Stolperfalle bei Gründung von GmbH oder UG (haftungsbeschränkt) mit einem Musterprotokoll

Eine UG (haftungsbeschränkt) (im Folgenden: „Gesellschaft“) wurde im vereinfachten Verfahren unter Verwendung des gesetzlichen Musterprotokolls als Einpersonengesellschaft gegründet. Ein paar Jahre später wurde mit notariell beurkundetem Gesellschafterbeschluss die Neufassung des Gesellschaftsvertrages beschlossen. Allerdings enthielt der neugefasste Gesellschaftsvertrag keine Regelungen zur Befreiung des Geschäftsführers von den Beschränkungen des § 181 BGB. Das Registergericht wies darauf hin, dass die grundsätzlich mit dem Musterprotokoll erfolgte Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB entfallen sei und die geänderte besondere Vertretungsbefugnis des Geschäftsführers, d.h. der Wegfall dieser Befreiung, noch angemeldet werden müsse.
Die von der Gesellschaft hiergegen eingelegte Beschwerde hat das Registergericht mit folgender Begründung zurückgewiesen:
„Die Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB müsse durch oder aufgrund einer satzungsmäßigen Regelung erfolgen und diese müsse auch bestehen bleiben.“
Auch der Wegfall einer solchen Regelung in einer normalen GmbH-Satzung in Folge einer Satzungsänderung führe zu einer Änderung der besonderen Vertretungsbefugnis eines Geschäftsführers, wenn diesem nach der alten Satzung die Befreiung zugesprochen gewesen sei. Das Gleiche gelte bei einer späteren Satzungsänderung einer durch Musterprotokoll gegründeten Gesellschaft.
Der Beschluss des OLG Düsseldorf vom 30.04.2021, Az. 3 Wx 46/21
Die Beschwerde der Gesellschaft gegen die Zurückweisung blieb ohne Erfolg. Denn das OLG Düsseldorf („OLG“) schloss sich sämtlichen Ausführungen des Registergerichts an. Dabei hielt das OLG fest, dass es für die wirksame Änderung eines im Wege des Musterprotokolls gefassten Gesellschaftsvertrages nicht Voraussetzung sei, den Gesellschaftsvertrag insgesamt neu zu fassen.
Sämtliche Regelungen, die nicht von der Satzungsänderung berührt sind, müssten jedoch unverändert übernommen werden. Wenn also, wie vorliegend, im neugefassten Gesellschaftsvertrag keine Regelungen zur Befreiung des Geschäftsführers von den Beschränkungen des § 181 BGB enthalten sind, obwohl es für solch eine solche Befreiung einer satzungsmäßigen Grundlage bedarf, könne eine Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB nicht im Handelsregister eingetragen werden.
Anmerkung
Der Beschluss überzeugt vor dem Hintergrund der begrenzten materiellen Satzungsqualität der Befreiung eines Geschäftsführers von den Beschränkungen des § 181 BGB.
Eine GmbH oder UG (haftungsbeschränkt) kann im vereinfachten Verfahren unter Verwendung eines Musterprotokolls gegründet werden, allerdings nur dann, wenn sie höchstens drei Gesellschafter und einen Geschäftsführer hat. Vorteil des Musterprotokolls ist, dass es schnell und ohne großen Aufwand angefertigt werden kann und eine geringere Notargebühr anfällt.
Allerdings können die gesetzlich vorgegebenen Vorlagen für das Musterprotokoll nur in engen Grenzen abgeändert oder ergänzt werden. Individuelle Regelungen, die auf den Einzelfall abgestimmt sind (bspw. Zustimmungsvorbehalte der Gesellschafter, Kündigungs- oder Einziehungsklauseln), können also nicht vereinbart werden. Daher ist es gerade bei Mehrpersonengesellschaften ratsam, nicht das Musterprotokoll, sondern vielmehr einen „normalen“ Gesellschaftsvertrag (mit individuellen Ausgestaltungsmöglichkeiten) zu verwenden. Diese Nachteile mögen zwar auf den ersten Blick im Fall der Einpersonengesellschaft nicht einschlägig sein. Sollten aber nach der Gründung im vereinfachten Verfahren weitere Gesellschafter aufgenommen werden, wird regelmäßig eine Abänderung des Gesellschaftsvertrags erforderlich sein. Nachträgliche Änderungen unterfallen dann den Regeln zur Satzungsänderung, so dass zusätzliche Kosten anfallen.
Weitere Beiträge zu dem Thema:
GmbH-Gründung künftig von zu Hause aus möglich
Abweichungen vom Musterprotokoll bei GmbH-Gründung im vereinfachten Verfahren
-
Wohnrecht auf Lebenszeit trotz Umzugs ins Pflegeheim?
1.8362
-
Klagerücknahme oder Erledigungserklärung?
1.510
-
Löschung von Kundenkonten
1.492
-
Gerichtliche Ladungen richtig lesen und verstehen
1.487
-
Wie kann die Verjährung verhindert werden?
1.382
-
Wann muss eine öffentliche Ausschreibung erfolgen?
1.352
-
Brief- und Fernmelde-/ Kommunikationsgeheimnis: Was ist erlaubt, was strafbar?
1.317
-
KI-Kompetenz ist Pflicht ab 2025
1.1781
-
Welche Streu- und Räumpflichten bestehen für Parkplätze?
1.027
-
Formwirksamkeit von Dokumenten mit eingescannter Unterschrift
1.0271
-
Employee-Buy-Out als Nachfolgelösung für Unternehmen
28.01.2025
-
Geschäftsaufgabe und Überbrückungshilfen: Herausforderungen und rechtliche Risiken
15.01.2025
-
Sozialversicherungspflicht von GmbH-Geschäftsführern
14.01.2025
-
Seit dem 1.11.2024 gelten neue Meldepflichten für wirtschaftlich Berechtigte in China
13.01.2025
-
Bürokratieentlastungsgesetz IV schafft Meldepflicht in Beherbergungsstätten für deutsche Gäste ab
10.01.2025
-
Cyberangriff: Wer kommt für den Schaden auf?
07.01.2025
-
900.000 EUR Bußgeld, weil Daten nicht gelöscht wurden
31.12.2024
-
Zulässigkeit von Hinauskündigungsklauseln in Form einer Vesting-Regelung bei Start-ups
30.12.2024
-
Rechtsunsicherheit für die Kundenanlage
17.12.2024
-
Die Verordnung über das Verbot von Produkten, die in Zwangsarbeit hergestellt wurden
11.12.2024