Rücktrittsrecht bei sporadischen, sicherheitsrelevanten Mängeln

Der berühmte Vorführeffekt – das gekaufte Fahrzeug hat einen Defekt und bei der anschließenden Reklamation beim Verkäufer tritt dieser nicht mehr auf. Der BGH hat nun entschieden, dass ein Abwarten bis zur Behebung des Mangels dem Käufer nicht zuzumuten ist, wenn es sich um sicherheitsrelevante Mängel handelt.

Im Jahr 2013 kaufte der Kläger bei der Beklagten einen Volvo V 50 mit einer Laufleistung von 81.500 km zu einem Preis von 12.300 €. Zwei Monaten nach Übergabe des Fahrzeugs beanstandete der Käufer das Kupplungspedal des Fahrzeugs, da dieses „hängen bleibe“ und es deshalb in die Ausgangsposition zurückgezogen werden musste.

Vorführeffekt - Käufer wurde wieder nach Hause geschickt

Bei einer daraufhin durchgeführten Untersuchungsfahrt zeigte sich der Mangel trotz mehrmaliger Betätigung des Kupplungspedals nicht. Obwohl der Kläger auf eine umgehende Mängelbeseitigung bestand, schickte ihn die Beklagte weg, mit dem Hinweis, er solle wieder vorstellig werden, sobald der Mangel wieder auftrete. Nachdem der Kläger in den darauffolgenden Tagen unter Hinweis eines erneuten Hängenbleibens die Verkäuferin vergeblich zur Behebung des Mangels aufforderte, trat er vom Kaufvertrag zurück und verlangte die Rückabwicklung des Kaufvertrages.

Funktionsbeeinträchtigung für Verkehrssicherheit des Fahrzeugs erheblich

Der Bundesgerichtshof entschied nun, dass es dem Kläger nicht zumutbar gewesen sei, abzuwarten, bis der Mangel erneut auftrete. Bei dem bei Gefahrübergang bereits vorhanden Mangel handelte es sich nicht nur um einen „Komfortmangel“, sondern um einen sicherheitsrelevanten Mangel. Den Anforderungen eines Nacherfüllungsverlangens sei der Käufer dahingehend gerecht geworden, indem er die Symptome hinreichend genau bezeichnet und der Beklagten eine Untersuchungsmöglichkeit eingeräumt habe. Hingegen habe die Verkäuferin aufgrund des verkehrsunsicheren Zustandes des Fahrzeugs nicht auf ein erneutes Vorstellen verweisen dürfen. Zudem war ein Rücktritt wegen Unerheblichkeit des Mangels (die Reparatur kostete lediglich ca. 430 €) nicht ausgeschlossen, da die Ursache zunächst unklar und das damit verbundene Sicherheitsrisiko für den Käufer als erheblich anzusehen war.

(BGH, Urteil v. 26.10.2016, III ZR 240/15)

 

Hintergrundinformation:

Im Falle des Rücktritts müssen die gegenseitigen Leistungen zurückgewährt werden: Die Ware wird an den Verkäufer herausgegeben und der Verkäufer hat dem Käufer den Kaufpreis zurückzuerstatten. Der Verkäufer hat aber unter Umständen auch einen Anspruch auf Herausgabe der bislang gezogenen Nutzungen und auf Wertersatz.

Alternativ zum Rücktritt kann der Käufer aber auch den Kaufpreis herabsetzen (Minderung). Die Herabsetzung erfolgt dann in dem Verhältnis, in dem der tatsächliche Wert der mangelhaften Sache zum Wert der Sache in mangelfreiem Zustand steht. Ist die Sache also nur noch die Hälfte wert, vermindert sich der Kaufpreis um 50 %.

Im Gegensatz zum Rücktritt kann die Minderung auch bei einem unerheblichen Mangel der Kaufsache geltend gemacht werden (§ 441 Abs.1, § 323 Abs.5 S.2 BGB).

 

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