Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. unangemessene Unterkunftskosten. Kostensenkungsaufforderung. fehlende ausreichende Eigenbemühungen zur Kostensenkung. Häufigkeit. Auswahl. keine Darlegungspflicht des Grundsicherungsträgers über konkrete Unterkunftsalternativen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Anspruch auf Anerkennung von unangemessenen Kosten der Unterkunft als Bedarf über den Regelzeitraum von sechs Monaten besteht nicht, wenn Kostensenkungsbemühungen nahezu fehlen.

2. Nachgewiesene Kostensenkungsbemühungen im Umfang von elf Bewerbungen auf angebotene Mietwohnungen in sieben Monaten von denen nur vier Wohnungen den Angemessenheitskriterien des beklagten Jobcenters entsprachen, stellen keine ausreichenden Bemühungen zur Senkung unangemessener Unterkunftskosten dar. Sowohl die Häufigkeit der nachgewiesenen Bewerbungen auf freie Wohnungen als auch die Auswahl der oft nicht angemessenen Wohnungen sind nicht ausreichend.

3. Wegen der nahezu fehlenden Kostensenkungsbemühungen der Kläger ist der Beklagte auch nicht in der Darlegungspflicht, dass es tatsächlich angemessenen Wohnraum gab.

 

Tenor

I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 7. November 2016 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Kläger und Berufungskläger begehren die Gewährung von höheren Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) unter Berücksichtigung ihrer tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung für die Zeit von November 2015 bis Januar 2016.

Die 1972 geborene Klägerin zu 1) und der 1954 geborene Kläger zu 2) sowie ihre 2008 und 2012 geborenen Söhne, die Kläger zu 3) und 4), wohnten zunächst in O-Stadt / Sachsen und bezogen dort seit Juli 2014 Leistungen nach dem SGB II vom örtlich zuständigen Jobcenter Mittelsachsen/Freiberg. Das Jobcenter Mittelsachsen hatte den Klägern mitgeteilt, dass ihre Wohnung in O-Stadt unangemessen teuer sei.

Die Kläger zu 1) und 2) schlossen am 19.11.2014 einen Mietvertrag für eine Vier-Zimmer-Dachgeschosswohnung mit einer Wohnfläche von 130 qm in der A-Straße in A-Stadt/ /Bayern für die Zeit ab dem 14.12.2014 ab. Sie schuldeten eine Grundmiete in Höhe von 720 € monatlich sowie die Nebenkostenvorauszahlung in Höhe von 220 € (100 € Heizkosten, 120 € Betriebskosten).

Am 02.12.2014 sprach die Klägerin zu 1) und am 23.12.2014 der Kläger zu 2) bei der Arbeitsvermittlung des Jobcenters Mittelsachsen vor. Die Wohnung in Bayern würde zunächst als Zweitwohnsitz genutzt werden, die Wohnung in O-Stadt habe erst zum 31.01.2015 gekündigt werden können. Der Umzug sei für Januar 2015 geplant. Der Kläger zu 2) habe ab 01.01.2015 eine Arbeit in Bayern in Aussicht, die Klägerin zu 1) habe ab Februar 2015 Arbeit in Aussicht. Es werde finanzielle Unterstützung für den Umzug, doppelte Mietzahlung im Januar 2015 und Anschaffung eines PKW benötigt, damit der Kläger zu 2) die Arbeitsstelle erreichen könne.

Die Bewilligung von vorläufigen Leistungen nach dem SGB II für die Zeit 01.01.2015 bis 31.03.2015 hob das Jobcenter Mittelsachsen mit Wirkung vom 01.02.2015 wegen fehlender Zuständigkeit auf (Bescheid vom 20.01.2015).

Der Kläger zu 2) schloss am 22.12.2014 einen befristeten Arbeitsvertrag als Fahrer für die Zeit ab 12.01.2015 ab. Der Arbeitgeber kündigte ihm innerhalb der Probezeit am 01.04.2015 zum 15.04.2015. Er bezog in der Folge Krankengeld.

Am 08.01.2015 beantragten die Kläger beim Beklagten Leistungen ab 01.02.2015. In diesem Zusammenhang wies der Beklagte auf die nach seiner Auffassung geltende Mietobergrenze hin und darauf, dass die Wohnung der Kläger unangemessen sei. Für einen Vierpersonenhaushalt seien bis zu 90 qm und eine Bruttokaltmiete in Höhe von 539 € monatlich angemessen.

Der Beklagte bewilligte den Klägern für die Zeit vom 01.02.2015 bis 31.07.2015 Leistungen nach dem SGB II. Als Kosten der Unterkunft und Heizung erkannte er auf Widerspruch der Kläger die tatsächlichen Wohnkosten an; er habe im Rahmen der Kostensenkungsaufforderung die Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten bis Juli 2015 zugesagt (Bescheid vom 02.02.2015, Änderungsbescheide vom 06.02.2015, 26.02.2015, 10.04.2015, 13.04.2015, 23.04.2015, 23.04.2015 und 27.04.2015).

Im Juli 2015 beantragten die Kläger die Fortzahlung von Leistungen nach dem SGB II beim Beklagten und gaben eine Stellungnahme zu ihrer Wohnsituation ab, verbunden mit der Bitte die tatsächlichen Kosten der Unterkunft auch weiterhin zu erhalten. Ihnen habe niemand vor dem Umzug mitgeteilt, dass die Wohnung zu teuer sei oder dass diese vorher zu genehmigen sei. Die Familie sei wegen der Arbeit nach Bayern umgezogen; sie würden alles versuchen, um aus "Hartz 4" herauszukommen. Sie hätten sich um eine günstigere und kleinere Wohnung bemüht, aber leider ohne Erfolg. Sobald es um eine Schufa-Auskunft gehe, käme die Absage. Mit einer Insolvenz, zwei kleinen Kindern und "Hartz 4" sei es schwierig, überhaupt eine Wohnung zu bekommen. Sie hätte...

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