Kein Schadenersatz bei gewöhnlichen Gebrauchsspuren
Bei Beendigung von Wohnraummietverhältnissen entsteht zwischen Mieter und Vermieter häufig Streit über die Ersatzpflicht des Mieters bei deutlich sichtbaren Gebrauchsspuren an der Mietsache. Ob der Mieter zum Schadensersatz verpflichtet ist, hängt davon ab, ob die Gebrauchsspuren im Rahmen des dem Mietvertrag entsprechenden gewöhnlichen Gebrauchs entstanden sind, § 538 BGB oder ob es sich um Schäden handelt, die auf eine Nutzung zurückzuführen sind, die über den gewöhnlichen, vertragsgemäßen Gebrauch hinausgeht.
Vermieter rügt Bodenschäden
In einem vom AG und LG Wiesbaden entschiedenen Fall hatte der Vermieter nach Beendigung des Mietverhältnisses deutliche Verfärbungen des Teppichbodens sowie deutlich sichtbare Einkerbungen des in der Wohnung verlegten Laminatbodens gerügt. Nach Auffassung des Vermieters waren beide Bodenbeläge nicht mehr zu verwenden und mussten ausgetauscht werden. Die Lebensdauer sowohl des Laminatbodens als auch des Teppichbodens lag nach Auffassung des Vermieters bei weit über 15 Jahren. Demgemäß forderte er von dem Mieter Ersatz der Kosten für die erforderliche Neuverlegung.
Ein einfacher Laminatboden hält nicht mehr als 14 Jahre
AG und LG sahen die vom Vermieter angesetzte Lebenserwartung für beide Bodenbelagsausführungen als überzogen an. Laminatböden guter Qualität könnten zwar durchaus eine Lebenserwartung von 20-25 Jahren haben, bei dem konkret verlegten Laminatboden habe es sich allerdings um einen solchen einfacher Qualität gehandelt. Einkerbungen an einem solchen Boden stellten nach 14-jähriger Nutzung gewöhnliche Abnutzungserscheinungen und keinen ersatzfähigen Schaden dar.
Bei Neuverlegung Abzug „Neu für Alt“ von 100 %
Selbst wenn man die Einkerbungen des Laminatbodens als Schäden ansehen würde, so müsse sich der Vermieter bei Verlegung eines neuen Bodens einen Abzug „Neu für Alt“ gefallen lassen. Dieser sei bei einem 14 Jahre alten Laminatboden mit 100 % anzusetzen, so dass ein Schadensersatzanspruch des Klägers nicht bestehe.
Teppichböden halten durchschnittlich zehn Jahre
Das gleiche gilt nach Auffassung der Gerichte für den Teppichboden. Die Lebenserwartung eines Teppichbodens sei eher mit 10 als mit 14 Jahren anzusetzen, so dass eingetretene Verfärbungen nach 14 Jahren keinen Schaden darstellten.
Instandsetzungskosten nach 14 Jahren sind „Sowieso-Kosten“
Schließlich stellte das AG fest, dass Instandhaltungsmaßnahmen an einer Mietsache nach einem Gebrauchszeitraum von 14 Jahren i.d.R. als nicht ersatzfähige Kosten anzusehen sind, da diese ohnehin nach 14 Jahren zu erwarten seien („Sowieso-Kosten“). Hierzu gehörten beispielsweise auch die Kosten für das Abschleifen, das Grundieren oder das Lackieren einer Holztreppe. Das LG hat die Entscheidung des AG in vollem Umfang bestätigt und die Berufung des Vermieters zurückgewiesen.
(AG Wiesbaden, Urteil v. 6.12.2018, 93 C 2206/18; LG Wiesbaden, Beschluss v. 28.5.2019, 3 S 31/19)
Hinweis: Der Anspruch auf Schadenersatz nach Beendigung eines Wohnraummietverhältnisses richtet sich nach ständiger Rechtsprechung des BGH nach § 280 Abs. 1 BGB (BGH Urteil v. 6.11.2013, VIII ZR 416/12). Die Verursachung von Schäden an der Mietsache durch übermäßigen Gebrauch wertet der BGH als Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht, so dass der Vermieter Ersatz gemäß § 280 BGB verlangen kann, ohne dass es - wie bei Verletzung von vertraglichen Hauptpflichten – einer besonderen Fristsetzung gemäß § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB bedarf (BGH Urteil v. 28.2.2018, VIII ZR 157/17). Ein Beispiel für Letzteres sind nicht ausgeführte Schönheitsreparaturen.
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