern sein Verkehrswert mindestens 50 v.H. des seinerzeitigen Neuwagenpreises beträgt. Diese Regelung belegt, daß der Verordnungsgeber von einer längeren Nutzungsdauer behinderungsgerechter Fahrzeuge als fünf Jahren ausgeht, denn eine Minderung von 50 v.H. des Neuwertes setzt eine erhebliche Nutzungsdauer voraus. Die abweichende Auslegung des § 6 Abs. 4 Satz 2 KfzHV wäre auch nicht mit dem Grundsatz des Rehabilitationsrechts vereinbar, wonach nur auf die nach Art oder Schwere der Behinderung erforderlichen Hilfe Anspruch besteht (§ 56 Abs. 1 Satz 1 AFG).

Die Revision des Klägers kann nach alledem keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI518132

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt SGB Office Professional . Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge