EuGH schockt FIFA und UEFA: Fußball für alle

Für Pay-TV-Sender ist der Kauf von Fußball-Übertragungsrechten weltweit ein Riesengeschäft. Exklusivrechte für die Fußballweltmeisterschaft sind für solche Sender der Traum schlechthin, diese Pläne hat der EuGH nun durchkreuzt und eine Lanze für Fußballfans ohne Pay-TV gebrochen.

Für FIFA und UEFA ist die Entscheidung des EuGH vom 18.7. eine kleine Katastrophe. Mega-Sport-Events wie die Fußball-EM oder Fußball-WM werden wesentlich durch die Vermarktung der Fernsehrechte finanziert. Wenn private Fernsehsender wie RTL mit Bezahlsendern wie Sky um die Wette bieten, so spült dies richtig Geld in die Kassen der Fußballverbände. Nach dem neuen Urteil des EuGH könnten diese Geldquellen bald deutlich weniger sprudeln.

Belgien und Großbritannien haben Bezahl-Sender kalt gestellt

Der EuGH hatte über die Entscheidungen von Belgien und Großbritannien zu urteilen, wonach Endrundenspiele der Weltmeisterschaft als Ereignisse von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung eingestuft wurden und damit nach EU-Recht allen zugänglich gemacht werden müssen.

  • Großbritannien hatte auch die Endrunde der Fußballeuropameisterschaft in den Kreis der gesellschaftlich besonders wichtigen Ereignisse aufgenommen.

  • Damit hatten diese Staaten entschieden, dass diese Spiele frei übertragbar sind und die Übertragung nicht Bezahlsendern exklusiv vorbehalten werden darf.

FIFA und UEFA reichten Klage ein

Die europäische Kommission hat die Entscheidungen Belgiens und Großbritanniens gebilligt. Hiergegen gingen FIFA und UEFA gerichtlich vor.

  • Nach ihrer Auffassung werden durch diese Einordnung der freie Dienstleistungsverkehr auf dem europäischen Markt sowie der freie Wettbewerb in unzulässiger Weise eingeschränkt.

  • Nach Ansicht der Sportverantwortlichen sind weder bei der WM noch bei der EM alle Endrundenspiele von gleicher gesellschaftlicher Relevanz.

  • Die pauschale Qualifizierung durch Großbritannien und Belgien war aus Sicht von UEFA und FIFA daher verfehlt.

Freie Informationsübertragung innerhalb der EU

Rechtliche Grundlage für die Entscheidung des EuGH ist die EU-Richtlinie 89/552/EWG über den freien Dienstleistungsverkehr innerhalb der EU. Zu den Dienstleistungen zählen nach Artikel 2a der Richtlinie auch Fernsehübertragungen. Die Richtlinie verfolgt u.a. den Zweck, innerhalb der EU die freie Übertragung von Fernsehsendungen und damit den freien Informationsaustausch sicherzustellen. Diese Regeln sollen nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Richtlinie dem übergeordneten Zweck der freien Meinungsäußerung und -bildung und dem Recht der freien Information der EU Bürger dienen.

Die Mitgliedsstaaten entscheiden über freie Übertragung

Gemäß Artikel 3j der Richtlinie kann jeder Mitgliedstaat im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass die seiner Rechtshoheit unterworfenen Fernsehveranstalter nicht Ereignisse einem großen Teil der Öffentlichkeit dadurch vorenthalten, dass sie Übertragungsrechte auf Ausschließlichkeitsbasis an TV-Sender übertragen, deren Sendungen nicht für jedermann frei zugänglich sind. Voraussetzung für eine solche Maßnahme ist allerdings, dass der Mitgliedsstaat dem jeweiligen Ereignis eine „erhebliche gesellschaftliche Bedeutung“ beimisst. Der Mitgliedstaat erstellt hierzu laut Richtlinie eine entsprechende Liste und teilt diese der Kommission mit, die binnen drei Monaten zu prüfen hat, ob die Maßnahme mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist. 

WM und EM-Endrundenspiele sind bedeutende gesellschaftliche Ereignisse

Die Voraussetzung der Richtlinie sah der EuGH im vorliegenden Fall als erfüllt an. Nach Auffassung der Richter hatten Belgien und Großbritannien hinreichende Gründe dargetan, nach denen es sich bei den in die Liste aufgenommenen Spielen nicht um bloß einen kleinen Teil der Bevölkerung interessierende Sportveranstaltungen handelte, sondern in den jeweiligen Ländern diesen Spielen eine besondere gesellschaftliche Bedeutung zuzumessen ist.

Die Rechte von FIFA und UEFA sind deutlich beschnitten

Die weitreichende Bedeutung des Urteils folgt daraus, dass der EuGH den Mitgliedstaaten damit erlaubt hat, sämtliche Endrundenspiele einer Weltmeisterschaft als Ereignisse von besonderer gesellschaftlicher Bedeutung zu qualifizieren und diese Spiele damit komplett dem Bezahlfernsehen zu entziehen. Dieses Urteil setzt die einzelnen Mitgliedstaaten der EU nunmehr in die Lage, die freie Übertragung von Endrundenspielen zu erzwingen. Die Grundsätze des Urteils sind bedeutsam auch für die Übertragung von Wettkämpfen bei Olympischen Spielen.

(EuGH, Urteil v. 18.07.2013, C-201/11 P u.a.). 

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