Diskriminierungsverbot: Stornierung eines Fluges für Israeli

Eine Flug-Stornierung durch eine kuwaitische Fluggesellschaft gegenüber einem israelischen Kunden wegen dessen Staatsangehörigkeit beurteilte das LG Frankfurt als rechtmäßig, weil sie kuwaitischem Recht entspricht. Das in Kuwait 1964 erlassenen Einheitsgesetz zum Israel-Boykott stellt den Abschluss von Verträgen mit israelischen Staatsbürgern unter Strafe. Das Urteil wirft Fragen auf.

Die Entscheidung des LG Frankfurt hat inzwischen eine Menge Staub aufgewirbelt. Menschenrechtsorganisationen und Politiker halten das Urteil für unerträglich und mit wesentlichen, unabdingbaren Grundsätzen des deutschen Rechts für nicht vereinbar. Die Diskriminierung eines israelischen Staatsangehörigen sei in Deutschland indiskutabel.

Der Sachverhalt

Die Fluggesellschaft „Kuwait Airways“ hatte den rechtsverbindlich gebuchten Flug eines israelischen Staatsbürgers im Nachhinein wieder storniert, weil nach kuwaitischem Recht der Abschluss von Verträgen mit israelischen Staatsbürgern unzulässig ist. Der in Berlin lebende Israeli hatte einen Flug von Frankfurt nach Bangkok bei der kuwaitischen Airline gebucht. Der Flug sah einen Zwischenstopp in Kuwait-Stadt für ca. 5 Stunden vor. Die kuwaitische Fluggesellschaft stornierte die Buchung, nachdem sie bemerkt hatte, dass der Fluggast ein israelischer Staatsbürger war. Alternativ bot sie dem Israeli auf Kosten der Airline einen Ersatzflug mit einer anderen Airline ohne Zwischenstopp in Kuwait an.

Israelischer Staatsbürger klagt wegen rechtswidriger Diskriminierung

Der Israeli lehnte das Angebot ab und forderte eine Entschädigung wegen Verletzung des Diskriminierungsverbots. Nachdem die kuwaitische Airline außergerichtlich nicht zur Zahlung der geforderten Entschädigung bereit war, verklagte der Israeli die Gesellschaft. Das LG Frankfurt verweigerte ihm die geforderte Genugtuung.

Der rechtliche Hintergrund

Das gesetzliche Verbot, Verträge mit israelischen Staatsangehörigen zu schließen, folgt aus dem vom kuwaitischen Staat erlassenen Einheitsgesetz zum Israel-Boykott von 1964. Ein Verstoß gegen dieses Gesetz kann in Kuwait mit Gefängnisstrafe, mit Zwangsarbeit oder mit Geldstrafe geahndet werden. Kuwait erkennt das Existenzrecht Israels nicht an. Diplomatische Beziehungen zwischen beiden Staaten existieren nicht.

LG hält Vertragserfüllung für rechtlich unmöglich

Vor diesem Hintergrund hielt das LG eine Verpflichtung der kuwaitischen Fluggesellschaft zum Abschluss eines nach kuwaitischen Recht verbotenen Vertrages für unzumutbar, zumal die in Kuwait drohenden Sanktionen nicht von Pappe seien. Aus diesem Grunde sei ein Fall der rechtlichen Unmöglichkeit gegeben.

Ein Unternehmen kann nicht zu einem strafbaren Handeln verpflichtet sein

Das Gericht betonte in seiner Entscheidung, die Bewertung des kuwaitischen Rechts sei nicht Gegenstand des Verfahrens. Gegenstand der Entscheidung sei lediglich die Frage, ob es einem Unternehmen zugemutet werden könne, einen Vertrag abzuschließen bzw. zu erfüllen, der zu empfindlichen Strafen im Heimatstaat führen könne. Diese Frage beantwortete das LG mit einem klaren „Nein“. Ein Unternehmen könne rechtlich nicht zu einem Verhalten gezwungen werden, mit dem es sich in seinem Heimatland einer empfindlichen Bestrafung aussetze.

LG sieht keinen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot

Nach Auffassung des LG geht es rechtlich nicht um die Frage der Diskriminierung eines israelischen Staatsbürgers. Für die Anwendung des Diskriminierungsverbots nach dem AGG sah das LG keinen Raum, denn

  • das AGG verbiete zwar die Diskriminierung aus Gründen der Rasse, der ethnischen Herkunft oder der Religion,
  • die Stornierung der Reise knüpfe aber ausschließlich an die Staatsangehörigkeit des Betroffenen an.
  • Eine Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit werde vom AGG nicht erfasst.

(LG Frankfurt, Urteil vom 16.11.2017, 2-24 O 37/17)

Heftige Richterschelte vom Zentralrat der Juden

Der Zentralrat der Juden in Deutschland kritisierte das Urteil als unerträglich. Ein deutsches Gericht habe damit einem zutiefst antisemitischen Gesetz zur Geltung auf deutschem Boden verholfen. Auch Juristen monieren, dass das Urteil grundlegende Wertungen des deutschen Rechts, und damit den „Ordre Public“ verletze. Jede Diskriminierung Angehöriger jüdischen Glaubens und damit auch des israelischen Staates sei in Deutschland rechtlich tabu.

Entzug der Start- und Landerechte als mögliche Option

Die Politik will Konsequenzen aus dem Urteil ziehen. Die Diskriminierung israelischer Staatsbürger in Deutschland durch arabische Fluggesellschaften soll nicht länger geduldet werden. Künftige Luftverkehrsabkommen sollen so ausgehandelt werden, dass solche Diskriminierungen nicht mehr möglich sind. Der ehemalige Grünen-Abgeordnete Volker Beck sieht Verkehrsminister Christian Schmidt in der Pflicht. Dieser hat erklärt, alle Optionen prüfen zu wollen. Zunächst wolle er aber ein Gespräch mit der kuwaitischen Regierung führen. Start- und Landeverbote für Fluglinien, die israelische Staatsangehörige diskriminieren, seien aber in letzter Konsequenz nicht ausgeschlossen.

Das letzte Wort bei Gericht ist wohl noch nicht gesprochen

Ein Sprecher des abgewiesenen Fluggastes hat inzwischen mitgeteilt, gegen das Urteil sei Berufung eingelegt worden. Zur Entscheidung über die Berufung wäre das OLG Frankfurt zuständig. Dort könnte der Rechtsstreit durchaus anders ausgehen. In den USA und in der Schweiz haben vergleichbare Rechtsstreite mit einer Beförderungspflicht der kuwaitischen Airline geendet. Diese hat reagiert und ihre Flüge in den jeweiligen Staaten eingestellt.