Unfall bei Tempo 200 - fast immer Mitschuld

Wer auf Autobahnen die Richtgeschwindigkeit von 130 km/h deutlich überschreitet, muss im Falle eines Unfalls mit einer erheblichen Mitschuld rechnen. Denn: Idealfahrer halten sich an diese Empfehlung.

Ideale sind in der Regel unerreichbar. In den meisten Lebensbereichen ist das auch kein Problem. Anders sieht es im Straßenverkehr aus. Wer sich hier nicht wie ein sogenannter Idealfahrer verhält, muss im Falle eines Unfalls mit teuren Konsequenzen rechnen.

Idealfahrer kontrolliert das Gaspedal

Für Autofahrer heißt das: Idealfahrer rasen bei Dunkelheit nicht mit 200 Stundenkilometern auf der Autobahn. Sie halten sich an die Richtgeschwindigkeit von 130 km/h. Tun sie das nicht und kommt es zu einem Unfall, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass sie für den Unfall zumindest mithaften.

Im vorliegenden Fall wechselte ein Autofahrer (der Kläger) unmittelbar vor einer Einfädelspur auf den linken Fahrstreifen. Dort kam es zu einer Kollision mit einem Fahrzeug, das mit 200 km/h unterwegs war, bei Dunkelheit.

Der Sachverständige stellte fest, dass der Unfall hätte vermieden werden können, wenn der Kläger seinen Überholvorgang zurückgestellt hätte, was er angesichts des sich schnell nähernden Scheinwerferlichts des mit 200 km/h fahrenden Fahrzeugs des Beklagten hätte tun müssen. Also keine Mitschuld des Autobahn-Rasers? Weit gefehlt.

Kein unabwendbares Ereignis

Die Richter sahen eine erhebliche Mitschuld des Beklagten. Der Unfall sei nämlich für ihn kein unabwendbares Ereignis im Sinne von § 17 Abs. 3 StVG gewesen. Ein Fahrer, der mit Erfolg die Unabwendbarkeit eines Unfalls geltend machen will, muss sich wie ein Idealfahrer verhalten.

Ein Ideal-Fahrer fahre aber nicht schneller als Richtgeschwindigkeit. Etwas anderes gelte allenfalls dann, wenn er nachweisen könne, dass der Unfall auch bei einer Geschwindigkeit von 130 km/h nicht zu vermeiden gewesen wäre.

Hohe Geschwindigkeit = hohes Gefahrenpotenzial

Indem der Beklagte mit 200 km/h bei Dunkelheit auf der Autobahn unterwegs war, habe er ein erhebliches Gefahrenpotenzial geschaffen. Sein Unfallvermeidungsspielraum sei durch diese Fahrweise praktisch nicht mehr vorhanden gewesen. Im Ergebnis führte dies zu einer Mithaftung des Beklagten von 40 Prozent.

(OLG Koblenz, Urteil v. 14.10.2013, 12 U 313/13).

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