Leitsatz (amtlich)

1. Die Klage eines Arztes gegen eine Knappschaft mit dem Antrag, ihn zur knappschaftsärztlichen Versorgung zuzulassen, betrifft eine "Angelegenheit des Kassenarztrechts" (SGG § 10 Abs 2, SGG § 31 Abs 2, SGG § 40 S 2). Bei der Entscheidung wirken als ehrenamtliche Beisitzer je ein Sozialrichter (Landessozialrichter, Bundessozialrichter) aus den Kreisen der Krankenkassen und der Kassenärzte mit (SGG § 12 Abs 3 S 1).

2. Die Entscheidung der Knappschaft über den Antrag auf Zulassung zur knappschaftsärztlichen Versorgung stellt einen Verwaltungsakt dar. Ein Rechtsstreit, der auf Aufhebung eines solchen Verwaltungsakts und Verpflichtung der Knappschaft zur Zulassung als Knappschaftsarzt gerichtet ist, betrifft somit eine "öffentlich-rechtliche Streitigkeit", für die der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gegeben ist (SGG § 51 Abs 1).

3. Läßt eine Knappschaft zur ärztlichen Versorgung ihrer Versicherten und deren Angehörigen nur eine bestimmte Zahl von durch Dienstvertrag verpflichteten Ärzten zu ("Sprengelärzte"), so verstößt sie damit nicht gegen das GG (GG Art 2, GG Art 3, GG Art 12) und verletzt auch nicht ihre Verpflichtung, die knappschaftliche Krankenversicherung nach den Vorschriften der RVO und des RKG durchzuführen (RKG § 20).

 

Normenkette

SGG § 10 Abs. 2 Fassung: 1953-09-03, § 12 Abs. 3 S. 1 Fassung: 1953-09-03, § 31 Abs. 2 Fassung: 1959-09-03, § 40 S. 2 Fassung: 1959-09-03, § 51 Abs. 1 Fassung: 1959-09-03; GG Art. 2 Fassung: 1949-05-23, Art. 3 Fassung: 1949-05-23, Art. 12 Fassung: 1956-03-19; RKG §§ 20, 204

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 12. September 1961 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens nicht zu erstatten.

Von Rechts wegen.

 

Gründe

I

Der Kläger ist seit 1946 als praktischer Arzt in Dortmund niedergelassen. Er ist als Kassenarzt zugelassen. In den Jahren 1946, 1951 und 1958 hatte er sich vergeblich bei der beklagten Ruhrknappschaft um die Bestellung zum Knappschaftsarzt bemüht.

Mit Schreiben vom 10. Mai 1960 hatte sich der Kläger erneut um "Zulassung als Knappschaftsarzt" beworben. Bei einer Vorsprache im Juni 1960 bei der Geschäftsführung der beklagten Ruhrknappschaft war ihm zugesichert worden, seine Bewerbung würde bei der demnächst stattfindenden Neubesetzung eines frei gewordenen Knappschaftsarztbezirks in Dortmund-Dorstfeld zur Wahl gestellt werden. Mit Schreiben vom 30. Juli 1960 teilte ihm die Geschäftsführung der beklagten Ruhrknappschaft mit, die Wahl des Vorstands sei auf einen anderen Bewerber gefallen. Der Kläger sah dieses Schreiben nicht als Erledigung seines Antrages vom 10. Mai 1960 an und bat mit Schreiben vom 30. September 1960 um einen rechtsmittelfähigen Bescheid. Die Geschäftsführung der Ruhrknappschaft erwiderte mit Schreiben vom 12. Oktober 1960, durch das Kassenarzt-Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 23. März 1960 (BVerfG 11, 30) sei die Sonderstellung der Knappschaft, ihr Verhältnis zu den Ärzten in eigener Zuständigkeit zu regeln, nicht berührt; gegen die Entscheidung des Knappschafts-Vorstands über die Besetzung von Knappschaftsarztstellen sei ein Rechtsmittel nicht gegeben.

Mit der Klage vor dem Sozialgericht (SG) hat der Kläger geltend gemacht, er habe als niedergelassener Arzt, der für die Tätigkeit eines Knappschaftsarztes voll geeignet sei, einen Anspruch auf Zulassung zu dieser Tätigkeit. Seine Eignung hierfür werde durch seine Betätigung als Kassenarzt nicht in Frage gestellt, da seine Arbeitskraft durch seine - unterdurchschnittliche - Kassenpraxis nicht voll in Anspruch genommen sei. Die ablehnenden Erklärungen der beklagten Ruhrknappschaft vom 30. Juli und 12. Oktober 1960 stellten Verwaltungsakte dar. Er hat beantragt,

die genannten Verwaltungsakte aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihn als Sprengelarzt in Dortmund-Dorstfeld zuzulassen.

Die beklagte Ruhrknappschaft hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Nach ihrer Auffassung ist das zwischen ihr und den Knappschaftsärzten bestehende Rechtsverhältnis bürgerlich-rechtlicher Art; für hieraus entstandene Streitigkeiten sei der Sozialrechtsweg nicht gegeben.

Das SG hat - in der Besetzung mit je einem Sozialrichter aus den Kreisen der Krankenkassen und der Kassenärzte - die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs abgewiesen (Urteil vom 20. Januar 1961).

Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt mit dem Antrag,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, ihn zur knappschaftlichen Versorgung zuzulassen.

Er ist der Meinung, daß es sich entgegen der Auffassung des SG um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit in Angelegenheiten der Sozialversicherung handele, so daß der Sozialrechtsweg gegeben sei.

Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen; die Revision wurde zugelassen (Urteil vom 12. September 1961). Es hat in der Besetzung mit je einem Landessozialrichter aus den Kreisen der Krankenkassen und der Kassenärzte entschieden. Nach Auffassung des LSG ist der Sozialrechtsweg gegeben, weil der Rechtsstreit eine öffentlich-rechtliche Angelegenheit der Sozialversicherung betreffe. Der Kläger wolle weder als Gleichberechtigter mit der beklagten Ruhrknappschaft einen Vertrag schließen noch sich auf einen solchen Vertrag stützen; er strebe vielmehr eine im öffentlichen Recht wurzelnde Rechtsposition an. Die Klage sei jedoch sachlich unbegründet, weil dem Kläger kein Anspruch auf Teilnahme an der knappschaftlichen Krankenversicherung zustehe. Die Rechtslage auf dem Gebiet der Knappschaftsversicherung sei mit der im Kassenarztrecht, das einem Arzt bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen eine Anspruch auf Zulassung einräume, nicht vergleichbar. Das BVerfG habe bei seinem Urteil vom 23. März 1960 entscheidend darauf abgestellt, daß angesichts des hohen Anteils der in der gesetzlichen Krankenversicherung (KrV) Versicherten an der Gesamtbevölkerung einem niedergelassenen Arzt die sinnvolle Ausübung des Arztberufs nur noch möglich sei, wenn er Zugang zur ärztlichen Versorgung dieser Versicherten habe. Bei einem Verhältnis von 20 1/2 Mill. Pflichtmitgliedern der RVO-Kassen (§ 225 der Reichsversicherungsordnung - RVO -) zu rd. 1,4 Mill. Pflichtmitgliedern der knappschaftlichen KrV habe die Betätigung als Knappschaftsarzt jedoch für die Ausübung des Arztberufs nicht die gleiche Bedeutung wie die als Kassenarzt. Zwar sei es möglich, daß der Anteil der Knappschaftsversicherten in der Gegend, in der sich der Kläger niedergelassen habe, besonders hoch sei. Doch komme es in diesem Zusammenhang nicht auf die persönlichen Verhältnisse des Klägers, sondern auf die allgemeine Situation an. Daß die Knappschaftsärzte als Kassenärzte zugelassen würden, aber nicht umgekehrt die Kassenärzte als Knappschaftsärzte, verstoße nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes - GG -), weil die genannten Ärztegruppen verschiedenen Ordnungssystemen angehörten. Der Knappschaftsarzt stehe in einem Dienstverhältnis zur Knappschaft; der Kassenarzt sei durch die Mitgliedschaft bei einer Kassenärztlichen Vereinigung in eine öffentlich-rechtliche Ordnung eingegliedert.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger Revision eingelegt mit dem Antrag,

die Urteile des LSG und des SG aufzuheben und die beklagte Ruhrknappschaft zu verurteilen, den Kläger zur knappschaftlichen Versorgung zuzulassen.

Der Kläger hat gerügt, § 103 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) sei verletzt, weil das LSG sich bei den von ihm im angefochtenen Urteil verwerteten Zahlen über die Pflichtmitglieder bei den RVO-Kassen und Knappschaften mit Angaben aus den "Arbeits- und sozialstatistischen Mitteilungen 1960" begnügt habe; es hätte ein Sachverständigengutachten eingeholt werden müssen. In sachlich-rechtlicher Hinsicht macht der Kläger geltend, das Sprengelarztsystem der Knappschaften sei eine Zulassungsregelung, ähnlich der in §§ 368 ff RVO. Wenn für jeden Sprengel nur sehr beschränkt Knappschaftsärzte zugelassen würden, so sei das der Sache nach nichts anderes, als wenn die Zulassung von einer Verhältniszahl abhängig gemacht werde. Dieses Sprengelarztsystem sei mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar. Die den Knappschaften in § 204 des Reichsknappschaftsgesetzes (RKG) erteilte Ermächtigung, ihr Verhältnis zu den Ärzten in eigener Zuständigkeit nach den örtlichen Verhältnissen zu regeln, sei nicht unbeschränkt zu verstehen, sondern enthalte die vom BVerfG in seiner Entscheidung vom 23. März 1960 festgestellten Beschränkungen. Der Knappschaftsarzt sei freiberuflich tätig. Diese Berufsausübung werde dem Kläger unter Verletzung seines Grundrechts auf freie Berufsausübung verwehrt, wenn er nicht als Knappschaftsarzt zugelassen werde. Zu Unrecht habe das LSG in diesem Zusammenhang auf allgemein in der Bundesrepublik geltende Zahlenverhältnisse abgestellt es komme vielmehr auf die Verhältnisse im Bereich der beklagten Ruhrknappschaft oder im Niederlassungsbereich des Klägers an. Ferner verstoße die Versagung der Zulassung zur knappschaftsärztlichen Versorgung gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG); denn die unterschiedliche Behandlung der Ärzte in der Zulassung zur knappschaftsärztlichen oder kassenärztlichen Versorgung sei nicht durch sachliche Erwägungen gerechtfertigt.

Die beklagte Ruhrknappschaft hat beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an den Senat für Angelegenheiten der Knappschaftsversicherung des LSG zurückzuverweisen,

hilfsweise,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hat gerügt, zu Unrecht habe das LSG den Rechtsstreit als Angelegenheit des Kassenarztrechts angesehen und die Zuständigkeit des Kassenarztsenats angenommen. In Wahrheit verfolge der Kläger das Ziel, als Sprengelarzt angestellt zu werden. Dieser Anspruch habe aber allein seine Grundlage in § 204 RKG und berühre nicht das Kassenarztrecht i. S. d. RVO (§§ 368 ff RVO). Mit den Beziehungen zwischen Ärzten und Krankenkassen, die § 51 Abs. 2 SGG als Angelegenheit des Kassenarztrechts bezeichne, seien nur die Beziehungen zu den in § 225 RVO genannten Kassen gemeint. Selbst wenn man aber Ersatzkassen hierzu rechne, könne das gleiche nicht für die Knappschaften gelten. Wären die Kassenarztsenate für die Entscheidung des Rechtsstreits zuständig, so könnten weder Knappschaftsärzte noch Vertreter der Knappschaften als ehrenamtliche Beisitzer an der Entscheidung mitwirken; es wären demnach Personen von der Urteilsfindung ausgeschlossen, die besonders berufen wären, über das Wesen der knappschaftlichen Versicherung Aufschluß zu geben. Deshalb sei der Knappschaftssenat des LSG zuständig gewesen. Für das Bundessozialgericht (BSG) gelte das gleiche.

Ferner habe das LSG zu Unrecht angenommen, für den vorliegenden Rechtsstreit sei der Sozialrechtsweg gegeben. Der Kläger begehre den Abschluß eines Dienstvertrages nach §§ 611 ff des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Es handele sich somit nicht um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit i. S. des § 51 Abs. 1 SGG.

Auf jeden Fall sei die zusammengefaßte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage unbegründet. Die Beklagte sei nicht verpflichtet, jeden zur Behandlung von Knappschaftsversicherten bereiten Arzt als Sprengelarzt anzustellen. Der Gesetzgeber habe wegen der Sonderstellung des Bergbaus bewußt davon abgesehen, den Knappschaften ein System der ärztlichen Versorgung nach Art des Kassenarztrechts aufzuzwingen. Die Knappschaften seien nach § 204 RKG berechtigt, ein freies Ermessen bei der Anstellung der Sprengelärzte obwalten zu lassen. Daß die beklagte Ruhrknappschaft dem Kläger gegenüber ihr Ermessen mißbraucht habe, sei von diesem selbst nicht behauptet worden. - Daß die Beklagte nicht mit dem Kläger, sondern mit einem anderen Arzt in ein Vertragsverhältnis getreten sei, verletze nicht seine Grundrechte aus Art. 12 oder Art. 3 Abs. 1 GG. Nur ein kleiner Teil der niedergelassenen Ärzte (in Dortmund von 465 niedergelassenen Ärzten 97) sei als Sprengelärzte verpflichtet. Die freiberufliche Betätigungsmöglichkeit der niedergelassenen Ärzte würde demnach nur geringfügig erweitert werden, wenn man grundsätzlich alle niedergelassenen Ärzte auch zur knappschaftsärztlichen Versorgung zuließe. Ein niedergelassener Arzt könne somit sehr wohl seinen Beruf erfolgreich ausüben, auch wenn er an der ärztlichen Versorgung der Knappschaftsversicherten nicht beteiligt sei. Deshalb werde die Freiheit der Berufswahl durch das von der Beklagten praktizierte Sprengelarztsystem nicht beeinträchtigt. Der allgemeine Gleichheitssatz werde hierdurch gleichfalls nicht verletzt, da die rechtliche Stellung der Kassenärzte und der Sprengelärzte nicht vergleichbar seien: Der Kassenarzt stehe zur Kassenärztlichen Vereinigung in einem mitgliedschaftsrechtlichen Verhältnis der Über- und Unterordnung, während die Sprengelärzte unmittelbar mit dem Versicherungsträger durch privaten Dienstvertrag als gleichberechtigte Partner verbunden seien.

Die beigeladenen Landesverbände der Krankenkassen und die beigeladene Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe haben von einer Stellungnahme abgesehen.

II

1.

Der erkennende Senat ist - wie die Vorinstanzen - davon ausgegangen, daß der vorliegende Rechtsstreit eine " Angelegenheit des Kassenarztrechts " (§ 40 Satz 2 SGG; vgl. auch § 10 Abs. 2, § 31 Abs. 2 SGG) betrifft. Was in diesem Sinne als "Angelegenheit des Kassenarztrechts" anzusehen ist, richtet sich nach § 51 Abs. 2 Satz 1 SGG, wie sich aus der im Klammerzusatz des § 10 Abs. 2 SGG enthaltenen Verweisung auf diese Vorschrift ergibt. Hiernach sind Angelegenheiten des Kassenarztrechts alle Angelegenheiten, die auf Grund der Beziehungen zwischen Ärzten, Zahnärzten und Krankenkassen im Rechtsweg zu entscheiden sind.

Eine solche Beziehung zwischen Ärzten und Krankenkassen betrifft der "vom Kläger erhobene Anspruch" (§ 123 SGG). Der Kläger will von der beklagten Knappschaft zur knappschaftsärztlichen Versorgung zugelassen werden, und zwar in Erfüllung eines Anspruchs, den er gegenüber der beklagten Ruhrknappschaft i. S. der Ausführungen des BVerfG in seiner Entscheidung vom 23. März 1960 (BVerfG 11, 30) in grundsätzlich gleicher Art wie ein Arzt auf die Zulassung als Kassenarzt zu haben meint. Der Zuordnung einer solchen Beziehung zum Bereich der Angelegenheiten des Kassenarztrechts steht nicht entgegen, daß das Gesetz die Beziehungen zwischen Ärzten und Krankenkassen schlagwortmäßig mit dem Begriff "Kassenarztrecht" gekennzeichnet hat. Damit ist nur der Hauptfall der in Frage kommenden Beziehungen hervorgehoben, aber nicht der Gesamtinhalt des Bereichs wiedergegeben, der die auf Grund der Beziehungen zwischen Ärzten und Krankenkassen im Rechtsweg zu entscheidenden Angelegenheiten betrifft. Hierzu gehören vielmehr alle Angelegenheiten, die die Eingliederung von Ärzten in das jeweilige System ärztlicher Versorgung von Versicherten zum Gegenstand haben, die den Krankenkassen als Trägern der gesetzlichen KrV kraft Gesetzes auferlegt ist. Hätte der Gesetzgeber den in § 51 Abs. 2 Satz 1 SGG verwandten Begriff der "Krankenkassen" nicht in diesem umfassenden Sinn verstanden, sondern auf die in § 225 RVO genannten Krankenkassen beschränkt wissen wollen, so hätte es nahegelegen, dies - wie an anderer Stelle geschehen (vgl. § 368 Abs. 1 Satz 1 RVO) - zum Ausdruck zu bringen. In diesem Sinne hat daher der erkennende Senat bereits in seiner Entscheidung vom 30. Oktober 1959 über die Beteiligung eines Arztes an der Ersatzkassenpraxis als Vertragsarzt - in Übereinstimmung mit der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum - angenommen (BSG 11, 1, 12 f), ein solcher Rechtsstreit betreffe eine "Angelegenheit des Kassenarztrechts", obwohl weder Kassenärzte noch Krankenkassen i. S. des § 225 RVO beteiligt waren.

Ähnlich verhält es sich im vorliegenden Rechtsstreit. Die Knappschaften sind Träger der knappschaftlichen KrV (§ 17 RKG i. V. m. § 12 des Knappschaftsversicherungs-Anpassungsgesetzes - KnVAG - vom 30. Juli 1949 - WiGBl 202 -). Sie haben die knappschaftliche KrV nach den Vorschriften der RVO und des RKG durchzuführen (§ 20 RKG), wobei ihnen nachgelassen ist, ihr Verhältnis zu den Ärzten "nach den örtlichen Verhältnissen" der Knappschaften zu ordnen (§ 204 Abs. 1 Satz 1 RKG). Aus alledem erhellt, daß sie in Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgabe, die knappschaftliche KrV durchzuführen, "Krankenkassen" in dem gleichen Sinne sind wie auch die Seekasse, die eine ähnliche Sonderform der gesetzlichen KrV (die "See-Krankenversicherung") als besondere Abteilung unter dem Namen "See-Krankenkasse" durchführt (§ 476 Abs. 1 RVO) und bei der es nicht umstritten ist, daß sie als "Krankenkasse" i. S. des § 51 Abs. 2 SGG anzusehen ist. Daß das gleiche auch für die Knappschaft gilt, wird auch dadurch bestätigt, daß das RKG selbst (§ 18) die Bildung "besonderer Krankenkassen" unter bestimmten Voraussetzungen vorsieht und in diesem Zusammenhang die Knappschaft, die für ihren ganzen Bezirk als Trägerin der knappschaftlichen KrV tätig wird, ausdrücklich als "Krankenkasse" bezeichnet (§ 18 Abs. 1).

Der Revision ist einzuräumen, daß auch die Knappschaftsversicherung von dem vorliegenden Rechtsstreit stark berührt wird. Die für diesen Rechtsstreit in erster Linie maßgebliche Vorschrift (§ 204 RKG) gehört dem Recht der knappschaftlichen Versicherung an. Indessen folgt hieraus nicht, daß der Rechtsstreit von dem für Angelegenheiten der Knappschaftsversicherung zuständigen Senat (vgl. § 40 Satz 2 SGG) zu entscheiden ist. So wenig die Einbeziehung der wesentlichen Vorschriften des Kassenarztrechts (§§ 368 ff RVO) in das Recht der KrV es ausschließt, daß die Angelegenheiten des Kassenarztrechts nicht von dem für Angelegenheiten der KrV zuständigen Senat, sondern von dem eigens für Angelegenheiten des Kassenarztrechts gebildeten Senat entschieden werden, so wenig kann aus der Tatsache, daß die Regelung der knappschaftsärztlichen Versorgung der Versicherten zum Bereich der knappschaftlichen KrV gehört, auf die Zuständigkeit des Senats für Angelegenheiten der Knappschaftsversicherung geschlossen werden. Auch hier gilt vielmehr der Grundsatz der Spezialität, wonach die nähere Sachbeziehung der allgemeineren vorgeht. Deshalb ist im vorliegenden Fall der Senat für Angelegenheiten des Kassenarztrechts zuständig.

Für die Besetzung des Senats ist weiterhin zu unterscheiden, ob es sich um eine Angelegenheit des Kassenarztrechts im engeren Sinne (§ 12 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. §§ 33 Satz 2, 40 Satz 1 SGG) oder um eine Angelegenheit der Kassenärzte (§ 12 Abs. 3 Satz 2 i. V. m. §§ 33 Satz 2, 40 Satz 1 SGG) handelt. Da die umstrittene Zulassungsfrage nicht in den Aufgabenbereich der kassenärztlichen Selbstverwaltung fällt (vgl. hierzu BSG 11, 102, 105), sondern aufs stärkste den Verantwortungsbereich des beteiligten Versicherungsträgers berührt, kommt nicht Satz 2, sondern Satz 1 des § 12 Abs. 3 SGG zur Anwendung. Der Senat hat daher unter Mitwirkung je eines Bundessozialrichters aus den Kreisen der Krankenkassen und der Kassenärzte entschieden.

Wie der beklagten Ruhrknappschaft zuzugeben ist, wirken bei dieser Besetzung Knappschaftsärzte und Vertreter der Knappschaften an der Entscheidung nicht mit. Doch wären diese Kreise auch bei einer Besetzung des entscheidenden Senats in dem Sinne, wie sie die beklagte Ruhrknappschaft für richtig hält - nämlich der Besetzung für Angelegenheiten der Knappschaftsversicherung -, nicht beteiligt: In diesem Falle wären die ehrenamtlichen Beisitzer den Kreisen der Versicherten und der Arbeitgeber zu entnehmen (§ 12 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGG). Damit würden Beisitzer mitwirken, die sich zwar mit den Verhältnissen im Bergbau gut auskennen, denen aber die besondere Problematik der mit der ärztlichen Behandlung der Versicherten und ihrer Angehörigen zusammenhängenden Fragen nicht vertraut ist. Da aber von den beiden Sachzusammenhängen, in denen der vorliegende Rechtsstreit steht - nämlich als Angelegenheit des Kassenarztrechts und zugleich der Knappschaftsversicherung - die Sachbeziehung zum Kassenarztrecht, wie bereits dargelegt, die engere ist, erscheint es auch der Sache gemäßer, daß der Senat in der Besetzung mit einem Vertreter aus den Kreisen der Krankenkassen und der Kassenärzte entscheidet. Daß der Gesetzgeber in diesem Widerstreit der Interessen davon abgesehen hat, für die Entscheidung der Angelegenheiten des Kassenarztrechts eine weitergehende Differenzierung in der Besetzung der Kammern und Senate - als in § 12 Abs. 3 i. V. m. § 14 Abs. 3 SGG vorgesehen - vorzuschreiben, und eine verallgemeinernde, auf den Hauptfall - nämlich auf die Beteiligung von Kassenärzten und Krankenkassen - abstellende Regelung getroffen hat, entspricht der gleichen Tendenz, die auch in der globalen Regelung des § 12 Abs. 2 i. V. m. § 14 Abs. 2 SGG über die Besetzung in den "Angelegenheiten der Sozialversicherung" ihren Ausdruck gefunden hat (vgl. Bogs, Die Sozialgerichtsbarkeit 1964, 1, 2).

2. Die beklagte Ruhrknappschaft hat als Revisionsbeklagte in erster Linie den Antrag gestellt, das angefochtene Urteil des LSG aufzuheben. Wie die Begründung erkennen läßt, hält sie zwar das Urteil des LSG im Ergebnis für richtig; ihrer Meinung nach hätte das Urteil aber von einem anders besetzten Senat und mit anderen Gründen erlassen werden müssen.

Der Antrag der Beklagten ist unzulässig. Ein Rechtsmittel - Revision oder Anschlußrevision - hat sie nicht eingelegt, wie sie selbst hervorhebt. Selbst wenn der Antrag im Rahmen eines solchen Rechtsmittels gestellt worden wäre, würde er mangels Beschwer der Beklagten nicht zulässig sein; denn die beklagte Ruhrknappschaft hat mit der Bestätigung der Klageabweisung durch das LSG das Prozeßziel erreicht, das sie angestrebt hat (vgl. Urteil des BSG vom 29. April 1964 - 2 RU 67/63 -). Erst recht kann sie nicht als bloße Revisionsbeklagte die Aufhebung des ihr günstigen Urteils der Vorinstanz beantragen.

3. Zu Recht hat das LSG angenommen, daß für den vorliegenden Rechtsstreit der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit (Sozialrechtsweg) gegeben ist; denn es handelt sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit in Angelegenheiten der Sozialversicherung (§ 51 Abs. 1 SGG). Daß eine Angelegenheit der Sozialversicherung vorliegt, bedarf keiner weiteren Erörterung, nachdem festgestellt ist, daß dieser Rechtsstreit eine Angelegenheit des Kassenarztrechts betrifft; denn § 51 Abs. 2 Satz 1 SGG rechnet solche Streitigkeiten zu den Angelegenheiten der Sozialversicherung. Hiervon ist auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) in seiner Entscheidung vom 26. Februar 1958 ausgegangen (AP § 69 ArbGG 1953, Nr. 21 Bl. 703 Rücks. mit zustimmender Anmerkung von Pohle). Das BAG hat jedoch in der von ihm entschiedenen Sache - es handelte sich um den Anspruch der Witwe eines früheren Knappschaftsarztes auf Witwengeld auf Grund des Dienstvertrags - den Klageanspruch nicht als dem öffentlichen Recht entspringend angesehen und deshalb den Sozialrechtsweg als ausgeschlossen erachtet. Dieser Auffassung ist zuzustimmen. Das Dienstverhältnis der Knappschaftsärzte zu der beklagten Ruhrknappschaft ist durch Dienstverträge zwischen gleichberechtigten Parteien geregelt, wie es ursprünglich auch im Verhältnis der Kassenärzte zu den RVO-Kassen der Fall war (vgl. zur geschichtlichen Entwicklung Hess in der Anmerkung zum angefochtenen Urteil, ÄM 1962, 215, 217 Abschn. I). Wie der Bundesfinanzhof zutreffend in seinen Entscheidungen vom 3. Juli 1959 (BStBl 1959, Teil III, 344 = ÄM 1959, 1412) und vom 19. November 1959 (BStBl 1960, Teil III, 88) dargelegt hat - das BAG brauchte diese Frage in dem oben angeführten Fall nicht zu entscheiden (vgl. aaO Bl. 703) -, begründen diese Dienstverträge kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis: Trotz mancher hierfür sprechender Umstände ist doch das für das Bestehen eines selbständig ausgeübten Dienstverhältnisses entscheidende Merkmal deutlich erkennbar, nämlich die grundsätzliche Weisungsfreiheit des Knappschaftsarztes nicht nur bei der ärztlichen Behandlung, sondern allgemein bei der Durchführung der knappschaftsärztlichen Tätigkeit, gepaart mit eigenem wirtschaftlichen Risiko.

Indessen handelt es sich bei dem Klageanspruch dieses Rechtsstreits nicht um Auswirkungen eines Dienstverhältnisses bürgerlich-rechtlicher Art. Wie bereits ausgeführt, verficht der Kläger einen Anspruch auf Zulassung zur knappschaftsärztlichen Versorgung auf Grund der von ihm angenommenen Verpflichtung der beklagten Ruhrknappschaft, jeden geeigneten, behandlungsbereiten niedergelassenen Arzt an der ärztlichen Versorgung der Knappschaftsversicherten und ihrer Angehörigen zu beteiligen. Hierbei tritt - auch nach Auffassung des Klägers - die Frage, wie die Beklagte einer solchen Verpflichtung zu genügen hätte, völlig in den Hintergrund. Demnach wird die rein zivilrechtliche Deutung des vom Kläger gestellten Zulassungsantrags als Angebot zum Abschluß eines Vertrages der Sachlage nicht gerecht. Im Streit ist vielmehr die vom Kläger behauptete Verpflichtung der beklagten Ruhrknappschaft, ihn in einer von der Beklagten noch näher auszugestaltenden Weise in ein System knappschaftsärztlicher Versorgung einzugliedern.

Das einer solchen Verpflichtung zugrunde liegende Rechtsverhältnis könnte nur öffentlich-rechtlicher Art sein. Wie auch immer diese Verpflichtung abgeleitet wird - sei es aus dem gesetzlichen Auftrag zur Durchführung der knappschaftlichen KrV (§§ 17, 20 RKG) oder der Grundrechtsgebundenheit der beklagten Ruhrknappschaft -, fände sie ihre Grundlage im öffentlichen Recht. Von der Vorentscheidung, die die Verwaltung in Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben und in Ausübung staatlicher Hoheitsgewalt mit dem ihr hierfür zur Verfügung stehenden Instrument des Verwaltungsakts trifft, ist das Durchführungsgeschäft zu trennen, bei dem die Verwaltung auf den Boden des Privatrechts treten kann. Wie das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) mit Recht ausführt (BVerwG 7, 89, 90 = NJW 1959, 115 mit zustimmender Anmerkung von Obermayer), sind diese beiden Stufen des Verwaltungshandelns auch dann in ihrer Bedeutung unterschieden, wenn sie in einer Maßnahme zu einem einheitlichen Lebensvorgang verschmolzen sind. Nach dieser "Zweistufigkeitslehre"

(vgl. BVerwG aaO; ferner Ipsen , Archiv des öffentlichen Rechts, Bd. 78, 284, 292 ff und Monographie "Öffentliche Subventionierung Privater", 1964, insbesondere S. 64 ff; Krüger , Betriebsberater 1953, 565, 567 und Deutsches Verwaltungsblatt 1955, 380, 385; Hamann , Betriebsberater 1953, 865; Kenger in Bettermann/Nipperdey/Scheuner, Grundrechte Bd. III/2, 717, 770)

gehört die primäre Rechtsbeziehung, in der durch Verwaltungsakt über das "Ob" der von der Verwaltung zu gewährenden Maßnahme entschieden wird, dem öffentlichen Recht, die nachfolgende Rechtsgestaltung des "Wie" des Erfüllungsgeschäfts hingegen dem Privatrecht an, wenn die Verwaltung sich hierfür privatrechtlicher Mittel bedient. Diese für den Rechtsschutz besonders bedeutsame Unterscheidung ist auch vom Gesetzgeber in neueren Gesetzen auf den Gebieten der gewährenden Verwaltung anerkannt (vgl. etwa § 102 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes vom 27. Juni 1956 - BGBl I 523 - der in Abs. 1 den Verwaltungsrechtsweg für die öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten aus dem Gesetz, insbesondere aus Anträgen auf Bewilligung öffentlicher Mittel ... und auf Zulassung eines Betreuungsunternehmens vorsieht, hingegen den ordentlichen Rechtsweg für Ansprüche aus den auf Grund der Bewilligung öffentlicher Mittel geschlossenen Verträgen usw. vorschreibt; s. weitere Beispiele bei Ipsen, Öffentliche Subventionierung Privater, S. 65 Anm. 99). Selbst der Bundesgerichtshof (BGH), der den an eine Krankenkasse gerichteten Antrag einer Lieferfirma auf Zulassung zur Belieferung der Mitglieder dieser Krankenkasse mit Heilmitteln als "Angebot zum Abschluß eines bürgerlich-rechtlichen Vertrags" gewürdigt hat (BGHZ 36, 91, 94), erkennt an, daß die Vorentscheidung, die ein Träger öffentlicher Verwaltung in Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe darüber trifft, ob eine Verwaltungsmaßnahme in privat-rechtlicher Form getroffen werden soll, einen Verwaltungsakt darstellt und somit dem öffentlichen Recht angehört (BGHZ aaO, 95 f).

Wie demnach zwischen dem Verwaltungsakt der Bewilligung öffentlicher Mittel und dem hierauf gestützten Darlehnsvertrag (BVerwG in NJW 1955, 506) oder der Entscheidung über den Antrag auf Berücksichtigung bei Einlagerung von Kohle und dem Lagervertrag selbst (BVerwG 7, 89) zu unterscheiden ist, so ist die "Zulassung" eines Arztes zur Behandlung von Versicherten von dem privatrechtlichen Dienstverhältnis zu trennen, das der zugelassene Arzt mit dem Versicherungsträger eingeht, wenn solche Verträge nach der bei diesem Versicherungsträger geltenden Ordnung das Mittel zur Durchführung der ärztlichen Betreuung der Versicherten und ihrer Angehörigen sind. In dem früheren Verhältnis zwischen Kassenärzten und Krankenkassen, das, wie schon erwähnt, dem noch heute bei der beklagten Ruhrknappschaft praktizierten System ähnelte, war diese Unterscheidung auch deutlich erkennbar. § 7 Abs. 1 der Vertragsordnung vom 30. Dezember 1931 (Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger 1931 Nr. 303, erste Beilage) bestimmte: "Durch die Zulassung erwirbt der Arzt das Recht auf Abschluß eines Einzeldienstvertrags". Damit wurde schon damals der Zweistufigkeit, in der sich die Einbeziehung eines Arztes in das damalige System kassenärztlicher Versorgung abspielte, und auch dem besonderen Rechtsschutzbedürfnis in Zulassungsfragen durch ein öffentlich-rechtlich ausgestaltetes Zulassungs- und Rechtsmittelverfahren (vgl. §§ 15 ff der Zulassungsordnung vom 30. Dezember 1931 aaO) Rechnung getragen.

Demnach handelt es sich im vorliegenden Fall um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit, die die Rechtmäßigkeit eines ablehnenden Verwaltungsakts der beklagten Ruhrknappschaft und deren Verpflichtung betrifft, den Kläger zur knappschaftsärztlichen Versorgung zuzulassen. Die zusammengefaßte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage des Klägers ist zulässig.

4. Sie ist jedoch nicht begründet.

Zu Unrecht hat Hess in seiner Anmerkung zum angefochtenen Urteil (ÄM 1962, 217 Abschn. II) aus der Verpflichtung der Knappschaften (§ 20 RKG), die knappschaftliche KrV nach den Vorschriften der RVO und des RKG durchzuführen, gefolgert, die Knappschaften müßten, wenn sie an dem System der Bestellung von Sprengelärzten festhielten, den Versicherten daneben die freie Arztwahl zumindest unter den Kassenärzten und den an der Kassenpraxis beteiligten Ärzten nach den Vorschriften des Kassenarztrechts einräumen. Zwar ist nicht zu übersehen, daß die Stellung der RVO-Versicherten und ihrer Angehörigen in der Frage der freien Arztwahl wesentlich günstiger ist als die der knappschaftlich Versicherten und ihrer Angehörigen. Kann die erstgenannte Gruppe unter allen "nächsterreichbaren" Kassenärzten und beteiligten Ärzten - bei Übernahme der Mehrkosten auch ohne die Einschränkung der "Nächsterreichbarkeit" - wählen (§ 368 d Abs. 1 und 2 RVO) und wird die Bindung an den gewählten Arzt auf ein Kalendervierteljahr nur durch eine gelinde Sollvorschrift gesichert (§ 368 d Abs. 3 RVO), so ist den Knappschaftsversicherten nur eine Wahl unter jeweils wenigen Sprengelärzten mit einer wesentlich strengeren Bindung an den gewählten Arzt auf ein halbes Jahr möglich. Richtig ist auch, daß die genannte Vorschrift ebenso wie der nachfolgende § 368 e RVO Rechte der Versicherten begründet. Indessen verpflichtet § 20 RKG die Knappschaften nicht zur uneingeschränkten Gleichbehandlung der Knappschaftsversicherten mit den RVO-Versicherten, sondern läßt Abweichungen nach dem RKG zu. Zu diesem Sonderrecht der knappschaftlichen KrV gehört auch § 204 RKG. Wenn die Knappschaften nach dieser Vorschrift ihr Verhältnis zu den Ärzten "nach den örtlichen Verhältnissen" der Knappschaften regeln dürfen, so sind mit der Ermächtigung, die Organisationsform der knappschaftsärztlichen Versorgung zu bestimmen, die damit verbundenen Rückwirkungen auf die Rechtsstellung der Versicherten, insbesondere die freie Arztwahl, vom Gesetzgeber in Kauf genommen. Wie es den Knappschaften freigestellt ist, die Aufgabe der ärztlichen Versorgung der knappschaftlich Versicherten und ihrer Angehörigen auf die Kassenärztlichen Vereinigungen zu übertragen (vgl. § 368 n Abs. 1 Satz 4 RVO) - wie auch bei manchen Knappschaften geschehen -, so ist es ihnen andererseits jedenfalls nach § 204 RKG unbenommen, an dem überkommenen Sprengelarztsystem mit den diesem System anhaftenden Beschränkungen in der freien Arztwahl festzuhalten.

Das gilt auch dann, wenn die Verpflichtung der Knappschaften, die ärztliche Versorgung ihrer Versicherten sicherzustellen, unter dem Blickwinkel des Grundrechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG) geprüft wird. Es kann dabei dahinstehen, ob der Sozialversicherte überhaupt aus der Grundrechtsverbürgung in Art. 2 Abs. 1 GG einen Anspruch auf freie Arztwahl herleiten kann. Wie das BVerfG in seiner "Chefarzt-Entscheidung" vom 23. Juli 1963 (Sozialgerichtsbarkeit 1963, Sonderausgabe S. 22, 27 Abschn. V = NJW 1963, 1667) mit Recht ausgeführt hat, sind die RVO wie auch die Zulassungsordnungen Bestandteil der verfassungsmäßigen Ordnung; sie vermögen daher das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG einzuschränken. Das gleiche gilt vom Sonderrecht der knappschaftlichen KrV. Im Rahmen dieser gesetzlichen Ordnung steht, soweit es um die Versicherungsleistung der ärztlichen Behandlung geht, im Vordergrund das Recht des Versicherten auf zweckmäßige und ausreichende ärztliche Versorgung (vgl. § 20 RKG i. V. m. § 182 Abs. 2, § 368 c RVO). Daneben wird dem Interesse der Versicherten an freier Arztwahl Rechnung getragen, aber doch nur unter Einschränkungen, die andere für die Sozialversicherung gleichermaßen wichtige Gesichtspunkte, insbesondere die Wirtschaftlichkeit, berücksichtigen. Sind die Beschränkungen der freien Arztwahl für die Knappschaftsversicherten und ihre Angehörigen auch relativ groß und wäre sozialpolitisch gesehen auch eine Auflockerung in dieser Richtung denkbar, so erscheinen diese Beschränkungen doch als Ausfluß einer Interessenabwägung, die sich im Rahmen des gesetzgeberischen Ermessens hält, vertretbar.

Auch das Grundrecht des Klägers auf freie Berufswahl (Art. 12 Abs. 1 GG) wird durch das bei der beklagten Ruhrknappschaft praktizierte Sprengelarztsystem mit seinem strengen Auswahlprinzip nicht verletzt. Die Tätigkeit des Knappschaftsarztes ist - auch in der Form des durch Dienstvertrag bestellten Sprengelarztes, wie oben bereits dargelegt - nur eine besondere Ausübungsform des Berufs des niedergelassenen, frei praktizierenden Arztes. Eine solche Erweiterung der Berufstätigkeit gehört im allgemeinen zum Bereich der Berufsausübung, berührt aber grundsätzlich nicht die Freiheit der Berufswahl. Nur wenn die Regelung der knappschaftsärztlichen Versorgung bei der beklagten Ruhrknappschaft so stark in die Berufsausübung der niedergelassenen Ärzte eingriffe, daß sie deren Berufswahl beeinträchtigte, würde die besondere, die Freiheit der Berufswahl sichernde Grundrechtsverbürgung in Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG berührt sein (vgl. BVerfG im Kassenarzturteil, BVerfG 11, 30, 42 ff und im Chefarztbeschluß, Sozialgerichtsbarkeit 1963, Sonderausgabe S. 22, 25). Eine solche weitreichende Bedeutung für die Berufsausübung der nicht zur knappschaftsärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzte kommt jedoch der Ausschlußwirkung des bei der Beklagten geübten Sprengelarztsystems nicht zu. Zwar ist an Orten mit einem höheren Anteil an Knappschaftsversicherten - wie an dem Niederlassungsort des Klägers - für jeden niedergelassenen Arzt die Frage, ob er zur Behandlung der Knappschaftsversicherten und ihrer Angehörigen zugelassen wird, von großer wirtschaftlicher Bedeutung. Wie das LSG zutreffend erwogen hat, kann es aber bei der Frage, ob ein Arzt durch Versagung der Zulassung zur knappschaftsärztlichen Tätigkeit der Möglichkeit beraubt wird, seinen Beruf erfolgreich auszuüben, nicht auf die ärztlichen Verhältnisse im Niederlassungsbereich des Arztes ankommen. Würde man die Entscheidung von der jeweiligen örtlichen Situation abhängig machen, so liefe das auf ein Recht des einzelnen hinaus, an dem von ihm gewählten Ort seiner beruflichen Betätigung bestmögliche Arbeitsbedingungen vorzufinden. Wie sonstige Faktoren im Niederlassungsbereich eines Arztes muß auch die Zusammensetzung der Bevölkerung, ihre berufliche Gliederung und die damit unter Umständen verbundene besondere Art ihrer örtlichen Betreuung als vorgegeben bei der Wahl des Niederlassungsortes hingenommen und in Rechnung gestellt werden. Solche Umstände gefährden jedenfalls dann nicht die Freiheit der Berufswahl, wenn ein die freiberufliche Betätigung anstrebender Arzt auch ohne die Zulassung zur ärztlichen Behandlung der Knappschaftsversicherten und ihrer Angehörigen in der Bundesrepublik überhaupt oder zum mindesten in dem Lande, in dem er sich niederzulassen wünscht, ein angemessenes Betätigungsfeld finden kann. Das LSG hat in diesem Zusammenhang auf die allgemeinen Verhältnisse in der Bundesrepublik abgestellt und auf das Verhältnis der Knappschaftsversicherten (rd. 1400000 Pflichtmitglieder) zu den Pflichtmitgliedern der RVO-Kassen (rd. 20500000) verwiesen. Daß sich das LSG bei den von ihm verwerteten Zahlen auf die "Arbeits- und sozialstatistischen Mitteilungen 1960" - und nicht auf ein Gutachten, wie es die Revision für erforderlich hält - gestützt hat, ist verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden; in diesem Zusammenhang genügt ein summarischer Vergleich. Selbst wenn aber davon ausgegangen wird, daß es für die Frage, ob eine freiberufliche Betätigung als Arzt mit einer angemessenen Chance wirtschaftlichen Erfolges auch ohne die Zulassung zur knappschaftsärztlichen Versorgung möglich ist, nicht auf die Verhältnisse in der Bundesrepublik überhaupt, sondern in dem jeweiligen Land - hier: dem Lande Nordrhein-Westfalen - ankommt, ist der vom LSG gezogene Schluß gerechtfertigt, daß die Freiheit der Berufswahl des Klägers nicht beeinträchtigt ist. Es steht außer Zweifel, daß das Land Nordrhein-Westfalen außerhalb der bergbaulichen Ballungszentren genügend Niederlassungsmöglichkeiten an Orten bietet, in denen nicht ein großer Teil der Bevölkerung von der Knappschaftsversicherung erfaßt ist.

Berührt demnach das bei der beklagten Ruhrknappschaft geübte Sprengelarztsystem mit seiner Ausschlußwirkung für die hieran nicht beteiligten Ärzte nicht die Freiheit der Berufswahl dieser Ärzte, so vermag jeder sachliche Grund die mit diesem System verbundenen Begrenzungen der Berufsausübung zu rechtfertigen (vgl. BVerfG im Chefarzt-Urteil, Sozialgerichtsbarkeit 1963, Sonderausgabe S. 22-25). Selbst wenn sich dieser "sachliche Grund" als "vernünftige Erwägung des Gesamtwohls" darstellen müßte (so ursprünglich wohl strenger BVerfG im Apotheken-Urteil, BVerfG 7, 377, 405; im Chefarzt-Beschluß aaO S. 25 - wird beides offenbar gleichgesetzt), wäre der Ausschluß der nicht zu Knappschaftsärzten bestellten Ärzte von der ärztlichen Versorgung der Knappschaftsversicherten und ihrer Angehörigen als Regelung der Berufsausübung verfassungsrechtlich unbedenklich. Das Sprengelarztsystem ermöglicht dem Versicherungsträger, für die Behandlung der Knappschaftsversicherten Ärzte auszuwählen, die in der Behandlung von typischen Gesundheitsschäden im Bergbau - häufig infolge früherer Tätigkeit in Knappschaftskrankenhäusern - besonders erfahren sind. Wo dieser Gesichtspunkt zurücktritt - etwa bei der Behandlung der Familienangehörigen der Knappschaftsversicherten -, rechtfertigt sich das Sprengelarztsystem auch durch den Vorzug einer unkomplizierten, raschen Abrechnung mit wenigen Ärzten. Demnach kann der Kläger seinen Zulassungsanspruch nicht aus der Grundrechtsverbürgung des Art. 12 Abs. 1 GG herleiten.

Das gleiche gilt von seiner Berufung auf den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Die ungleiche Behandlung freiberuflicher Ärzte in der Frage der Zulassung zur kassenärztlichen Versorgung und zur knappschaftsärztlichen Versorgung läßt sich mit der schon dargelegten unterschiedlichen Bedeutung der beiden Arten ärztlicher Tätigkeit für die Berufsausübung begründen. Muß die Zulassung zur kassenärztlichen Versorgung als regelmäßig entscheidende Voraussetzung für eine freiberufliche Betätigung als Arzt angesehen werden, so kann das für die Zulassung als Knappschaftsarzt nicht in Anspruch genommen werden. Demnach sind die Erschwernisse auf dem Wege zur Zulassung als Knappschaftsarzt verfassungsrechtlich unbedenklich.

Der Kläger hat somit keinen Anspruch auf Zulassung zur knappschaftsärztlichen Versorgung. Seine Revision war demnach als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 SGG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2380963

BSGE, 104

NJW 1964, 2224

MDR 1964, 1037

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