Terminumstände des Verteidigers rechtfertigt keine Pauschgebühr

In besonders anspruchsvollen Strafsachen können Pflichtverteidiger eine zusätzliche Gebühr von der Staatskasse erhalten. Ausschlaggebend dafür ist jedoch die Komplexität der Strafsache selbst und nicht der persönliche und organisatorische Aufwand des Verteidigers der damit verbundenen Reisetätigkeit.

Aufwand, der nur aus verteidigerbezogenen organisatorischen Umständen resultiert, wie der Zeitaufwand für die Anreise zum Gericht, bleibt bei der Bewilligung einer Pauschgebühr gem. § 51 RVG außen vor.

Zeitaufwändig zur Hauptverhandlung angereist

Der antragstellende Rechtsanwalt wurde für den  Angeklagten als Verteidiger für die Hauptverhandlung vor dem BGH bestellt. Es ging um eine Revision der Staatsanwaltschaft. Die Revisionshauptverhandlung dauerte von 9.15 Uhr bis 10.10 Uhr und wurde von 9.40 Uhr bis 10.00 Uhr unterbrochen.

Der Rechtsanwalt beantragte, ihm für die Wahrnehmung des Hauptverhandlungstermins gem. § 51 RVG eine Pauschgebühr zu bewilligen, weil für ihn ein zweitägiger Aufwand erforderlich gewesen sei, um den Termin wahrnehmen zu können. Das gesetzliche Abwesenheitsgeld reiche für eine Abgeltung nicht aus.

Voraussetzung für Bewilligung

Der Bundesgerichtshof lehnte ab. Die Voraussetzungen für die Bewilligung einer Pauschgebühr nach § 51 Absatz I 1 RVG für Vorbereitung und Wahrnehmung der Hauptverhandlung sah er nicht erfüllt. Gemäß § 51 Absatz I 1 und 3 RVG sei für Bewilligung einer Pauschgebühr, die über die gesetzlichen Gebühren hinausgeht, nötig, dass dies gesetzlichen Gebühren

  • wegen des besonderen Umfangs
  • oder der besonderen Schwierigkeit der Sache
  • bzw. des betroffenen Verfahrensabschnitts

nicht zumutbar sind.

„Die Bewilligung einer Pauschgebühr stellt dabei die Ausnahme dar; die anwaltliche Mühewaltung muss sich von sonstigen – auch überdurchschnittlichen Sachen – in exorbitanter Weise abheben“,

betonen die Karlsruher Richter. Bei der Beurteilung sei ein objektiver Maßstab zu Grunde zu legen.

Maßstab ist die Strafsache selbst

Entscheidend sei, ob die konkrete Strafsache selbst umfangreich war und infolge dieses Umfangs eine zeitaufwändigere, gegenüber anderen Verfahren erhöhte Tätigkeit des Verteidigers erforderlich geworden ist. Dabei ist nur der Zeitaufwand berücksichtigungsfähig, der allein aus verfahrensbezogenen Tätigkeiten des Pflichtverteidigers herrührt, nicht hingegen solcher, der seinen Grund in nur verteidigerbezogenen/persönlichen Umständen hat. Gemessen daran erschienen dem Gericht die gesetzlichen Gebühren im vorliegenden Fall als angemessen und ausreichend.

Nicht jeder Zeitaufwand ist berücksichtigungsfähig

Die rechtlich nicht schwierige Strafsache hatte hier keinen besonderen Umfang. Dass die Wahrnehmung des Hauptverhandlungstermins für den Verteidiger mit einem erheblichen Zeitaufwand verbunden war, änderte daran in den Augen der Richter nichts.

Die Dauer der Anreise beruhe auf in der Person der Verteidigers liegenden Umständen und würde durch den Anspruch auf Erstattung der entstandenen Fahrt- und Übernachtungskosten sowie auf Zahlung eines Tages- und Abwesenheitsgeldes ausgeglichent. Das bei dem anfallenden Aufwand eine Zumutbarkeitsgrenze überschritten worden sei, sei weder dargetan noch ersichtlich.

(BGH, Beschluss vom 1.6.2015, 4 StR 267/11).