Klage bei Unzumutbarkeit auch ohne beA

Die Klage eines Anwalts in eigener Sache ist ohne Nutzung des beA zulässig, wenn nur auf diese Weise ein besonders schutzwürdiges Interesse wie das Steuergeheimnis gewahrt werden kann.

So hat es jedenfalls das FG Berlin in einem Fall gesehen, in dem ein Rechtsanwalt in eigener Sache eine Klage ganz traditionell per Brief eingereicht hatte.

Klage eines Anwalts in eigener Sache

Im entschiedenen Fall hatte ein Rechtsanwalt beim Finanzgericht in eigener Sache Klage erhoben. In der Klageschrift hatte er seinen beruflichen Status als Rechtsanwalt gar nicht erst offengelegt. Lediglich aus der Einspruchsentscheidung ging hervor, dass der Kläger Einkünfte aus selbständiger Arbeit als Rechtsanwalt erzielt hatte.

Klage per beA hätte gegen Verschwiegenheitspflicht verstoßen

Das FG wies den Anwalt darauf hin, dass die Klage wegen einer Verletzung von § 52d Satz 1 FGO möglicherweise unzulässig war, da er die Klage auf analogem Wege ohne Nutzung seines beA eingereicht hatte. Der Kläger verwies darauf, dass er Partner einer Rechtsanwaltssozietät ist, in der die Sozien vertraglich verpflichtet seien, ihre Gewinne aus der Sozietät gegenüber den Mitarbeitern nicht offen zu legen, sondern geheim zu halten. Auf das beA hätten diverse Mitarbeiter Zugriff, sodass er bei Einreichung der Klage per beA seine Geheimhaltungspflichten verletzt hätte.

Rollen- oder statusbezogene Auslegung der beA-Pflicht?

Diese Argumentation überzeugte das FG. Hierbei vertrat das Gericht die Auffassung, dass in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bisher nicht entschieden sei, ob die elektronische Übermittlungspflicht für Rechtsanwälte nach § 52d Satz 1 FGO bzw. nach § 130d Satz 1 ZPO statusbezogen oder rollenbezogen auszulegen ist. Bei einer statusbezogenen Auslegung wären Rechtsanwälte auch dann verpflichtet, Schriftsätze über das beA einzureichen, wenn sie nicht in ihrer Rolle als Berufsträger, sondern in eigener Sache auftreten, bei einem rollbezogenen Verständnis wären sie in eigener Sache nicht zur Nutzung des beA verpflichtet.

Nutzung des beA kann im Einzelfall unzumutbar sein

Das FG ließ in seiner Entscheidung diese Rechtsfrage offen. Nach Auffassung des Gerichts war vorliegend allein die Frage der Zumutbarkeit der Nutzung des beA durch den Kläger für die Zulässigkeit der Klage entscheidend. Das Gericht hielt es nicht für zumutbar, dass der Kläger seine Pflichten aus dem Sozietätsvertrag verletzen und seine steuerlichen Verhältnisse für andere Mitarbeiter der Sozietät einsehbar machen müsse. Im konkreten Fall sei die Nutzung des beA unter Verletzung vertraglicher Pflichten nicht zumutbar gewesen. Die Klage per Brief sei daher zulässig.

Klage aus materiellrechtlichen Gründen abgewiesen

Das Gericht hat die Revision nicht zugelassen, weil die Auslegung des § 52d Satz 1 FGO nicht entscheidungserheblich war. Das FG hat die Klage aus materiellrechtlichen Gründen als unbegründet abgewiesen.


(FG Berlin, Urteil v. 10.6.2025, 3 K 3005/23)

Hintergrund:

Das FG hat die Beurteilung der Zulässigkeit der analog eingereichten Klage nicht von der Frage einer status- oder rollenbezogenen Auslegung der beA-Nutzungspflicht abhängig gemacht. Entgegen der Auffassung des FG dürfte diese Rechtsfrage allerdings bereits durch den BGH entschieden sein, der die Vorschrift des § 130d Satz 1 ZPO statusbezogen ausgelegt hat. Die Pflicht eines Anwalts zur Nutzung des beA gilt danach unabhängig davon, ob er als Mandatsträger oder in eigener Sache tätig ist (BGH, Beschluss v. 27.3.2025, V ZB 27/24).