Wettbewerbsrechtliche Haftung für Affiliate-Partner

Für irreführende Werbung auf Partnerseiten mit Affiliate-Links zu Verkaufsplattformen ist der Onlinehändler nicht verantwortlich. Es fehlt u. a. die für eine Haftung erforderliche Beherrschung des Risikobereichs.

Unzählig viele Internetanbieter platzieren auf ihren Seiten Affiliate-Links (Partner-Links) zu Verkaufsplattformen.  Darunter befinden sich viele Websites für Produkttests, die im Wesentlichen das Ziel verfolgen, durch Verlinkungen zu Verkaufsplattformen Provisionen zu generieren. Die Verkaufsplattformen zahlen den Anbietern der Affiliate-Links für auf diese Weise zustande gekommenen Kaufabschlüsse bis zu 12 % Provision.

Verkaufsplattformen verantwortlich für Websites mit Affiliate-Links?

Ein Matratzenhersteller störte, dass die Affiliate-Links sich oft auf – nach seiner Auffassung – unseriösen Seiten mit gefakten Testberichten und ähnlichen Inhalten befinden. Da Verkaufsplattformen von den Affiliate-Links erheblich profitieren würden, seien sie für die Inhalte dieser Anbieter mitverantwortlich und hätten insoweit die Pflicht zur Kontrolle dieser Seiten auf wettbewerbsrechtliche Rechtsverstöße.

Klage wegen Wettbewerbsverstoßes

Mit diesen Argumenten verklagte der Matratzenhersteller verschiedene Gesellschaften der Amazon-Gruppe auf Unterlassung einer im Jahr 2019 veröffentlichen Werbung auf einer Website, die unter anderem das Thema „Schlaf und Matratzen“ zum Inhalt hatte und optisch den unrichtigen Eindruck eines Onlinemagazins mit seriösen Testberichten vermittelte. Die Seite enthielt für diverse Produkte Affiliate-Links, u.a. zu Amazon.

Haftung für wettbewerbswidrige Handlungen von Beauftragten 

Der Klage blieb in sämtlichen Instanzen der Erfolg versagt. In der Revisionsinstanz stützte der BGH seine rechtlichen Erwägungen im Wesentlichen auf §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 Satz 1 UWG. Nach diesen Vorschriften kann auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer im Wettbewerb unlautere geschäftliche Handlungen vornimmt. Gemäß § 8 Abs. 2 UWG ist der Unterlassungsanspruch auch gegen den Inhaber eines Unternehmens begründet, dessen Mitarbeiter oder Beauftragte die wettbewerbswidrigen Handlungen begangen haben.

Gesetz zu Gunsten effektiven Wettbewerbsschutzes weit auszulegen

Der BGH betonte, dass die Vorschrift des § 8 Abs. 2 UWG zum Zwecke eines effektiven Schutzes des Wettbewerbs grundsätzlich weit auszulegen ist. Beauftragte könnten hiernach auch selbständige Unternehmen sein, die im weitesten Sinne im Interesse des beauftragenden Unternehmens tätig werden.

Faktische Erweiterung des Geschäftsbereichs durch Werbepartner

Bei der Beurteilung der Haftungsfrage ist nach Auffassung des BGH allerdings die Berücksichtigung des inneren Grundes für die Zurechnung der Geschäftstätigkeit des Beauftragten gemäß § 8 Abs. 2 UWG zu berücksichtigen. Dieser innere Grund liege in der einem Betriebsinhaber zugutekommenden Erweiterung des Geschäftsbereichs durch die Tätigkeit des Beauftragten.

Beanstandete Website erweiterte nicht den Geschäftsbereich

An einer Erweiterung des Geschäftsbetriebs von Amazon durch die Beschäftigung der beanstandeten Website mit dem Thema „Schlaf und Matratzen“ fehlte es im konkreten Fall nach Einschätzung des BGH. Die Website habe redaktionell gestaltete Beiträge zu dem Thema „Schlaf und Matratzen“ enthalten und deren Inhalt nach eigenem Ermessen der Betreiberin gestaltet. Zum Zwecke der Generierung von Provisionen bei verschiedenen Anbietern sei die Website mit Affiliate-Links versehen worden. Diese Affiliate-Links seien damit Teil des von der Website in eigener Verantwortung gestalteten und im eigenen Interesse angebotenen Gesamtprodukts gewesen, ohne den Geschäftsbereich von Amazon als solchen unmittelbar zu erweitern.

Website nicht im Risikobereich von Amazon

Daneben fehlte es nach Auffassung des BGH für eine Haftung seitens Amazon an der nach § 8 Abs. 2 GG erforderlichen Beherrschung des Risikobereichs des Werbepartners. Die Verlinkung zur Amazonseite sei nicht in Erfüllung eines von Amazon gegebenen Auftrags oder einer mit Amazon geschlossenen Vereinbarung erfolgt, sondern auf eigene Initiative und dem im Vordergrund stehenden Eigeninteresse des Anbieters der beanstandeten Website. Amazon selbst habe auf den Inhalt der Seite keinen Einfluss gehabt.

Kein Unterlassungsanspruch

Damit waren nach der Entscheidung des BGH insgesamt die Voraussetzungen für einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch nicht gegeben. Der Klage blieb damit der Erfolg versagt.

(BGH, Urteil v. 26.1.2023, I ZR 27/22)

Hintergrund:

Mit seiner Entscheidung hat der BGH eine deutliche Haftungsgrenze für die Anbieter von Verkaufsplattformen im Internet gezogen. Die Verletzung wettbewerbsrechtlicher Regeln kann danach nur gegen die Anbieter der jeweiligen Websites geltend gemacht werden, die die Affiliate-Links enthalten. In der Praxis stößt dies allerdings auf erhebliche Probleme, da die Anbieter solcher Seiten häufig nicht identifizierbar sind, weil sie in kurzen Abständen das Impressum ändern und diese Websites von schwer zu ermittelnden Betreibern im Ausland betrieben werden.