Deutscher Gewerkschaftsbund darf sich nicht „Größte Deutsche Fachkanzlei“ nennen
Die Kläger sind als Fachanwälte für Sozialrecht tätig. Die Beklagte leistet Rechtsschutz für Gewerkschaftsmitglieder auf bestimmten Rechtsgebieten und hat in ihrem Internetauftritt und in einem Newsletter mit der Bezeichnung „DGB Rechtsschutz: Größte Deutsche Fachkanzlei“ und „Größte Deutsche Fachkanzlei“ geworben.
Fachanwälte für Sozialrecht klagten gegen vollmundig auftretenden Gewerkschaftsbund
Die DGB-Rechtsschutz GmbH beschäftigt sogenannte Rechtssekretärinnen und Rechtssekretäre, von denen ein großer Teil über die Befähigung zum Richteramt verfügt.
Die klagenden Fachanwälte verlangen von der Beklagten Unterlassung der beanstandeten Werbung und die Freistellung von vorgerichtlichen Abmahnkosten. Sie sind der Auffassung, die beanstandete Werbung verstoße und gegen § 5 UWG.
Irreführung des Verbrauchers
Der Verbraucher verbinde mit dem Begriff „Größte Deutsche Fachkanzlei“ die Vorstellung,
- es handele sich um die größte Rechtsanwaltskanzlei in Deutschland, bei der Fachanwälte beschäftigt seien
- und gehe außerdem davon aus, dass diese Kanzlei Rechtsdienstleistungen für jedermann auf allen Rechtsgebieten anbiete.
Der mit dieser Werbung verbundenen Irreführung des Verbrauchers fehle entgegen der Auffassung der DGB-Rechtsschutz GmbH nicht die rechtliche Relevanz, weil die klagenden Fachanwälte neue Mandate in erheblichem Umfang über das Internet generierten.
Meinungsgutachten belegt Irreführung
Nach dem Ergebnis des vom Gericht eingeholten Meinungsgutachtens stand nach der Überzeugung des Senats fest, dass sowohl der Internetauftritt als auch der Newsletter der Beklagten irreführend sind. Bei der Durchführung der Beweisaufnahme war davon auszugehen, dass sich die Beklagte mit ihrer Werbung nicht nur an Gewerkschaftsmitglieder, sondern grundsätzlich an alle Verbraucher wendet. Eine Einschränkung des Adressatenkreises auf Gewerkschaftsmitglieder war weder dem Newsletter noch dem Internetauftritt zu entnehmen.
Meinungsgutachten erstellt
- Nach dem Ergebnis des Gutachtens gingen hinsichtlich des Internetauftritts 62,7% der angesprochenen Internetnutzer davon aus, dass eine „Fachkanzlei“ eine Rechtsanwaltskanzlei mit Fachanwälten ist.
- 37% der Befragten waren aufgrund des Internetauftritts der Auffassung, jedermann könne die Leistungen der Beklagten in Anspruch nehmen.
- 15,2% der angesprochenen Internetnutzer hatten die Vorstellung, die Beklagte biete auf allen Rechtsgebieten Leistungen an.
Hinsichtlich des Newsletters ergab sich ein ähnliches Bild.
- 55,7% der angesprochenen Verbraucher hielten eine Fachkanzlei für eine Rechtsanwaltskanzlei mit Fachanwälten.
- 37,4% waren der Auffassung, jedermann könne die Leistungen der Beklagten in Anspruch nehmen.
- 20,2% der befragten Personen meinten, die Beklagte biete Leistungen auf allen Rechtsgebieten an.
Irreführungsquote zwischen 1/4 und 1/3 reicht
Das zur Frage des Verständnisses der Werbeaussagen eingeholte Sachverständigengutachten hat damit laut Richterspruch ergeben, dass bei einem erheblichen Teil der angesprochenen Verbraucher ein Irrtum im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 3 UWG entsteht. „Der Senat teilt die Auffassung, dass für den Regelfall die erforderliche Irreführungsquote mit 1/4 bis zum 1/3 anzusetzen ist (…).
Ausgehend hiervon ergibt sich, dass die erforderliche Irreführungsquote sowohl hinsichtlich des Internetauftritts als auch hinsichtlich des Newsletters bei den ersten beiden Fragestellungen (Fachkanzlei als Rechtsanwaltskanzlei mit Fachanwälten; Offenstehen der Leistungen für jedermann) erreicht ist. Der Umstand, dass die Irreführungsquote bei der dritten Fragestellung nicht erreicht ist, ist für die Entscheidung nicht mehr erheblich“, befanden die Koblenzer Richter.
(OLG Koblenz, Urteil vom 3.12.2014, 9 U 354/12).
-
Abschreibung: Gebrauchter PKW als Geschäftswagen sinnvoll?
1.073
-
Angemessene Beileidswünsche beim Tod von Mitarbeitern, Mandanten und Geschäftspartnern
4381
-
Anwalt darf die anwaltlich vertretene Gegenseite nicht direkt kontaktieren
424
-
Fristverlängerung bei Gericht beantragen - Fehlerquellen und Haftungsgefahren
390
-
Drohung des Anwalts mit Mandatsniederlegung zur Unzeit
2482
-
Anwalt muss laut BGH auf Mandantenfrage unverzüglich antworten
2161
-
Oberster Bremer Datenschützer bekräftigt Pflicht zur E-Mail-Verschlüsselung
206
-
Einspruchsfrist versäumt: Was ist bei Bescheidverspätung oder Verlust in der Post zu beachten?
197
-
Wegfall der Geschäftsgrundlage - gelingt selten oder nie
166
-
Wann macht eine Streitwertbeschwerde Sinn?
115
-
Ständig zu früh zur Arbeit als Kündigungsgrund
21.12.2025
-
Anwaltliches Berufsrecht: Bundesregierung beschließt umfassende Reform
19.12.2025
-
5 gute Gründe gegen eine Kanzleigründung
11.12.2025
-
Späte Verjährung beim Anwaltsregress
10.12.2025
-
Kuriose Ziegenattacke im Streichelzoo
07.12.2025
-
Mandantenübernahmeklausel mit Pflicht zu 20%-Abgabe stellt verdecktes Wettbewerbsverbot dar
03.12.2025
-
Zukunft mit Recht: Arbeiten bei PwC Legal.
02.12.2025
-
Kein Schadenersatz für vom Patienten ramponierten Zahnarztstuhl
23.11.2025
-
Individuelle Beratungsgespräche ersetzen keine Fachanwaltsfortbildung
17.11.2025
-
7-jähriger kaufte für 33.000 EUR Spiele im Google-Playstore
09.11.2025