Leitsatz (amtlich)

1. ZO-Ärzte § 14 Abs 2 S 1, wonach der Kassenarzt seine Sprechstunden am Kassenarztsitz halten muß, ist auch nach Nichtigerklärung des RVO § 368a Abs 1 S 1 durch die Entscheidungen des BVerfG vom 1960-03-23 und 1961-02-08 (BVerfGE 11, 30 und 12, 144) weiterhin anzuwenden (Fortführung von BSG 1963-10-30 6 RKa 18/62 = BSGE 20, 86).

2. Zur Frage der Abgrenzung des Kassenarztsitzes (RVO § 368a Abs 2) vom Praxisbereich des Kassenarztes (§§ 6, 7 des BMV-Ärzte).

3. Ist einem Arzt vor Entscheidung des BVerfG über die freie Zulassung zur Kassenpraxis die Zulassung am Ort seiner Niederlassung nach dieser Entscheidung zu Unrecht versagt worden und hat er - nachdem er darauf für einen anderen Kassenarztsitz in der gleichen Stadt zugelassen war - Versicherte außerhalb seines Kassenarztsitzes am alten Ort seiner Niederlassung behandelt, so kann ihm das Honorar für die ärztlichen Leistungen nicht versagt werden.

 

Normenkette

RVO § 368a Abs. 1 S. 1 Fassung: 1955-08-17, Abs. 2 Fassung: 1955-08-17, Abs. 4 Fassung: 1955-08-17, Abs. 7 Fassung: 1955-08-17; BMV-Ä §§ 6-7; ZO-Ärzte § 14 Abs. 2 S. 1

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 9. April 1964 in Ziff. 2 aufgehoben und in Ziff. 1 dahin geändert, daß nur der Verwaltungsakt der Beklagten vom 19. Januar 1960 aufgehoben, ansonsten die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 13. Februar 1963 zurückgewiesen wird.

Im übrigen wird die Revision der Beklagten zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger 2/3 der außergerichtlichen Kosten sämtlicher Rechtszüge zu erstatten.

Von Rechts wegen.

 

Gründe

I

Der seit 15. Mai 1957 in der Breiten Straße in Mannheim (Innenstadt) niedergelassen gewesene Kläger war auf seine Bewerbung vom 12. Juni 1958 durch Beschluß des Zulassungsausschusses (ZA) für Ärzte des Zulassungsbezirks Nordbaden vom 24. Juli 1958 als Facharzt für Chirurgie für den vom ZA zur Bewerbung ausgeschriebenen Kassenarztsitz "Mannheim-Neckarstadt-Ost (Industrieviertel)" zur Tätigkeit für die gesetzlichen Krankenkassen mit der Maßgabe zugelassen worden, daß die Kassenpraxis innerhalb dreier Monate nach Rechtskraft dieser Entscheidung aufzunehmen sei. Die Entscheidung des ZA war rechtskräftig geworden, nachdem der Berufungsausschuß für Ärzte des Zulassungsbezirks Nordbaden mit Beschluß vom 16. September 1959 den Widerspruch eines Mitbewerbers zurückgewiesen hatte; die Kassenärztliche Vereinigung Nordbaden (KVN) - jetzige Beklagte - hatte den von ihr erhobenen Widerspruch schon einige Monate vorher zurückgenommen. Jene Rechtsfolge hatte der Vorsitzende der Abrechnungsstelle Mannheim der KVN, Dr. H, dem Kläger im Schreiben vom 4. Dezember 1959 mitgeteilt und damit unter anderem den Hinweis verbunden, daß nach der Entscheidung des ZA die Praxisstelle innerhalb des Ortsteils Mannheim-Neckarstadt-Ost, für den die Ausschreibung erfolgt sei, liegen und die Kassenpraxis innerhalb dreier Monate dort aufgenommen werden müsse. Als der KVN bekannt geworden war, daß der Kläger in den Mannheimer Tageszeitungen vom 5. Dezember 1959 die Aufnahme der Kassenpraxis in Mannheim, Breite Straße, angekündigt hatte, machte ihn Dr. H mit Schreiben vom 7. Dezember 1959 darauf aufmerksam, daß dies im Widerspruch zur Entscheidung des ZA stehe; die Facharztstelle sei für Mannheim-Neckarstadt-Ost (Industrieviertel) in Übereinstimmung mit den Krankenkassen zur Sicherstellung der fachchirurgischen Versorgung der Kassenmitglieder dieses Ortsteils ausgeschrieben worden; kassenärztliche Leistungen könnten somit nur abgerechnet werden, wenn sie in einer im Bereich des Kassenarztsitzes gelegenen Kassenpraxis ausgeführt würden. Derselbe Vorgang bewog den Vorsitzenden des Vorstandes der KVN, Dr. R, zur Mitteilung vom 16. Dezember 1959 an den Kläger, daß die Abrechnungsstelle Mannheim seine in den in Mannheim, Breite Straße, gelegenen Praxisräumen getätigten kassenärztlichen Leistungen nicht honorieren könne, denn es sei Aufgabe der KV, darauf zu achten, daß die Entscheidungen der Zulassungsinstanzen vollzogen würden; er bat den Kläger, unverzüglich seine am Sitz seiner Niederlassung aufgenommene kassenärztliche Tätigkeit einzustellen und die Kassenpraxis in Mannheim-Neckarstadt-Ost aufzunehmen, ansonsten müsse er damit rechnen, daß ihm die Zulassung entzogen werde. Hiergegen erhoben die damaligen Bevollmächtigten des Klägers mit Schriftsatz vom 23. Dezember 1959 "Einspruch" mit dem Antrag, die Verfügungen vom 4., 7. und 16. Dezember 1959 insoweit aufzuheben, als dem Kläger aufgegeben worden sei, seine Kassenpraxis nach dem Stadtteil Neckarstadt-Ost zu verlegen; die jetzige Praxis des Klägers befinde sich in unmittelbarer Nähe der Kurpfalzbrücke, welche die durch den Neckar getrennten Stadtteile Innenstand und Neckarvorstadt miteinander verbinde.

Der Kläger behandelte auch fernerhin Kassenpatienten in seinen Praxisräumen in der Breiten Straße. Die von ihm eingereichte Kassenabrechnung für das vierte Quartal des Jahres 1959 lehnte Dr. H mit Schreiben vom 19. Januar 1960 ab, und zwar unter Hinweis auf sein vorangegangenes Schreiben vom 21. Dezember 1959, in dem er den Kläger erneut darüber aufgeklärt hatte, daß die in seiner jetzigen Praxis vorgenommene Behandlungstätigkeit von Sozialversicherten nicht honoriert werden könne.

Auf das Einspruchsschreiben der früheren Bevollmächtigten des Klägers vom 23. Dezember 1959 erwiderte die KVN (Dr. R) am 11. Februar 1960, daß der Kläger nicht angewiesen worden sei, seine Kassenpraxis nach Mannheim-Neckarstadt-Ost zu verlegen; sie habe diesen vielmehr nur gebeten, die Behandlung von Kassenpatienten in seiner Praxis in der Breiten Straße einzustellen, weil er für diesen Praxissitz nicht zugelassen sei. Es bleibe dem Kläger unbenommen, beim ZA einen Fristverlängerungsantrag zu stellen, falls es ihm nicht möglich sei, bis zum 22. Februar 1960 die Kassenpraxis in Neckarstadt-Ost aufzunehmen.

Mit Schreiben vom 22. Februar 1960 schließlich bat der Vorsitzende der Abrechnungsstelle Mannheim der KVN, Dr. H, den Kläger, den Zusatz "alle Kassen" von seinem Arztschild in Mannheim, Breite Straße, entfernen zu lassen, weil hierdurch den Krankenkassen unzumutbare Schwierigkeiten entstünden.

Auf Antrag des Klägers verlängerte der ZA mit Beschluß vom 24. Februar 1960 die Frist zur Aufnahme der Kassenpraxis in Neckarstadt-Ost zunächst bis 30. Juni 1960 und durch Beschluß vom 22. Juni 1960 bis zum Eintritt der Rechtskraft seiner inzwischen für Mannheim-Innenstadt ausgesprochenen Zulassung.

In der Zwischenzeit hatte sich nämlich der Kläger um einen vom ZA für Mannheim-Innenstadt zur Bewerbung ausgeschriebenen Kassenarztsitz vergeblich beworben (Beschluß des ZA vom 31. Oktober 1959). Auf seinen erneuten Antrag vom 12. April 1960 war ihm vom ZA durch Beschluß vom 25. Mai 1960 aufgrund des sog. Kassenärzteurteils des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 23. März 1960 die Zulassung für Mannheim-Innenstadt erteilt worden. Dieser Beschluß war am 15. Juli 1960 bindend geworden. Im Beschluß vom 27. Juli 1960 stellte der ZA fest, daß mit Wirkung von diesem Tage die Zulassung des Klägers für Mannheim-Neckarstadt-Ost geendet habe. Bereits in einer Zeitungsanzeige vom 9. April 1960 hatte der Kläger wiederum seine Zulassung für Mannheim-Innenstadt bekanntgegeben; im Zulassungsantrag vom 12. April 1960 hatte er hingegen betont, daß er auf die rechtskräftige Zulassung für Neckarstadt-Ost nicht verzichte.

Der ZA entzog mit Beschluß vom 15. November 1961 dem Kläger die Zulassung, nachdem dieser rechtskräftig wegen Gewalt-Unzucht und Beleidigung zu neun Monaten Gefängnis (mit Bewährung) verurteilt worden war; das Regierungspräsidium Nordbaden nahm aufgrund dessen die Bestallung als Arzt zurück.

Mit der am 11. März 1960 erhobenen Klage hat der Kläger beantragt, die Verfügungen der beklagten KV vom 16. Dezember 1959, 19. Januar, 11. Februar und 22. Februar 1960 aufzuheben und diese anzuweisen, die in der Praxis des Klägers erbrachten kassenärztlichen Leistungen zu honorieren. Das Sozialgericht Karlsruhe (SG) hat mit Urteil vom 13. Februar 1963 die Klage abgewiesen. Es ist der Auffassung, daß der Kläger gegen die Beklagte keinen Vergütungsanspruch habe, weil er nicht innerhalb seines ihm vom ZA zugewiesenen Kassenarztsitzes tätig gewesen sei.

Das SG hatte die Durchführung eines Vorverfahrens für erforderlich gehalten. Daraufhin hatten die Bevollmächtigten des Klägers mit Schriftsatz vom 20. November 1961 unter Hinweis auf ihr Einspruchsschreiben vom 23. Dezember 1959 sowie auf ihre Klageschrift und deren Begründung ausdrücklich Widerspruch erhoben. Mit Schreiben vom 14. März 1962 hatte der Vorsitzende des Vorstandes der KVN, Dr. R, mitgeteilt, daß der Vorstand in seiner Sitzung vom 10. März 1962 dem Widerspruch "gegen die Verfügungen vom 4. Dezember, 7. Dezember und 16. Dezember 1959" nicht habe abhelfen können, weil die vom Kläger getätigten ärztlichen Leistungen nicht am Kassenarztsitz ausgeführt worden seien. Der Vorsitzende der Abrechnungsstelle Mannheim sei daher nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet gewesen, den Kläger auf sein ungesetzliches Handeln hinzuweisen. Aus demselben Grunde hätten die vom Kläger im dritten und vierten Abrechnungsvierteljahr des Jahres 1959 ausgeführten ärztlichen Leistungen nicht vergütet werden können.

In der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 13. Februar 1963 hatte der Bevollmächtigte des Klägers erklärt, daß seiner Ansicht nach im Widerspruchsbescheid sämtliche in seinem mündlich gestellten Klagantrag enthaltenen Verfügungen "mit enthalten" seien. Dieser hatte dahin gelautet, die Verfügungen vom 4. Dezember, 7. Dezember und 16. Dezember 1959 sowie vom 19. Januar, 11. und 22. Februar 1960 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die vom Kläger in seiner ehemaligen Praxis vom 20. November 1959 bis 15. Juli 1960 erbrachten kassenärztlichen Leistungen zu vergüten.

Auf die mit den gleichen Anträgen eingelegte Berufung hat das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg mit Urteil vom 9. April 1964 das Urteil des SG sowie die Verfügungen der Beklagten vom 7. und 16. Dezember 1959 sowie vom 19. Januar und 11. Februar 1960 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger über seine vom 20. November 1959 bis 15. Juli 1960 vorgenommene Behandlung von Kassenpatienten der RVO-Krankenkassen (ohne Röntgenleistungen) einen Honorarbescheid zu erteilen; die Revision hat es zugelassen.

Sein Urteil hat das Berufungsgericht im wesentlichen wie folgt begründet: Die Berufung sei zulässig, weil, obwohl Honorar nur für die begrenzte Zeit der Zulassung des Klägers in dem Kassenarztbezirk Neckarstadt-Ost beansprucht werde, Honoraransprüche für mehrere Abrechnungszeiträume geltend gemacht würden, so daß die Berufungsausschlußgründe des § 144 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) nicht zuträfen. Die erhobene Klage sei ihrer Rechtsnatur nach eine zusammengefaßte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage, da mit ihr begehrt werde, die ablehnenden "Verfügungen" der Beklagten aufzuheben und diese zum Erlaß des von ihr abgelehnten Verwaltungsakts, nämlich eines Honorarbescheides für die strittige Zeit, zu verurteilen. Das in einem solchen Fall notwendige Vorverfahren sei in zulässiger Weise nachgeholt worden. Dieses habe, wie bereits das SG zutreffend entschieden habe, sämtliche angefochtenen "Verfügungen" erfaßt. Die "Verfügungen" vom 7. und 16. Dezember 1959 sowie vom 19. Januar und 11. Februar 1960 hätten zu Unrecht die Honorierung der Tätigkeit des Klägers während seiner Zulassung im Bezirk Neckarstadt-Ost abgelehnt; die übrigen Verfügungen enthielten keine Ablehnung. Jene Verfügungen hätten die Entscheidung des ZA vom 24. Juli 1958 unzutreffend ausgelegt und seien daher rechtswidrig. In diesem Beschluß des ZA sei nur bestimmt, daß der Kläger "als Facharzt für Chirurgie in Mannheim-Neckarstadt-Ost (Industrieviertel) zu den Krankenkassen zugelassen" werde und daß er "seine Kassenpraxis innerhalb von drei Monaten nach Erlangung der Rechtskraft dieser Entscheidung aufzunehmen" habe. Bei dieser allgemein gehaltenen Fassung müsse die Beklagte gegen sich gelten lassen, daß diese Entscheidung des ZA so ausgelegt werde, wie sie bei Würdigung aller Umstände zu verstehen sei. Eine aufschiebende Bedingung in dem Sinn, daß die Zulassung des Klägers erst wirksam werde, wenn er seine Niederlassung in den Bezirk Neckarstadt-Ost verlegt habe, hätte im Beschluß des ZA deutlicher zum Ausdruck kommen müssen. Der ZA habe aber selbst die Zulassung des Klägers für wirksam gehalten, denn er habe im Beschluß vom 27. Juli 1960 deren Ende festgestellt. Die im Beschluß des ZA vom 24. Juli 1958 enthaltene Auflage, die Kassenpraxis innerhalb dreier Monate nach Rechtskraft der Zulassungsentscheidung aufzunehmen, hätte dem ZA zwar die Möglichkeit gegeben, das Ruhen oder die Entziehung der Zulassung des Klägers zu beschließen. Dies habe der ZA jedoch nicht getan; er habe vielmehr jene Frist wiederholt verlängert, obwohl der Kläger laufend in seiner nicht im Kassenarztbezirk liegenden Praxis Behandlungstätigkeit ausgeübt habe. Dies lasse darauf schließen, daß mit der Fristverlängerung die Zeit bis zur bevorstehenden Zulassung des Klägers für Mannheim-Innenstadt habe verlängert werden sollen, zumal die Ausübung kassenärztlicher Tätigkeit für die kassenärztliche Versorgung auf jeden Fall von Nutzen gewesen sei. Eine solche Auslegung des Beschlusses des ZA vom 24. Juli 1958 sei um so mehr gerechtfertigt, als inzwischen durch das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 30. Oktober 1963 (BSG 20, 86) klargestellt worden sei, daß aufgrund des Kassenärzteurteils des BVerfG die Zulassungsinstanzen grundsätzlich den Kassenarztsitz nach dem Ort der Niederlassung des die Kassenzulassung beantragenden Arztes zu bestimmen hätten. Nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes solle die Aufnahme der kassenärztlichen Tätigkeit am Kassenarztsitz zumindest während einer angemessenen Anlaufzeit für die Rechtsposition des zugelassenen Arztes keine entscheidende Bedeutung haben. Der in § 14 ZulO-Ärzte niedergelegten Residenzpflicht des Kassenarztes komme nur der Charakter einer Ordnungsvorschrift zu. Dies ergebe sich auch aus dem den Mitgliedern der gesetzlichen Krankenkassen eingeräumten Recht der freien Arztwahl; der Kassenarzt dürfe nach § 7 Abs. 1 des Bundesmantelvertrages-Ärzte außerhalb seiner Praxisräume an jedem Ort Kassenpatienten aufsuchen. § 368 a Abs. 7 der Reichsversicherungsordnung (RVO), der vorschreibe, daß die Zulassung mit dem Wegzug des Berechtigten aus dem Bezirk des ihm zugewiesenen Kassenarztsitzes ohne weiteres ende, lasse nicht etwa im Wege der Umkehr den Schluß zu, daß die Einrichtung der Kassenpraxis am Kassenarztsitz eine aufschiebende Bedingung für das Wirksamwerden der Zulassung und die sich hieraus ergebenden Rechte und Pflichten sei.

Die Beklagte hat mit ihrer Revision vor allem geltend gemacht: Das LSG habe unzutreffenderweise in der Sache entschieden, obwohl die Berufung, wie sich aus der Rechtsprechung des BSG ergebe (SozR SGG § 144 Nr. 2), gemäß § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG ausgeschlossen gewesen sei; die vom Kläger erhobenen Ansprüche bezögen sich auf einen nur kurzen Zeitraum, sie beruhten auf einer einmaligen tatsächlichen und rechtlichen Konstellation. Die Leistungen der Beklagten hätten sich in einer einzigen Gewährung erschöpft, wenn der Kläger für den fraglichen Zeitraum Anspruch auf Vergütung kassenärztlicher Tätigkeit gehabt hätte. Dies sei indessen nicht der Fall, denn § 368 a Abs. 2 RVO sei nach wie vor geltendes Recht. Nach dieser Vorschrift mache die Zulassung den betreffenden Arzt nicht schlechthin, sondern nur für einen bestimmten Bezirk zum Kassenarzt. Wer als Kassenarzt zugelassen sei, seine Praxis aber nicht in einer innerhalb des Kassenarztsitzes gelegenen Niederlassung ausübe, leiste daher keine kassenärztliche Tätigkeit. Dies ergebe sich insbesondere aus § 368 a Abs. 7 RVO, der an das Verlassen des Kassenarztsitzes die automatische Rechtsfolge der Beendigung der Zulassung im Sinne einer auflösenden Bedingung knüpfe. § 368 a Absätze 5 - 6 RVO, die das Ruhen der Zulassung oder deren Entziehung auf Beschluß des ZA für den Fall vorsähen, daß der zugelassene Arzt seine Tätigkeit im Bereich des ihm zugewiesenen Kassenarztsitzes nicht aufnehme oder diese nicht ausübe, stünden dem nicht entgegen. In § 368 a Abs. 2 RVO sei dem Kassenarzt ausdrücklich die Pflicht auferlegt, in einem bestimmten Bezirk zu residieren; die freie Arztwahl als ein Recht der Kassenpatienten berühre diese Verpflichtung nicht. Da diese im Gesetz niedergelegt sei, sei es ohne Belang, ob sie in dem die Zulassung erteilenden Bescheid des ZA zum Ausdruck gekommen sei.

Der Kläger hält das Urteil des Berufungsgerichts für zutreffend. Er ist der Meinung, daß die ihm durch Beschluß des ZA vom 24. Juli 1958 erteilte Zulassung ein Verwaltungsakt sei, der keine Bedingung enthalten und keine aufschiebende Wirkung gehabt habe, sondern allein mit der Auflage versehen gewesen sei, die Kassenpraxis in einem bestimmten Bezirk aufzunehmen. Diese Auflage sei kein Essentiale des Verwaltungsakts gewesen. Das BVerfG habe im Kassenärzteurteil auch für die Vergangenheit (ex tunc) festgestellt, daß die Rechtslage entgegen der jahrelangen Praxis der Zulassungsinstanzen eine ganz andere sei. Die Beklagte habe ihm daher zu Unrecht das Kassenhonorar verweigert. Sie sei jedenfalls dadurch, daß sie das von ihm durch kassenärztliche Tätigkeit verdiente Honorar vorenthalte, ungerechtfertigt bereichert.

Die Beklagte hat beantragt,

das Urteil des Berufungsgerichts aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das erstinstanzliche Urteil zurückzuweisen.

Der Kläger hat beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

II

Die - durch Zulassung statthafte (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG) - Revision ist nur teilweise begründet.

Der Revision kann allerdings insoweit nicht gefolgt werden, als sie meint, daß die Berufung gemäß § 144 Abs. 1 SGG ausgeschlossen gewesen sei. Ihr Hinweis auf die Entscheidung des 3. Senats des BSG vom 21. Dezember 1955 (SozR SGG § 144 Nr. 2 = BSG 2, 135, 136 ff.) geht fehl. Dort ist zum Begriff der einmaligen Leistung im Sinne von § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG ausgeführt, daß dieser Begriff ein Geschehen beinhaltet, das sich seiner Natur nach in einer bestimmten, verhältnismäßig kurzen Zeitspanne abspielt und sich im wesentlichen in einer einzigen Gewährung erschöpft. Gerade dies ist aber, wie der erkennende Senat in ständiger Rechtsprechung (BSG 11, 102, 106 ff.; SozR SGG § 144 Nr. 2) entschieden hat, bei Honoraransprüchen eines Arztes gegen eine KV nicht der Fall, weil die Honorarzahlung im allgemeinen nicht in einem einmaligen Vorgang abläuft, sondern sich in der Regel in vierteljährlichen Abständen wiederholt. So hat es sich auch beim Kläger verhalten, obwohl dieser nicht allzulang zur Tätigkeit bei gesetzlichen Krankenkassen zugelassen gewesen ist. Da in der Berufungsinstanz der Vergütungsanspruch für mehr als ein Abrechnungsvierteljahr streitig gewesen ist, kommt § 144 Abs. 1 Nr. 2 SGG nicht zur Anwendung. Die Berufung ist sonach zulässigerweise eingelegt worden.

Der Kläger hat mit der Klageschrift begehrt, die von ihm als "Verfügungen" angesehenen Schreiben des Vorstandsvorsitzenden der Beklagten vom 16. Dezember 1959 und 11. Februar 1960 sowie des Vorsitzenden der Abrechnungsstelle Mannheim vom 19. Januar und 22. Februar 1960 aufzuheben. In der mündlichen Verhandlung vor dem SG sowie mit der Berufung hat er darüber hinaus beantragt, die "Verfügungen" des Vorsitzenden der Abrechnungsstelle Mannheim vom 4. und 7. Dezember 1959 aufzuheben. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Klageschrift sich auch auf diese Schreiben, ohne daß sie dort angeführt worden sind, nach ihrem gesamten Inhalt bezogen hat, denn Voraussetzung für die Klage ist gewesen, daß es sich bei all diesen Schreiben um Verwaltungsakte gehandelt hat. Dies trifft indessen nur auf die Mitteilungen vom 16. Dezember 1959 und 19. Januar 1960 zu. Die übrigen Schreiben - teilweise ausgenommen das vom 22. Februar 1960 - sind dagegen nach ihrem Inhalt als Schreiben belehrender Art anzusehen. Sie sind zwar nur im Zusammenhang mit jenen beiden Schreiben verständlich, enthalten aber keinen Verfügungssatz, sondern klären den Kläger über die Rechtslage auf. Bei den Schreiben vom 16. Dezember 1959 und 19. Januar 1960 handelt es sich dagegen um Verwaltungsakte, weil sie - trotz ihrer äußeren Einkleidung in die Form von Briefen, der gebrauchten Höflichkeitswendungen und des Fehlens einer Rechtsbehelfsbelehrung - mit der Verwaltungsakte kennzeichnenden Bestimmtheit gegenüber ihrem Adressaten eine Regelung im Einzelfall treffen. Im Schreiben des Vorstandsvorsitzenden der Beklagten vom 16. Dezember 1959 ist dem Kläger aufgegeben worden, die Behandlung von Kassenpatienten am Ort seiner derzeitigen Niederlassung einzustellen. Das Schreiben enthält außerdem den (belehrenden) Hinweis, daß eine Honorierung der hier erbrachten ärztlichen Leistungen rechtlich nicht zulässig sei. Schließlich fordert es den Kläger auf, im Bereich des mit der Entscheidung des ZA zugewiesenen Kassenarztsitzes bis zu dem in diesem Beschluß festgesetzten Termin die Kassenpraxis aufzunehmen. Das Schreiben des Vorsitzenden der Abrechnungsstelle Mannheim vom 19. Januar 1960 hat dem Kläger die Vergütung der von ihm für das vierte Quartal 1959 abgerechneten ärztlichen Leistungen versagt. Sein Schreiben vom 22. Februar 1960 stellt zwar insofern einen Verwaltungsakt dar, als in ihm der Kläger aufgefordert worden ist, einen Zusatz von seinem Praxisschild zu entfernen; das Berufungsgericht ist indessen anderer Meinung gewesen und hat davon abgesehen, diesen Verwaltungsakt aufzuheben; der Kläger hat dies hingenommen.

Wie das LSG zutreffend erkannt hat, hat der Kläger eine Anfechtungsklage, gerichtet auf Aufhebung der ihn belastenden Verwaltungsakte, verbunden mit der weiteren Klage erhoben, die Beklagte zu verpflichten, den von ihr abgelehnten, von ihm begehrten Honorarbescheid zu erlassen (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG). In diesem Fall hat, wie die Vorinstanzen mit Recht angenommen haben, nach § 79 Nr. 2 SGG der Klage ein Vorverfahren vorauszugehen. Dieses ist während des gerichtlichen Verfahrens rechtzeitig nachgeholt worden. Die Entscheidung über den Widerspruch betrifft nicht nur den Verwaltungsakt vom 16. Dezember 1959, obwohl nur dieser sowie die Schreiben vom 4. und 7. Dezember 1959 in ihm genannt sind, sondern auch - wie sich aus der Begründung des Widerspruchsbescheides ergibt - das Schreiben vom 19. Januar 1960. Zwar ist insoweit in der Begründung nur gesagt, daß die im dritten und vierten Abrechnungsvierteljahr des Jahres 1959 ausgeführten Leistungen nicht vergütet werden könnten, doch ist sinngemäß damit gleichzeitig die Honorierung aller vom Kläger in seiner Praxis in der Breiten Straße erbrachten ärztlichen Leistungen abgelehnt worden, solange der Kläger nicht für einen seinen Niederlassungsort einschließenden Kassenarztsitz zugelassen gewesen ist.

Entgegen der Meinung des Klägers ist der Verwaltungsakt der Beklagten vom 16. Dezember 1959 rechtmäßig gewesen, solange ihm die Zulassung zur Tätigkeit für die gesetzlichen Krankenkassen in der Innenstadt von Mannheim noch nicht erteilt war. Die Beklagte hat dem Kläger seinerzeit zu Recht aufgegeben, die Behandlung von Kassenpatienten in seiner in der Innenstadt von Mannheim gelegenen Praxis einzustellen.

Wie der erkennende Senat am 30. Oktober 1963 entschieden hat (BSG 20, 86, 88), ist auch nach Nichtigerklärung des § 368 a Abs. 1 Satz 1 RVO durch die Entscheidungen des BVerfG vom 23. März 1960 und 8. Februar 1961 (BVerfG 11, 30; 12, 144) § 368 a Abs. 2 RVO weiterhin anzuwenden. An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest. Allerdings hat diese Vorschrift nach Wegfall der Verhältniszahl und des damit verbundenen Planungssystems von Kassenarztsitzen durch die Zulassungsinstanzen an Bedeutung verloren.

§ 368 a Abs. 2 RVO schreibt vor, daß die Zulassung für einen oder mehrere Orte oder Ortsteile (Kassenarztsitz) erfolgt. Die Zulassung zur Kassenpraxis, d. h. die Berechtigung und Verpflichtung des Arztes gegenüber der KV zur Teilnahme an der ärztlichen Versorgung der anspruchsberechtigten Versicherten (§ 368 a Abs. 4 RVO), ist also insofern ortsgebunden, als der Kassenarzt verpflichtet ist, seine Sprechstunden im Bereich seines Kassenarztsitzes abzuhalten (§ 14 Abs. 2 der Zulassungsordnung-Ärzte - ZulO-Ärzte), wenn er auch grundsätzlich berechtigt ist, Besuchstätigkeiten außerhalb des örtlichen Bereichs seines Kassenarztsitzes auszuführen (vgl. Hess-Venter, Das Gesetz über Kassenarztrecht, § 368 a unter III). Die Kassenpraxis ist nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. BSG 2, 201, 215) als eine Erweiterung des ärztlichen Tätigkeitsfeldes anzusehen. Hinsichtlich der Erfüllung dieser besonderen öffentlich-rechtlichen Aufgabe können dem Kassenarzt im Rahmen einer Regelung seiner Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 S. 2 des Grundgesetzes - GG -) Bindungen auferlegt werden, in welcher Art und Weise, d. h. auch an welchem Ort er dieser Aufgabe nachzukommen hat. Dies ist schon seit jeher in den im Laufe ergangenen Zulassungsordnungen - vgl. zB § 13 Abs. 1 ZulO vom 17. Mai 1934 (RGBl I S. 399) und der ZulO vom 8. September 1937 (RGBl I S. 976) -, den Ausführungs- und Überleitungsbestimmungen über das kassenärztliche Dienstverhältnis (der sogenannten Vertragsordnung) vom 30. Dezember 1931 (in der Fassung vom 9. Mai 1933 - vgl. Regierungsanzeiger 1933 Nr. 108) und in den aufgrund dieser Vertragsordnung zwischen den Verbänden der Ärzte und Krankenkassen abgeschlossenen Mantel- und Gesamtverträgen geschehen. Wenn nunmehr § 14 Abs. 2 Satz 1 ZulO-Ärzte ausdrücklich bestimmt, daß der Kassenarzt am Kassenarztsitz seine Sprechstunde abhalten muß, so handelt es sich hier nicht etwa - wie das LSG annimmt - um eine ziemlich bedeutungslos gewordene Ordnungsvorschrift, deren Ermächtigungsgrundlage das Berufungsgericht anscheinend als zweifelhaft ansieht. § 14 Abs. 2 Satz 1 ZulO-Ärzte ist vielmehr die notwendige Folgerung aus der in § 368 a Abs. 2 RVO vorgeschriebenen örtlichen Begrenzung der Kassenzulassung. Der Hinweis des LSG auf § 7 des Bundesmantelvertrages-Ärzte vom 1. Oktober 1959 (BMV), der die Frage der Besuchsbehandlung des Kassenarztes regelt, geht fehl. In dieser Bestimmung ist der Praxisbereich des Kassenarztes angesprochen: Der Kassenarzt ist berechtigt, auch Sozialversicherte, die außerhalb seines Kassenarztsitzes wohnen, zu behandeln. Die Behandlung, die keinen Besuch des Kranken durch der Arzt erfordert (vgl. § 7 BMV), hat aber am Kassenarztsitz, d. h. in der Sprechstunde zu erfolgen (§ 6 BMV). Die Ortsgebundenheit des Zulassungsrechts macht ferner § 368 a Abs. 7 RVO besonders deutlich, der vorschreibt, daß die Zulassung mit dem Wegzug des zugelassenen Arztes aus dem Bezirk des ihm zugewiesenen Kassenarztsitzes von selbst endet. Der Kläger ist also, obwohl im Besitz einer Zulassung, die aber für einen seinen Niederlassungsort nicht umfassenden Kassenarztsitz gegolten hat, nicht befugt gewesen, außerhalb dieses Kassenarztsitzes Sprechstunden für Versicherte abzuhalten.

Daran ändert auch der Umstand nichts, daß der Kläger für die Innenstadt von Mannheim zugelassen worden ist, nachdem das BVerfG im Kassenärzteurteil vom 23. März 1960 die Zulassungsbeschränkung in § 368 a Abs. 1 Satz 1 RVO für nichtig erklärt hatte.

Wie der Senat in seinem bereits erwähnten Urteil vom 30. Oktober 1963 (BSG 20, 86, 90) entschieden hat, ist eine rückwirkende Zulassung zur Kassenpraxis nicht zulässig. Der Kläger ist daher nicht berechtigt gewesen, vor Erteilung dieser Kassenzulassung am Ort seiner Niederlassung Kassenpraxis auszuüben. Die Beklagte hat ihm diese somit zu Recht untersagt.

Hingegen hält der Senat den Verwaltungsakt vom 19. Januar 1960, in dem die Beklagte die Honorierung der vom Kläger vorgenommenen Behandlungstätigkeit abgelehnt hat, für rechtswidrig. Das angefochtene Urteil des LSG, das diesen Verwaltungsakt aufgehoben hat, ist insoweit jedenfalls im Ergebnis zutreffend.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Sprechstundenbehandlung Sozialversicherter außerhalb der Grenzen des in der Zulassungsentscheidung bestimmten Kassenarztsitzes einer KV im allgemeinen das Recht gibt, dem Kassenarzt die Vergütung dieser Leistungen zu verweigern, zumal sie die Möglichkeit hat, diesem ordnungswidrigen Verhalten durch Disziplinarmaßnahmen entgegenzutreten (§ 368 m Abs. 4 RVO) und deswegen auch eine Entscheidung des ZA über das Ruhen oder die Entziehung der Zulassung herbeiführen könnte (§ 368 a Abs. 5 RVO, § 26 Abs. 2 ZulO-Ärzte, § 368 a Abs. 6 RVO, § 27 Satz 2 ZulO-Ärzte). Angesichts der im vorliegenden Fall gegebenen besonderen Sach- und Rechtslage hat die Beklagte dem Kläger die Vergütung für die von ihm seit 20. November 1959 in seiner Niederlassung in Mannheim-Innenstadt getätigte Behandlung von Versicherten jedenfalls aus folgenden Erwägungen nicht vorenthalten dürfen:

Wie das LSG mit Recht angenommen hat, hat der Kläger den Status eines Kassenarztes erlangt, nachdem ihm die Zulassung für den Ortsteil Neckarstadt-Ost (Industrieviertel) erteilt worden war. Dies ergibt sich insbesondere aus § 368 a Absätze 5 - 6 RVO, wonach - anders als bei Beendigung der Zulassung (§ 368 a Abs. 7 RVO) - der ZA durch (konstitutiven) Verwaltungsakt das Ruhen oder die Entziehung der Zulassung anordnen kann, wenn der zugelassene Arzt die kassenärztliche Tätigkeit nicht aufnimmt. Der Kläger hat nun - wie die Feststellungen des LSG über sein gesamtes Verhalten, insbesondere seine außerhalb des Bereichs seines Kassenarztsitzes ausgeübte Kassenpraxis, ergeben - von vornherein die kassenärztliche Tätigkeit am Ort seiner Niederlassung in Mannheim-Innenstadt, für die er eine Zulassung nicht hatte, angestrebt. Er hat die Zulassung für einen außerhalb seiner Niederlassung gelegenen Kassenarztsitz nur angesichts der damals allgemein geübten Gesetzespraxis beantragt; er hat sich insoweit der seinerzeit praktizierten Rechtsauffassung gefügt und davon abgesehen, etwa seine Kassenzulassung für die Innenstadt von Mannheim ohne Ausschreibungs- und Auswahlverfahren (§§ 16 - 23 ZulO-Ärzte) zu beantragen. Das BVerfG hat aber im Kassenärzteurteil vom 23. März 1960 (BVerfG 11, 30) klargestellt, daß die bis dahin allgemein verfolgte Verwaltungs- und Gerichtspraxis der Rechtslage widersprochen hat. Der ZA hätte somit insbesondere die Entscheidung vom 31. Oktober 1959, mit der er dem Kläger die begehrte Kassenzulassung für Mannheim-Innenstadt versagt hat, nicht treffen dürfen. Dem Kläger ist damit seinerzeit - unter Berücksichtigung der geläuterten Rechtsauffassung-objektiv Unrecht geschehen. Unter diesen Umständen erscheint es nicht gerechtfertigt, daß die Beklagte sich weigert, die vom Kläger seinerzeit an Sozialversicherten außerhalb seinen Kassenarztsitzes erbrachten Leistungen zu vergüten. Es kommt hinzu, daß, nachdem das sogenannte Apothekenurteil des BVerfG vom 11. Juni 1958 (BVerfG 7, 377) ergangen war und das BVerfG im Jahre 1959 in den seit langem bei ihm anhängigen Verfassungsbeschwerden über die Verfassungsmäßigkeit der zahlenmäßig beschränkten Kassenzulassung einen Aufklärungsbeschluß erlassen hatte (s. UM 1959, 1071), diese Frage seinerzeit in der Öffentlichkeit allmählich doch als zweifelhaft angesehen worden war und auch der Kläger Zweifel haben durfte, ob die Versagung der Kassenzulassung für den Ort seiner Niederlassung in der Innenstadt rechtens war. Jedenfalls ist die Rechtswidrigkeit des Handelns des Klägers unter diesen besonderen Umständen nicht geeignet, ihm die Honorierung der von ihm außerhalb seines Kassenarztsitzes durchgeführten Behandlung von Versicherten in den Sprechstunden zu versagen.

Da die Beklagte somit schon nach Lage der Besonderheit des Einzelfalles das kassenärztliche Honorar zu zahlen hat, bedarf es keiner Entscheidung, ob die Beklagte, wie der Kläger meint, hierzu auch aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet ist. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob die Beklagte, welche die von den Krankenkassen an sie mit befreiender Wirkung für die strittigen Abrechnungsvierteljahre entrichtete Gesamtvergütung längst verteilt hat (§ 368 f. RVO), überhaupt bereichert ist.

Somit war zu erkennen, wie geschehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Da der Kläger im Rechtsstreit nur zum - wenn auch für ihn wesentlichen - Teil obsiegt hat, hat es der Senat als gerechtfertigt angesehen, daß der Kläger seine außergerichtlichen Kosten zu 1/3 selbst trägt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2297026

NJW 1965, 2029

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