LSG: Erziehungszeiten und Mütterrente sind verfassungsgemäß

Derzeit werden Kindererziehungszeiten für vor 1992 Geborene schlechter bewertet, als für später Geborene. Die Unterschiede bei der Mütterrente sind jedoch nicht verfassungswidrig, entschied aktuell das LSG Niedersachsen-Bremen. Der Gesetzgeber müsse jedoch die Nachteile bei der Mütterrente ausgleichen.

Eine 1951 geborenen und in Hannover lebenden Frau klagte gegen die Deutsche Rentenversicherung (DRV). Die DRV hatte bei der Klägerin im Vormerkungsverfahren jeweils 12 Monate Kindererziehungszeiten für die in den Jahren 1971 und 1974 geborenen Kinder berücksichtigt. Die Klägerin wollte jedoch 3 Jahre Kindererziehungszeiten je Kind berücksichtigt haben. Den Anspruch auf die 3-jährige Kindererziehungszeit leitete sie aus dem Grundgesetz her.

Derzeitige gesetzliche Regelung für die Mütterrente

Die aktuelle Gesetzesfassung des 6. Sozialgesetzbuches (§§ 56, 249 SGB VI) sieht für Kinder, die vor dem 1.1.1992 geboren sind, Kindererziehungszeiten von 12 Kalendermonaten im Versicherungsverlauf vor. Für Kinder die ab 1992 geboren wurden, werden Kindererziehungszeiten für die ersten 3 Lebensjahre - also 36 Kalendermonate - berücksichtigt.

Erziehungszeiten wurden zutreffend ermittelt

Die Klage vor dem Sozialgericht Hannover war erfolglos. Auch das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen hat entschieden (Urteil v. 4.11.2013, L 2 R 352/13), dass die DRV die Kindererziehungszeiten nach den §§ 56, 249 SGB VI zutreffend ermittelt hat. Für eine weitergehende Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten fehlt es aktuell an der gesetzlichen Grundlage.

Kinder sichern den Generationenvertrag der Rentenversicherung

Derzeit ist es auch nicht verfassungswidrig, wenn der Gesetzgeber den betroffenen Müttern von vor 1992 geborenen Kindern keine mehr als 12 monatigen Erziehungszeit einräumt. Allerdings dürfte dies den von der Klägerin im Laufe ihres Lebens erbrachten Gesamtbeitrag zur Rentenversicherung nur unzureichend widerspiegeln, urteilte das LSG. Denn die Kindererziehung sichert den Generationenvertrag und hat damit elementare Bedeutung für das Altersversorgungssystem.

Bundesverfassungsgericht verpflichtete Gesetzgeber zum Ausgleich bei der Mütterrente

So entschied auch bereits vor Jahren das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Urteil v.7.7.1992). Die als Generationenvertrag ausgestaltete Rentenversicherung lässt sich ohne die nachrückende Generation nicht aufrechterhalten. Daher hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Urteil v. 12.3.1996) den Gesetzgeber als verpflichtet angesehen, für einen angemessenen Ausgleich zu sorgen - allerdings einen weiten Gestaltungsrahmen zugebilligt.

Benachteiligungen bei der Mütterrente können stufenweise abgebaut werden

Langfristig sei es Pflicht des Gesetzgebers, die Anerkennung von Kindererziehungszeiten über die mit dem Rentenreformgesetz 1992 (RRG 1992) eingeführte Regelung des § 56 Abs.1 S.1 SGB VI hinaus auszuweiten. Allerdings wurde dem Gesetzgeber vom Bundesverfassungsgericht ein langjähriger Umsetzungszeitraum zugesprochen. Die Benachteiligungen können stufenweise abgebaut werden, auch Stichtagsregelungen sind zulässig (BVerfG, Urteil v. 7.7.1992).

Gesetzgeber verzögert die Neuregelung der Mütterrente nicht pflichtwidrig

Das LSG bestätigt dem Gesetzgeber seit Erlass des BVerfG-Urteils von 1992 mehrere Reformfortschritte durchgeführt zu haben. So wurden die Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung (§§ 71 Abs. 3 SGB VI) besser bewertet sowie die Bewertung der Kindererziehungszeiten (§ 70 Abs. 2 SGB VI) verbessert. Dem Gesetzgeber könne bislang keine pflichtwidrige Verzögerung bei der Umsetzung der verfassungsrechtlichen Mindestanforderungen an eine Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten vorgeworfen werden.

Das Bundesverfassungsgericht hatte seinerzeit keine konkreten zeitlichen Vorgaben erteilt. Daher ist auch 20 Jahre nach Erlass des Urteils v. 7.7.1992 die dem Gesetzgeber zur Verfügung stehende Zeit noch nicht abgelaufen.

LSG Niedersachsen-Bremen