InsO-Reform soll Sanierungschancen bei Konzerninsolvenz stärken

Die Insolvenzordnung erhält zum 21.4. neue Regelungen, die speziell Insolvenzen von Unternehmen einer Gruppe betreffen. Ziel ist die bessere Absicherung der Interessen des Gesamtkonzerns und seiner Gläubiger. Die verschiedenen Verfahren sollen künftig mehr Hand in Hand und aufeinander abgestimmt laufen.

Mit dem neuen „Gesetz zur Erleichterung der Bewältigung von Konzerninsolvenzen“ sol­len die Insol­venz­ver­fah­ren der ein­zel­nen Kon­zern­ge­sell­schaf­ten zen­tra­li­siert wer­den, um die Chance zur Erhal­tung der Kon­zern­struk­tu­ren und damit der best­mög­li­chen Sanie­rung der Toch­ter­fir­men zu erhöhen.

Durch Bündelung und Koordinierung von Konzerninsolvenzen bei Insolvenzen innerhalb eines Konzerns soll es gelingen, die verschiedenen betroffenen Interessen besser abwägen und berücksichtigen.

Nach bisher geltenden Insolvenzrecht stand jeder Konzernteil für sich allein

Bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung gilt auch innerhalb einer Unternehmensgruppe, dass jede Gesellschaft

  • ihr eigenes Insolvenzverfahren einleitet,
  • ihre eigene Sanierung anstrebt,
  • ihren eigenen Insolvenzverwalter und den
  • eigenen Insolvenzgerichtsstand hat,
  • ihre eigenen Gläubiger-Interessen vertritt.

Dabei ist völlig egal, ob verbundene Gesellschaften ebenfalls gegen die Pleite kämpfen oder nicht.

Nachteile der Dezentralisierung bei Insolvenzen in einem Konzern

Insbesondere wenn ein Konzern einen gemeinsamen unternehmerischen Zweck verfolgt und seine betriebs- und finanzwirtschaftliche Funktionen auf unterschiedliche Gesellschaften der Gruppe verteilt hat, kann das mit Blick auf eine mögliche Sanierung gefährlich werden.

  • Vor dem Insolvenzantrag wird die Konzernleitungsmacht untereinander abgestimmt.
  • Nach dem Insolvenzantrag wird darauf vom Insolvenzverwalter keine Rücksicht genommen, die Wege können nun in unterschiedliche Richtungen voneinander abdriften.

Insolvenzverwalter hat Wohl und Wehe des Einzelunternehmens im Fokus

Der einzelne Insolvenzverwalter ist verpflichtet, allein das Unternehmen zu retten bzw. durch das Verfahren zu steuern, für das er eingesetzt ist.


Dazu gehört auch das Führen von Rechtsstreitigkeiten zur Bereicherung der Insolvenzmasse, die aus Verwaltersicht nötig, aber mit Blick auf den gesamten Konzern und dessen Gläubiger möglicherweise ineffizient sind und zu suboptimalen Verwertungsergebnissen führen.

Neue Rechtslage bei Konzerninsolvenzen ab dem 21.4.2018

Die vielfache Kritik an dieser Situation hat zu dem „Gesetz zur Erleichterung der Bewältigung von Konzerninsolvenzen“ geführt, das für alle Insolvenzverfahren, die nach dem 21.4.2018 beantragt werden, gelten wird.

Es ist ein überschaubares Gesetz, das v.a. die Insolvenzordnung ergänzt.

  • Es bleibt bei dem Grundsatz „eine Gesellschaft, ein Insolvenzverfahren“, aber der „Tunnelblick“ wurde abgeschafft.
  • Durch neue Abstimmungsmechanismen wird das Wohl des Konzerns und seiner Gläubiger insgesamt im Auge behalten.

Schwerpunkte der Neuregelungen zum Konzern-Insolvenzen

  • Gruppen-Gerichtsstand

Für Konzerngesellschaften wird ein Gruppen-Gerichtsstand eingeführt, der unabhängig vom originären Gerichtsstand im Einzelfall ist. Die Bestimmung erfolgt auf Antrag eines Gruppenunternehmens bzw. dessen Insolvenzverwalters. Die Gesellschaft darf dabei nicht nur untergeordnete Bedeutung im Verhältnis zum Konzern haben (mehr als 15 % der Arbeitnehmer, Bilanzsumme oder Umsatzerlöse). Die Verfahrenskonzentration muss im gemeinsamen Interesse der Gläubiger liegen (§§ 3 a bis 3 e. InsO n.F.)

  • Bestellung eines Insol­venz­ver­wal­ters

Es soll die die Mög­lich­keit der ein­heit­li­chen Bestel­lung eines Insol­venz­ver­wal­ters für meh­rere oder alle Gesell­schaf­ten einer Unter­neh­mens­gruppe geben.

  • Pflicht zu Unterrichtung und Zusammenarbeit

Unterschiedliche Insolvenzverwalter, Gerichte und Gläubigerausschüsse werden zur gegenseitigen Unterrichtung und Zusammenarbeit verpflichtet. Auf Antrag eines Gläubigerausschusses kann ein Gruppen-Gläubigerausschuss gebildet werden (§§ 269 a bis 269 c InsO n.F.).

  • Koordinationsverfahren mit neutralem Verfahrenskoordinators

Bei Bestellung verschiedener Insolvenzverwalter ist ein neues Koordinationsverfahren unter Einsatz eines neutralen Verfahrenskoordinators, der einen Koordinationsplan vorlegen kann, vorgesehen.

  • Die Insolvenzverwalter sind zur Zusammenarbeit mit dem Verfahrenskoordinator verpflichtet.
  • Der Koordinationsplan enthält Maßnahmen und Vereinbarungen die gesamte Gruppe betreffend.
  • Ein bestehender Gruppen-Gläubigerausschuss muss dem Plan zustimmen (§§ 269 d bis 269 i Ins n.F.).
  • Ein­ge­lei­tet wird das Ver­fah­ren eines Ver­fah­rens­ko­or­di­na­tors durch den Antrag eines grup­pen­an­ge­hö­ri­gen Schuld­ners,
  • nach Ver­fah­ren­ser­öff­nung durch den Insol­venz­ver­wal­ter oder durch einen inn­er­halb der Unter­neh­mens­gruppe bes­tell­ten Gläu­bi­ge­r­aus­schuss. Die Auf­sicht obliegt jedoch immer dem zustän­di­gen Insol­venz­ge­richt.

Die Neuregelungen heben das Prinzip „Eine Gesellschaft – ein Verfahren“ nicht auf, sollen aber die Abwicklung von Konzerninsolvenzen und vor allem die Konzernsanierung erleichtern und planbarer machen.

(BGBl. 2017 Teil I Nr. 22 v. 21.04.2017 S. 866).


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