Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitssuchende: Rechtsfolgenbelehrung in einer Meldeaufforderung

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Zulassung der Berufung allein wegen der Frage der inhaltlichen Richtigkeit einer erteilten Rechtsfolgenbelehrung.

 

Orientierungssatz

1. Die Rechtsfrage, welchen Inhalt eine Rechtsfolgenbelehrung haben muss, ist durch das BSG geklärt (vgl. u. a. BSG, 9. November 2010, B 4 AS 27/10 R).

2. Allein die Behauptung, es gebe keine obergerichtliche Rechtsprechung zu einer bestimmten Formulierung in einer Rechtsfolgenbelehrung, genügt regelmäßig nicht zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache; das gilt selbst dann, wenn der Einzelfall beispielgebend für eine Vielzahl von Rechtsfolgenbelehrungen wäre.

 

Tenor

I. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg vom 01.08.2018 wird zurückgewiesen.

II. Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten.

 

Gründe

I.

Streitig ist die Minderung des Anspruches auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II -Alg II-) gemäß dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeiten vom 01.05.2015 bis 31.07.2015 und 01.06.2015 bis 31.08.2015 um jeweils 10 Prozent des Regelbedarfes.

Die Klägerin bezieht seit langem Alg II. Mit Meldeaufforderung vom 18.02.2015 forderte der Beklagte die Klägerin auf, am 05.03.2015 um 8.15 Uhr zur Besprechung der aktuellen beruflichen Situation zu erscheinen. In der dazu erteilten Rechtsfolgenbelehrung wird - wie in allen Rechtsfolgenbelehrungen zu Meldeaufforderungen (so der Beklagte) - auf ein Verhalten entsprechend § 309 Abs. 3 Satz 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) nicht hingewiesen. Auf den Einwand der Klägerin vom 02.03.2015 hin, die Meldeaufforderung sei nicht unterschrieben und es gebe weitere Unzumutbarkeitsgründe, forderte der Beklagte die Klägerin erneut mit Meldeaufforderung vom 03.03.2015 auf, am 05.03.2018 um 8.15 Uhr zu erscheinen, ohne auf die Einwände der Klägerin einzugehen. Die Klägerin erschien nicht. Mit Bescheiden vom 17.04.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.09.2015 hob der Beklagte nach Anhörung der Klägerin die bereits bewilligten Leistungen teilweise für die Zeit vom 01.05.2015 bis 31.07.2015 wegen des Eintritts einer Minderung auf.

Mit weiterer Meldeaufforderung vom 09.03.2015 lud der Beklagte die Klägerin erneut zur Besprechung der aktuellen beruflichen Situation für den 02.04.2015 um 11.30 Uhr ein. Die Rechtsfolgenbelehrung entsprach der vorangegangenen. Die Klägerin erschien nicht. Mit Bescheiden vom 19.05.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.09.2015 hob der Beklagte die bewilligten Leistungen für die Zeit vom 01.06.2015 bis 31.08.2015 um 10 von Hundert des Regelbedarfs teilweise wegen des Eintritts einer Minderung auf.

Wegen beider Minderungen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben. Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 01.08.2018 die angegriffenen Bescheide aufgehoben. Die erteilten Rechtsfolgenbelehrungen seien unvollständig, denn auf ein Verhalten entsprechend § 309 Abs. 3 Satz 2 SGB III sei darin nicht hingewiesen worden. Die Klägerin hätte auch darauf hingewiesen werden müssen, dass ihr Erscheinen am selben Tag zu einer anderen Uhrzeit ebenfalls genüge, wenn der Meldezweck noch erfüllt werden könne. Über diese Möglichkeit sei die Klägerin nicht informiert worden. Der schlichte Hinweis auf den Gesetzestext (hier: § 309 SGB III) genüge nicht. Die erteilte Rechtfolgenbelehrung vermittle den Anschein, die Meldepflicht sei bei Nichterscheinen zur angegebenen Uhrzeit verletzt und ein späteres Erscheinen ändere hieran nichts. Die Berufung hat das SG nicht zugelassen.

Dagegen hat der Beklagte Nichtzulassungsbeschwerde zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) erhoben. Der vom SG zitierten Entscheidung des Sozialgerichts Leipzig (S 22 AS 2098/16 ER) stünde eine Entscheidung des Sozialgerichts München (S 40 AS 1532/17 ER) gegenüber. Der Text des § 309 SGB III läge dem Einladungsschreiben jeweils bei. Im Übrigen werde eine zeitliche Abstimmung von Terminen für den Beklagten kaum mehr durchführbar, wenn von der Möglichkeit des § 309 Abs. 3 Satz 2 SGB III vermehrt Gebrauch gemacht würde. Die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Akte des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

Die fristgerecht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist gemäß § 145 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, sachlich aber nicht begründet. Es gibt keinen Grund, die gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG wegen des Wertes des Beschwerdegegenstandes ausgeschlossene Berufung zuzulassen. Der Beschwerdewert wird nicht erreicht. Auch sind nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).

Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urtei...

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