Leitsatz (amtlich)

1. Für einen Rechtsstreit gegen die Entziehung der Zulassung als Knappschaftsarzt ist der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gegeben (SGG § 51 Abs 1 und Abs 2 S 1).

2. Der Knappschaftsversicherungsträger ist berechtigt, einem Knappschaftsarzt, der ohne seine Zustimmung aus dem Bereich des ihm zugewiesenen Knappschaftsarztsitzes wegzieht, die Zulassung zu entziehen.

 

Leitsatz (redaktionell)

Gegen den Entziehungsbescheid kann der Knappschaftsarzt Widerspruch einlegen, über den eine von der Vertreterversammlung, bestimmte Stelle (Widerspruchsstelle, SGG § 85 Abs 2 Nr 2) entscheidet; besteht keine solche Stelle, so kann ohne Vorverfahren gegen den Entziehungsbescheid geklagt werden.

 

Normenkette

SGG § 51 Abs. 1, 2 S. 1; RKG § 204; SGG § 85 Abs. 2 Fassung: 1953-09-03, § 78 Fassung: 1953-09-03

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 25. April 1973 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der - auch zur Kassenpraxis zugelassene - Kläger war seit 1954 für die Ruhrknappschaft, die Rechtsvorgängerin der Beklagten, als Knappschafts-Facharzt auf dem Gebiet der Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten tätig. Zu dem ihm von der Ruhrknappschaft zugewiesenen Facharztbezirk (Sprengel) gehörte eine inzwischen stillgelegte Zeche. Mit der Begründung, durch die Stillegung der Zeche werde seine berufliche Existenz gefährdet und außerdem sei ihm der Mietvertrag über seine Praxisräume gekündigt worden, verlegte der Kläger ohne Zustimmung und gegen den Widerstand der Beklagten am 1. April 1967 seine Facharztpraxis aus dem ihm zugewiesenen Sprengel.

Die daraufhin von der Geschäftsführung der Ruhrknappschaft ausgesprochene sofortige Entlassung des Klägers aus dem Knappschaftsarztverhältnis war Gegenstand eines - nicht mehr anhängigen - sozialgerichtlichen Verfahrens. Damals war u.a. streitig, ob ein Widerruf der Entlassung bei Rückkehr des Klägers in den Sprengel binnen einer vereinbarten Frist von vier Wochen auch dann noch auszusprechen sei, wenn es ihm nicht innerhalb der Frist, sondern erst später gelingen sollte, Praxisräume im Bereich seines Sprengels anzumieten. Das Verfahren endete mit einem vor dem Landessozialgericht (LSG) geschlossenen Vergleich. Danach verpflichtete sich die Beklagte, die inzwischen Rechtsnachfolgerin der Ruhrknappschaft geworden war, eine Entscheidung ihres Vorstandes über den Fortbestand des streitigen Knappschaftsarztverhältnisses herbeizuführen.

Der Vorstand der Beklagten bestätigte in seiner Sitzung am 29. Januar 1970 die Entscheidung seiner Rechtsvorgängerin über die Entlassung des Klägers aus dem Knappschaftsarztverhältnis (mitgeteilt dem Kläger am 18. Februar 1970 durch die Geschäftsführung und am 18. März 1971 durch den Vorsitzenden des Vorstands der Beklagten).

Nach Weigerung der Beklagten, über den Widerspruch des Klägers gegen diesen Beschluß zu entscheiden, hat das Sozialgericht (SG) Gelsenkirchen den Vorstandsbeschluß aufgehoben (Urteil vom 3. November 1971). Das LSG für das Land Nordrhein-Westfalen hat das Urteil des SG geändert und die Klage abgewiesen (Urteil vom 25. April 1973).

Das LSG hat - wie das SG und entgegen der Ansicht der Beklagten - die Entlassung des Klägers aus dem Knappschaftsarztverhältnis als eine Angelegenheit des Kassenarztrechts (§ 51 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) angesehen und für diesen Rechtsstreit den Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit (§ 51 Abs. 1 SGG) für gegeben erachtet. Trotz fehlenden Vorverfahrens sei die Klage zulässig, da die Beklagte, die das Verhältnis zwischen Knappschaft und Knappschaftsarzt rein privatrechtlich bewerte, die Durchführung des Widerspruchsverfahrens verweigert habe. In der Sache selbst habe die Beklagte zu Recht dem Kläger die Zulassung als Knappschaftsarzt entzogen. Nach dem Wesen des Sprengelsystems beziehe jede Zulassung sich nur auf einen bestimmten Sprengel, innerhalb dessen Grenzen der Arztsitz zu liegen habe. Die Entziehung der Zulassung sei gerechtfertigt, wenn - wie hier - der Arzt den Sitz seiner Praxis aus dem Bereich des zugewiesenen Sprengels verlege. Entgegen der Ansicht des SG sei die Entscheidung der Beklagten auch nicht deshalb als ermessensfehlerhaft aufzuheben, weil die Beklagte ihre Entscheidung nicht als Maßnahme auf dem Gebiete des öffentlichen Rechts - hier des Sozialversicherungsrechts - angesehen habe. Gleichwohl habe diese sachlich das veranlaßt, wozu sie öffentlich-rechtlich verpflichtet gewesen sei.

Mit seiner - vom LSG zugelassenen - Revision rügt der Kläger die Verletzung des § 204 Abs. 1 des Reichsknappschaftsgesetzes (RKG). Die Beklagte habe treuewidrig eine Verlängerung der dem Kläger damals gesetzten Frist zur Rückkehr in den Sprengel verweigert und zudem die Entlassung zu einem Zeitpunkt ausgesprochen, als die Frist noch nicht abgelaufen gewesen sei. Der Beschluß des Vorstandes über die Entlassung des Klägers sei ermessensfehlerhaft, weil die Beklagte bewußt nur habe privatrechtlich handeln wollen. Darüber hinaus könne die Verlegung des Arztsitzes aus dem Bereich des ursprünglichen Sprengels nicht mehr die Entziehung der Zulassung rechtfertigen, nachdem das Sprengelsystem nicht mehr gelte und die Knappschaftsversicherten den Arzt frei wählen könnten. Schließlich erblicke die Revision in der Entlassung des Klägers aus dem Knappschaftsarzt-Verhältnis eine Verletzung des Rechts des Klägers zur freien Berufswahl (Art. 12 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes - GG -).

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 25. April 1973 aufzuheben und die Berufung der Beklagten zurückzuweisen,

hilfsweise die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision des Klägers zurückzuweisen.

Zwar seien ihre Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit des Rechtsweges durch das Urteil des LSG nicht ausgeräumt. Sachlich halte sie aber das Urteil des LSG für zutreffend.

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und auch nichts vorgetragen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

Zutreffend sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, daß der vorliegende Rechtsstreit eine Angelegenheit des Kassenarztrechts betrifft, für die der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gegeben ist (§ 51 Abs. 2 Satz 1 iVm Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -). Daß der Streit um die Zulassung zur knappschaftsärztlichen Versorgung eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit in Angelegenheiten des Kassenarztrechts mit der hierfür in § 51 Abs. 1 und 2 SGG vorgesehenen Rechtswegfolge betrifft, hat der erkennende Senat bereits mehrfach entschieden (BSG 21, 104, 105 ff; Urteil vom 7. Dezember 1966 - 6 RKa 3/64 in Sozialgerichtsbarkeit 1968, 124). Dabei ist nach der Zweistufigkeitslehre zwischen der grundlegenden Zulassungsentscheidung, die die Verwaltung in Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben und in Ausübung staatlicher Hoheitsgewalt mit dem ihr hierfür zur Verfügung stehenden Instrument des Verwaltungsakts trifft, und dem Durchführungsgeschäft zu unterscheiden, bei dem die Verwaltung auf den Boden des Privatrechts treten kann. Diese beiden Stufen des Verwaltungshandelns sind auch dann in ihrer Bedeutung und in ihren Rechtsfolgen verschieden zu beurteilen, wenn sie in der praktischen Handhabung durch die Verwaltung zu einem einheitlichen Lebensvorgang verschmolzen sind (BSG 21, 104, 109).

Die neuere Entwicklung im Bereich der ärztlichen Versorgung der Knappschaftsversicherten hat die Gründe für die Beurteilung der Zulassungsentscheidung als Verwaltungsakt noch verstärkt. Seitdem die Knappschaftsversicherten, was die Wahrnehmung ihrer Rechte auf ärztliche Behandlung betrifft, die freie Wahl zwischen Kassenärzten und Knappschaftsärzten haben (erstmals festgelegt im Vertrag zwischen der Bundesknappschaft und den Spitzenverbänden der Knappschaftsarztvereine vom 12. April 1972; abgedruckt in Hoffmann, "Ärztliches Gebühren- und Vertragsrecht", Teil 7 c, S. 16 1 ) und somit beide Arztgruppen gleichermaßen an der ärztlichen Versorgung der Knappschaftsversicherten nach den gleichen Grundsätzen für die Gewährung von Versicherungsleistungen beteiligt sind, ist die Verzahnung und inhaltliche Übereinstimmung der knappschaftlichen Krankenversicherung mit der allgemeinen gesetzlichen Krankenversicherung noch deutlicher geworden. Ebenso zeigt die in Abschn. II des Vertrags vom 5. Mai 1971 zwischen denselben Vertragspartnern getroffene Regelung über die Mitwirkung des Bundesverbands der Knappschaftsärztevereine bei der Planung von Arztsitzen, der Zulassung und Beteiligung von Knappschaftsärzten sowie der Entziehung der Zulassung (Hoffmann aaO), daß die Beteiligten sich stärker als bisher der besonderen Natur der statusbegründenden Entscheidungen des Knappschaftsarztverhältnisses bewußt geworden sind.

Wie die letztgenannte Regelung zeigt, die die Zulassung und die Entziehung der Zulassung für gleichermaßen mitwirkungsbedürftig erklärt, kann die Entziehung der Zulassung, was ihre Rechtsnatur betrifft, nicht anders als die Zulassung beurteilt werden; sie ist deren Gegenstück. Schon vom Rechtsschutzbedürfnis her muß die Entziehung der Zulassung unter denselben Sicherungen wie die Zulassung selbst stehen, d.h. in diesem Fall als Verwaltungsakt gewertet werden. So wenig auch das eigentliche Zulassungsrecht bei der Beklagten ausgebildet ist, unterscheidet die Beklagte doch zwischen der "Entlassung" für den Fall, daß der Knappschaftsarzt "durch Handlungen oder Unterlassungen gegen den Wortlaut und Sinn dieses Vertrags verstößt oder sein sonstiges Verhalten nicht sach- oder pflichtgemäß ist" (§ 11 Abs. 2 des Knappschaftsarztvertrags), und der "Kündigung" des Vertrags aus einem in der Person des Knappschaftsarztes liegenden wichtigen Grund (§ 12 Abs. 2 Satz 2 des Knappschaftsarztvertrags). Daß die Ruhrknappschaft in ihrer Entlassungsverfügung vom 4. April 1967, die später vom Vorstand der Beklagten bestätigt wurde, die beiden Tatbestände der Entlassung und der Kündigung aus wichtigem Grund unter Berufung auf §§ 11 und 12 des mit dem Kläger geschlossenen Vertrages miteinander vermengt hat, bestätigt nur die schon erwähnte Erfahrung, daß beide Stufen des Verwaltungshandelns - das hoheitliche und das privatrechtliche - in der Praxis nicht selten zu einem einheitlichen Lebensvorgang verschmolzen sind. Dessen ungeachtet ist in diesem Rechtsstreit nur die Rechtmäßigkeit der Entlassung im Sinne der Entziehung der Zulassung zu prüfen. Für diese Streitigkeit ist der Sozialrechtsweg gegeben.

Zutreffend hat das LSG die Entlassungsverfügung als Verwaltungsakt gedeutet und dabei mit Recht nicht auf die hiermit nicht vereinbare Beurteilung ihres Verwaltungshandelns durch die Beklagte, sondern darauf abgestellt, wie sich dieses Handeln objektiv nach den hierfür gegebenen rechtlichen Maßstäben darstellt. Die Anfechtungsklage setzt somit nach § 80 Nr. 1 SGG ein Vorverfahren voraus (vgl. hierzu BSG 25, 120, 121 f), das hier infolge der unzutreffenden - rein privatrechtlichen - Beurteilung der Entlassungsverfügung durch die Beklagte unterblieben ist. Die Beklagte hätte nämlich für das Vorverfahren in Zulassungssachen eine - dem Berufungsausschuß im Kassenarztrecht entsprechende (vgl. § 368 b Abs. 6 und 7 der Reichsversicherungsordnung - RVO -) - Widerspruchsstelle einrichten müssen, wobei die Vertreterversammlung (vgl. § 85 Abs. 2 Nr. 2 SGG) darüber hätte entscheiden müssen, ob die schon für krankenversicherungsrechtliche Streitsachen bestimmte Widerspruchsstelle die Aufgabe der Entscheidung in Zulassungssachen mitübernehmen soll oder hierfür eine besondere Widerspruchsstelle einzurichten ist. Wie das LSG zu Recht erwogen hat, darf jedoch aus der unrechtmäßigen Unterlassung der Einsetzung einer Widerspruchsstelle einem durch einen Verwaltungsakt der beklagten Verwaltung beschwerten Beteiligten kein Rechtsnachteil erwachsen (BSG 7, 292, 294); das gilt jedenfalls so lange, als die Verwaltung begründete Zweifel über das Ob und Wie der Errichtung der Widerspruchsstelle haben konnte (vgl. BSG, Urteil vom 20. Februar 1968 - 6 RKa 3/66 - in SozR § 85 SGG, Nr. 8). Im vorliegenden Fall ist der Beklagten zugute zu halten, daß der Senat in seinen bisher ergangenen Entscheidungen in Zulassungssachen von Knappschaftsärzten das Erfordernis des Vorverfahrens nicht behandelt hat. Die Klage ist daher in diesem Falle auch ohne Durchführung des Vorverfahrens zulässig.

Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Entziehung der Zulassung ist rechtmäßig, weil der Kläger den ihm zugewiesenen Arztsitz ohne Einverständnis der Beklagten verlassen hat. Ähnlich wie im Kassenarztrecht (§ 368 a Abs. 7 RVO; § 14 Abs. 1 und 2 Zulassungsordnung Ärzte - Zo-Ärzte -) geht das Knappschaftsarztsystem von dem Grundsatz der Bindung der Zulassung an einen bestimmten Arztsitz aus. Obwohl im Kassenarztrecht der Kassenarztsitz nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 23. März 1960 zur Nichtigerklärung des § 368 a Abs. 1 Satz 1 RVO (BVerfG 11, 30) seine Bedeutung als dirigistisches Planungsinstrument weitgehend verloren hatte, ist er wegen seiner vielfältigen Ordnungsfunktionen unentbehrlicher Bestandteil des Zulassungssystems geblieben (vgl. BSG 20, 86, 88), insbesondere mit der hierin enthaltenen Verpflichtung des Kassenarztes, am Kassenarztsitz seine Sprechstunde zu halten und seine Wohnung so zu wählen, daß er für die ärztliche Versorgung der Versicherten an seinem Kassenarztsitz zur Verfügung steht (§ 14 Abs. 2 ZO-Ärzte; vgl. hierzu Urteil des BSG vom 27. Januar 1965 - 6 RKa 14/64 - in SozR § 368 a RVO, Nr. 27). Daher ist auch die Vorschrift (§ 368 a Abs. 7 RVO), daß die Zulassung u.a. mit dem Wegzug des Berechtigten aus dem Bezirk des ihm zugewiesenen Kassenarztsitzes endet, uneingeschränkt in Geltung geblieben (Urteil des BSG vom 24. März 1971 - 6 RKa 9/70 - in SozR § 368 a RVO, Nr. 34).

Wenn aber aus den genannten Gründen der Kassenarztsitz trotz der weitgehenden Liberalisierung des Kassenarztrechts seine Bedeutung behalten hat, muß das erst recht vom Knappschaftsarztsitz gelten. Zwar sind auch die strengen Bindungen im System der knappschaftsärztlichen Versorgung stark gelockert worden (seit 1. Januar 1970 für die Knappschaftsversicherten freie Wahl unter den zugelassenen Knappschaftsärzten und Inanspruchnahme bestimmter Knappschaftsfacharztgruppen ohne vorherige Überweisung durch den praktischen Knappschaftsarzt; seit 1. Juli 1972 die Möglichkeit der Inanspruchnahme auch von Kassenärzten). Dessen ungeachtet ist jedoch die Aufrechterhaltung "eines funktionstüchtigen Knappschaftsarztsystems" (so der Vertrag zwischen der Bundesknappschaft und den Spitzenverbänden der Knappschaftsärztevereine vom 12. April 1972; abgedruckt bei Hoffmann aaO, Teil 7 c, S. 16 1 ) zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung der Knappschaftsversicherten vor allem in Gebieten, in denen eine ärztliche Unterversorgung droht oder schon festzustellen ist, von besonderer Bedeutung geblieben (vgl. hierzu Urteil des BSG vom 7. Dezember 1966 - 6 RKa 3/64 - in Sozialgerichtsbarkeit 1968, 124, 127). Gerade unter diesem Gesichtspunkt erweist sich das Knappschaftsarztsystem mit seinen Grundelementen der vorausschauenden Planung und der gezielten Zulassung als ein wirksames Instrument einer bedarfsgerechten ärztlichen Versorgung der Knappschaftsversicherten. Unerläßlicher Bestandteil dieses Systems aber, wenn es funktionstüchtig bleiben soll, ist die Bindung des Knappschaftsarztes an den Arztsitz, für den er zugelassen ist. Die eigenmächtige Aufgabe dieses Arztsitzes berechtigt den Versicherungsträger zur Entziehung der Zulassung ("Entlassung" i.S. des § 11 Abs. 2 Nr. 3 des Knappschaftsarztvertrags).

Die Bindung an den Arztsitz der Zulassung verletzt entgegen der Meinung des Klägers auch nicht sein Grundrecht auf freie Wahl seines Berufs oder Arbeitsplatzes (Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG). Es war diesem unbenommen, sich - wie geschehen - einen neuen "Arbeitsplatz" zu wählen, allerdings nur unter Inkaufnahme von Rechtsfolgen, die sich aus der Verletzung von ihm freiwillig eingegangener Verpflichtungen ergeben.

Ob und unter welchen Voraussetzungen die Versagung der Genehmigung zur Verlegung des Arztsitzes seitens der Beklagten rechtsmißbräuchlich sein kann, braucht hier nicht erörtert zu werden. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgängerin die Genehmigung zur Verlegung des Arztsitzes erst verweigert, nachdem sie sich vergewissert hatte, daß an dem Arztsitz der Zulassung nach wie vor ein HNO-Facharzt für die Versorgung der Knappschaftsversicherten gebraucht wurde.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 SGG.

 

Fundstellen

BSGE, 40

NJW 1975, 605

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