Verdeckte Schockbilder auf Zigarettenschachteln

Nach einem Urteil des OLG München können Supermarktbetreiber, die Zigaretten über einen Warenausgabeautomaten an der Kasse verkaufen, vorerst aufatmen. Dass der Kunde die vorgeschriebenen Schockbilder erst auf dem Warenband sieht, ist ausreichend. Die Revision zum BGH wurde zugelassen.

EU-weite Vorgaben zu Warnhinweisen

Egal wie man die Zigarettenschachteln heutzutage dreht und wendet, die schrecklichen Abbildungen von krebsbefallenen Organen, Menschen am Kranken- oder Sterbebett eines Familienangehörigen, Hinweise auf beeinträchtigte Potenz oder Fruchtbarkeit usw. starren einen an und wollen zum Aufgeben des Lasters überreden. Diese eindrücklichen und abschreckend wirkenden Warnhinweise sind von der EU an alle Mitgliedsstaaten vorgegeben (Tabakproduktrichtlinie).

Bilder der Zigarettenmarken ohne Warnhinweise vor jeweiligen Fächern

Eine Anti-Raucher-Initiative verklagte zwei Lebensmittelläden einer bekannten Kette auf Unterlassung, weil sie einen Zigaretten-Automaten an der Kasse nutzen, der die Warnhinweise während der Aufbewahrung verdeckt. Zu sehen sind nur die Marken, die in den Fächern gelagert sind. Erst nach entsprechend geäußerter Bitte an den Kassierer und Knopfdruck wird die gewünschte Packung freigegeben und mit auf das Warenband gelegt, wo sie dann mit allen anderen Dingen, die gekauft werden, abkassiert wird. Dieses System dient auch dem Diebstahl- und Jugendschutz.

Wettbewerbsverstoß angemahnt

Die Anti-Raucher-Initiative hält diese Vorgehensweise für unlauter und wettbewerbswidrig. Aus ihrer Sicht

  • verstößt sie gegen das Verdeckungsverbot (§ 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 TabakerzV).
  • Außerdem würden wesentliche Informationspflichten vorenthalten (§ 5, 5a Abs. 2 UWG).

Vorhalten der Zigarettenpackungen im Automaten = Anbieten zum Verkauf?

In § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 heißt es, dass die gesundheitsbezogenen Warnhinweise

zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens, einschließlich des Anbietens zum Verkauf, nicht teilweise oder vollständig verdeckt 

werden dürfen. Die Frage, ob das Vorhalten in dem Automaten zum „Anbieten zum Verkauf“ gehört, ist nicht einfach zu beantworten und ein bisschen mit Wortklauberei verbunden. Nicht umsonst hat das OLG die Revision zugelassen.

OLG München reicht es, dass der Kunde die Warnhinweise auf dem Warenband kurz sieht

Das OLG München hat sich gegen einen Verstoß entschieden. Das Vorrätighalten der Zigaretten in dem Automaten deklariert es als Verkaufsmodalität, die von der EU-Richtlinie und damit auch der deutschen TabakerzV nicht geregelt sein will. Der Sinn und Zweck der Kennzeichnungspflichten bleibe erfüllt,

  • weil der Konsument die Packung mitsamt Schockbildern noch auf dem Warenband zu Gesicht bekommt und
  • an die mit dem Rauchen verbundenen Gefahren erinnert wird, bevor er sie kauft.
  • Theoretisch hätte er da noch die Möglichkeit, sich gegen die Zigaretten zu entscheiden.

Durch diese Art des Vorhaltens würden die Zigaretten auch nicht als unbedenklich beworben.

Informationspflichten erfüllt, weil Warnhinweise vor Kauf sichtbar werden

Die gleiche Begründung zieht das OLG bezüglich der wesentlichen Informationspflichten (§ 5a Abs. 2 UWG) heran. Die Warnhinweise, sofern sie als Informationen in diesem Sinne qualifiziert würden, bekommt der Käufer. In der Zeit zwischen Abwerfen auf das Warenband und Bezahlen kann der Kunde von Ihnen Kenntnis nehmen, was ausreichend sei.


(OLG München, Urteil v. 25.7.2019, 29 U 2440/18)

Schlagworte zum Thema:  Wettbewerbsrecht, Verbraucherschutz, EU-Recht