Verkehrssicherungspflicht: Besser den Haupteingang benutzen

Kunden, die im Kino, im Bau- oder Supermarkt schonmal gerne den Notausgang benutzen, sollten doppelte Vorsicht walten lassen. Für die für das allgemeine Publikum erkennbar nicht bestimmten Flächen hat der Betreiber nur eine eingeschränkte Verkehrssicherungspflicht.

Eine 64 -jährige Münchnerin erledigte ihre Einkünfte gerne in einem großen Münchner Einkaufszentrum. Am 29.11.2012 betrat sie das Einkaufszentrum durch einen ihr bekannten Notausgang. Hinter der Eingangs/Ausgangstür hatte sich infolge Regenwassers eine breite nasse Stelle gebildet. Die Klägerin rutschte darauf aus und stürzte zu Boden. Hierdurch erlitt sie eine Prellung des Sitzbeins, einen Muskelfaserriss sowie einen Innenmeniskusschaden. Vom Eigentümer des Einkaufszentrums und von dessen Betreiberin verlangte sie Schmerzensgeld und Ersatz der Kosten für Ihre beschädigte Uhr sowie für die medizinische Behandlung. Als weder der Eigentümer noch die Betreiberin zahlen wollten, forderte die Geschädigte ihre Ansprüche gerichtlich ein.

Wasserlache im Bereich des Notausgangs

Vor Gericht führte die Münchnerin aus, nach starkem Regen hätte die Betreiberin keine Anstalten unternommen, die nassen Stellen im Eingangsbereich des Notausgangs zu beseitigen. Es hätten sich dort auch keine rutschfesten Matten befunden; auch Warnschilder seien nicht aufgestellt gewesen. Mit der plötzlichen Nässe hätte sie nicht rechnen können.

Eigentümer ist nicht der richtige Beklagte

Der Amtsrichter sah die Sache zum Leidwesen der Münchnerin anders. Er wies darauf hin, dass der Eigentümer des Einkaufszentrums nach keinem rechtlichen Gesichtspunkt für den Schaden verantwortlich sei. Aus der bloßen Eigentümerposition leiten sich keine unmittelbaren Verkehrssicherungspflichten ab. Dies folge daraus, dass der Eigentümer hier keinen unmittelbaren Zugriff auf das Zentrum habe, das sich allein in der Obhut der Betreiberin befinde. Wenn der Eigentümer eine zuverlässige Betreiberin ausgesucht habe, sei er nicht weiter verpflichtet, die Einhaltung der Verkehrssicherungspflichten zu überwachen. Anhaltspunkte dafür, dass die Betreiberin unzuverlässig sei, habe der Eigentümer aber nicht gehabt, so dass ihn eine rechtliche Verantwortlichkeit nicht treffen könne.

Vorkehrungen für eher entfernt liegende Gefahren nicht erforderlich

Auch die Betreiberin hat keine Verkehrssicherungspflicht verletzt. Zwar war der Marktleitung bekannt, dass ein Teil der Kunden den betreffenden Notausgang häufiger benutzt. Dennoch war – so das AG - durch die Aufschrift „Notausgang“ für das normale Publikum erkennbar, dass dieser Durchgang nicht für den Normalbetrieb bestimmt sei. In diesem Fall gelten nur eingeschränkte Verkehrssicherungspflichten. So bestünde keine Pflicht, den Bereich des Notausgangs mit Schmutz bzw. Rutschmatten zu sichern. Die Betreiberin sei nicht verpflichtet, für alle denkbaren, auch entfernten Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge zu treffen. Erforderlich seien lediglich die Vorkehrungen, die nach den konkreten Umstände zur Beseitigung von naheliegenden Gefahrenquellen erforderlich sind.

Turnusmäßige Kontrollen sind ausreichend

In der Beweisaufnahme ergab sich, dass die Betreiberin eine Reingungsfirma mit der ständigen Überwachung der Anlage auf Sauberkeit beauftragt hatte. Diese führte etwa alle 30 Minuten eine Kontrolle durch. Die turnusmäßige Durchführung der Kontrollen wurde von der Betreiberin auch stichprobenartig überwacht. Damit hat die Betreiberin nach Auffassung des Amtsrichters ihrer Verkehrssicherungspflicht in jeder Hinsicht genügt, insbesondere der nur eingeschränkten Verkehrssicherungspflicht im Notausgangsbereich. Das Gericht wies daher die Klage in vollem Umfang ab. Das Urteil ist rechtskräftig.

(AG München, Urteil v. 18.11.2013, 191 C 17261/13)


Schlagworte zum Thema:  Verkehrssicherungspflicht, Schmerzensgeld