Krankenkasse trägt Kosten der Entfernung von PIP-Brustimplantaten

Krankenkassen müssen teilweise für die Folgen des PIP-Brustimplantat-Skandals einstehen, entschied das SG Berlin. Die Krankenkasse trägt die Kosten für die medizinisch notwendige Entfernung der minderwertigen Brustimplantate, nicht jedoch für die neuen Implantate.

Das Sozialgericht (SG) Berlin entschied am 10.12.2013 (S 182 KR 1747/12) über die Klage einer Berlinerin, die von ihrer Krankenkasse die Kosten für den Austausch von Brustimplantaten Herstellers Poly Implant Prothèse (PIP) beanspruchte. Die Krankenkasse muss die Kosten für die medizinisch notwendige Explantation der minderwertigen PIP-Brustimplantate tragen. Allerdings muss sich die Patientin an den Kosten beteiligen, wenn das erstmalige Einsetzen der Implantate allein ästhetische Gründe hatte. Die Kosten für die neuen Implantate muss die Patientin vollständig selbst tragen.

Minderwertige PIP-Implantate wurden ausgetauscht

Im Jahr 2004 flog die damals 19 jährige Klägerin aus Berlin nach Alicante/Spanien und ließ sich auf eigene Kosten beidseits Brustimplantate des Herstellers Poly Implant Prothèse (PIP). Später wurde bekannt, dass die verwendeten Implantate mit minderwertigem Industriesilikon gefüllt waren, zu Rissbildung neigen und Silikon austreten konnte.

Im Juli 2012 begab sich die nun 27 jährige Klägerin für 3 Tage in ein Berliner Krankenhaus. Beim Implantatwechsel stellte sich heraus, dass Ihre PIP-Implantate zwar noch intakt waren, aber durch das sog. Ausschwitzen bereits deutlich Silikon verloren hatten. Die PIP-Implantate wurden gegen neue Silikongel-Implantate ausgetauscht.

Hintergrund: Im Jahr 2010 wurde der Vertrieb der Brustimplantate des Herstellers PIP untersagt. 2012 empfahl das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) die Entfernung der Implantate. Der Gründer der Firma PIP wurde am 10.12.2013 in Marseille wegen bewusster Täuschung seiner Kunden zu 4 Jahren Haft verurteilt.

Krankenkasse übernahm die Kosten für die Implantat-Entfernung ...

Die Krankenkasse (Barmer GEK) erstattete die Kosten der medizinisch erforderlichen Herausnahme der schädlichen Implantate (rund 4.100 EUR). Die Patientin, eine alleinerziehende ALG II-Empfängerin, muss sich jedoch mit 280 EUR (2 % ihrer jährlichen Einnahmen von 14.000 EUR) an den Kosten beteiligen.

... aber nicht für die Ersatzimplantate

Die Krankenkasse übernahm jedoch nicht die Kosten für ein Ersatzimplantat (ebenfalls rund 4.100 EUR). Begründung: Die erstmalige Versorgung mit Brustimplantaten sei aus rein kosmetischen Gründen erfolgt. Es habe keine Krankheit vorgelegen, es sei eine reine Schönheitsoperation gewesen.

Die junge Frau klagte im Oktober 2012 gegen die Ablehnung der Krankenkasse. Sie habe sich die Implantate seinerzeit aus psychischen Gründen einsetzen lassen. Sie hätte es auch jetzt nicht verkraften können, wenn ihre Brüste nach der Explantation nicht wieder in einen annehmbaren Zustand gebracht worden wären.

Krankenkasse trägt keine Kosten für Folgen einer nicht notwendigen Schönheits-OP

Mit Urteil v. 10.12.2013 hat das SG Berlin die Klage nach mündlicher Verhandlung abgewiesen. Es sei richtig, dass die Patientin an den Kosten der Explantation beteiligt werde. Die Herausnahme der schädlichen Brustimplantate sei zwar medizinisch notwendig, jedoch eine Folge der vorangegangenen rein kosmetischen Maßnahme (Schönheitsoperation) gewesen.

Obwohl es für die Klägerin bitter sei, Opfer einer unseriösen Firma geworden zu sein, sei es nicht sachgerecht, dass die Versichertengemeinschaft alle Risiken trage, die mit einer medizinisch nicht notwendigen Operation verbunden sind.

Psychische Gründe rechtfertigten keine Schönheits-OP

Selbst wenn die Klägerin damals psychisch unter einem vermeintlichen körperlichen Makel gelitten habe, sei der Eingriff in einen gesunden menschlichen Körper (jedenfalls nach den Maßstäben des Krankenversicherungsrechts) nicht gerechtfertigt gewesen. Psychische Erkrankungen seien vielmehr mit Mitteln der Psychotherapie zu behandeln.

Die Kosten für die Einbringung neuer Implantate müsse die Krankenkasse nicht tragen, da keine medizinische Notwendigkeit feststellbar sei und im versicherungsrechtlichen Sinn keine Krankheit vorliege. Auch diese Kosten seien letztendlich Folgen einer medizinisch nicht indizierten Operation, für die die Klägerin selbst aufkommen muss.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es kann von der Klägerin mit der Berufung zum Landessozialgericht Berlin-Brandenburg in Potsdam angefochten werden.

SG Berlin
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