Gilt die Befreiung von § 181 BGB auch für den Liquidator?

Eine in der Satzung bestimmte Möglichkeit zur Befreiung des Geschäftsführers vom Verbot des Insichgeschäfts gilt nicht automatisch für den (geborenen) Liquidator fort. Hierfür bedarf es zumindest eines einfachen Gesellschafterbeschlusses, sofern es sich um punktuelle Befreiungen von den Beschränkungen des § 181 BGB handelt.

Die Parteien streiten über Forderungen aus einem zwischen der Beklagten und einer UG (haftungsbeschränkt) (im Nachfolgenden: „Pächterin“) geschlossenen Betriebspachtvertrag.

Hintergrund:

Der Kläger war als (Alleingesellschafter-)Geschäftsführer entsprechend der Satzung der Pächterin von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit worden. Sowohl dies als auch die spätere Bestellung des Klägers zum alleinigen Liquidator der Pächterin durch Gesellschafterbeschluss waren im Handelsregister eingetragen. Durch weiteren Gesellschafterbeschluss wurde dem Kläger  Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB für die Abtretung von Forderungen aufgrund des Betriebspachtvertrages gegen die Beklagte erteilt. Bei Abtretung der besagten Forderungen an den Kläger wurde die Pächterin daraufhin durch den Kläger vertreten.

Diese Forderungen macht der Kläger gegen die Beklagte geltend. Erstinstanzlich wurde die Klage mit Verweis auf eine fehlende Aktivlegitimation des Klägers abgewiesen.

Urteil des Brandenburgischen OLG vom 11.12.19, Az. 4 U 203/15

Die vom Kläger eingelegte Berufung hatte teilweise Erfolg. Das Berufungsgericht hält den Kläger insbesondere für aktivlegitimiert. Bei Abschluss des Abtretungsvertrages sei der Kläger vom sog. Verbot des Insichgeschäfts gem. § 181 BGB wirksam befreit gewesen.

Dies beruhe nicht schon auf der ursprünglichen Satzungsregelung der Pächterin. Denn der in § 66 S. 1 GmbHG niedergelegte Grundsatz der Amtskontinuität für geborene Liquidatoren einer Gesellschaft – wie dem Kläger – sage nichts darüber aus, ob auch die bisherige Vertretungsmacht eines Geschäftsführers unverändert fortbestehe. Im Rahmen der Liquidation bestünden gem. § 68 Abs. 1 GmbHG vielmehr eigene Vertretungsregelungen.

Die wirksame Befreiung des Klägers als Liquidator vom Verbot des Insichgeschäfts beruhe jedoch auf dem vor der Abtretung erfolgten Gesellschafterbeschluss. Obwohl die Satzung der Pächterin keine Befreiungsmöglichkeit von § 181 BGB durch einfachen Gesellschafterbeschluss im Rahmen der Liquidation vorsehe, sei dieser Gesellschafterbeschluss wirksam. Der Gesellschafterbeschluss sehe nur eine punktuelle Befreiung (bezüglich der Forderungen gegen die Beklagte) von den Beschränkungen des § 181 BGB vor, für die es im Gegensatz zu generellen Befreiungen keiner solchen Satzungsbestimmung bedürfe.

Anmerkung

Das Urteil überzeugt. Gesellschaftsrechtlich lässt sich kein Grundprinzip ableiten, dass die in der Satzung festgehaltenen Vertretungsregelungen des Geschäftsführers für den geborenen Liquidator ohne weiteres fortgelten.

In der Praxis gilt es insbesondere darauf zu achten, dass generelle Befreiungen von den Beschränkungen des § 181 BGB durch Regelungen in der Satzung legitimiert werden. Ansonsten wären entsprechende Gesellschafterbeschlüsse zur Befreiung der Geschäftsführer unwirksam. Falls auch für den Fall der Liquidation eine solche generelle Befreiung möglich sein soll, muss dies ebenfalls in der Satzung verankert werden. Während ersteres zum Standardinhalt der meisten Satzungen gehört, gibt das Urteil des OLG Brandenburg Anlass zur Überprüfung, ob auch der Fall der Liquidation in der Satzung hinreichend berücksichtigt ist.

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Schlagworte zum Thema:  GmbH-Geschäftsführer, Satzung, Liquidation