Unwirksame Erbeinsetzung wegen Unbestimmtheit
Die testamentarische Einsetzung eines Erben muss so konkret sein, dass im Zeitpunkt des Erbfalls anhand objektiver Kriterien ermittelt werden kann, wer Erbe werden soll. Subjektive Wertungen - auch seitens eines Gerichts - sind hierbei nicht zulässig.
Erbscheinantrag einer Berufsbetreuerin
Gegenstand des vom OLG Karlsruhe entschiedenen Verfahrens war der Antrag einer Berufsbetreuerin auf Erteilung eines auf sie lautenden Erbscheins. Die Antragstellerin war zu dessen Lebzeiten 26 Jahre lang Betreuerin des inzwischen verstorbenen Sohnes des Erblassers. Im Laufe der Betreuung hatte sich zwischen der Antragstellerin und dem Betreuten ein über die rein berufliche Beziehung hinausgehendes freundschaftliches Verhältnis entwickelt. Die Antragstellerin versorgte den Betreuten umfassend über den rein beruflichen Wirkungskreis hinaus.
Erben soll derjenige, der es wird dem Sohn „besonders gut konnte“
Der Betreute war in einem gemeinschaftlichen Testament seiner vorverstorbenen Eltern zu deren Alleinerben eingesetzt worden. Im Hinblick auf seine Behinderungen hatten die Eheleute Dauertestamentvollstreckung angeordnet. In einem späteren eigenhändigen Testament des Vaters hatte dieser bestimmt, dass nach dem Tode des Sohnes diejenige Person erben soll, die es mit dem Sohn „besonders gut konnte“.
Bestimmung des Erben darf nicht Dritten überlassen werden
Aufgrund dieser letztwilligen Verfügung des Vaters fühlte sich die Betreuerin zur Erbin des Sohnes berufen und beantragte beim Nachlassgericht einen auf sie als Alleinerbin lautenden Erbschein. Ihr Antrag blieb sowohl beim Nachlassgericht als auch im Beschwerdeverfahren erfolglos. Das Beschwerdegericht stellte bei seiner Entscheidung auf die Vorschrift des § 2065 Abs. 2 BGB ab. Danach kann der Erblasser die Bestimmung der Person, die eine Zuwendung erhalten soll, sowie die Bestimmung des Gegenstandes der Zuwendung nicht wirksam einem anderen überlassen.
Erbe muss anhand objektiver Kriterien ermittelbar sein
Das zur Entscheidung über die Beschwerde zuständige OLG betonte, dass § 2065 BGB den Grundsatz enthält, dass ein Erblasser, der abweichend von der gesetzlichen Erbfolge testieren will, selbst über den wesentlichen Inhalt seiner letztwilligen Verfügung entscheiden muss. Hierbei müsse er den Bedachten zwar nicht namentlich bezeichnen, jedoch müsse er den Bedachten so individualisieren, dass dieser – gegebenenfalls unter Zuhilfenahme gesetzlicher Auslegungsregeln – eindeutig ermittelt werden kann. Erforderlich sei, dass der Bedachte im Zeitpunkt des Erbfalls durch jede sachkundige Person anhand objektiver Kriterien bestimmt werden kann.
Wer es mit dem Sohn „besonders gut konnte“ ist zu vage
Der Senat verwies auf die obergerichtliche Rechtsprechung, wonach im Fall einer zu großen Unbestimmtheit der Kriterien für die Erbenbestimmung, ein Testament gemäß § 2065 Abs. 2 BGB unwirksam ist. Die Formulierung, Erbe solle derjenige sein, der es mit dem Sohn „besonders gut konnte“ sei zu vage. Der Erblasser habe bei der Formulierung des Testaments möglicherweise die Vorstellung gehabt, dass der Sohn von einer Familie betreut werden solle und derjenige aus dieser Familie erben solle, der es mit dem Sohn besonders konnte. Denkbar sei unter Berücksichtigung der Gesamtumstände auch, dass eine Person aus dem Freundeskreis oder auch eine Berufsbetreuerin nach den Vorstellungen des Vaters als Erbe infrage kam. Was der Erblasser letztlich mit seiner Formulierung gemeint habe, sei nach objektiven Kriterien nicht eindeutig zu ermitteln.
Testament zu unbestimmt
Angesichts der Unklarheit der gewählten Formulierung bewertete der Senat die entsprechende Bestimmung des Testaments als nach § 2065 BGB unzulässig und damit als unwirksam. Die Frage, ob eine solche testamentarische Bestimmung des Vaters angesichts des vorausgehenden, mit seiner Ehefrau errichteten gemeinschaftlichen Testaments überhaupt zulässig gewesen wäre, brauchte das Gericht hiernach nicht zu entscheiden. Die Erteilung eines Erbscheins auf die Antragstellerin als Erbin war nach dem Diktum des OLG zu Recht abgelehnt worden.
(OLG Karlsruhe, Beschluss v. 10.7.2025,14 W 36/24)
Hintergrund:
Möchte ein Erblasser in einem Testament eine Person zum Erben berufen, die er nicht namentlich benennt, sondern die nach bestimmten Kriterien nach seinem Tod ermittelt werden soll, müssen diese Kriterien sorgsam gewählt und so formuliert werden, dass eine eindeutige Identifizierung dieser Person nach dem Tod des Erblassers möglich ist. Die Gerichte haben in der Vergangenheit eine Reihe solcher Erbeinsetzungen wegen zu großer Unbestimmtheit für unwirksam erachtet.
„Wer mich bis zu meinem Tod pflegt und betreut“ ist zu unbestimmt
So ist eine testamentarische Verfügung, wonach diejenige Person zum Alleinerben bestimmt wird, die „mich bis zu meinem Tod pflegt und betreut“, ohne weiterführende Angaben zu unbestimmt und führt zur Unwirksamkeit des Testaments. Selbst der Umstand, dass die Erblasserin im konkreten Fall den Namen der Person nannte, von der sie zur Zeit der Errichtung des Testaments gepflegt und betreut wurde, genügte dem Gericht nicht. Die Erblasserin habe in ihrem Testament diese Person, die später auch den Erbschein beantragte, lediglich beispielhaft genannt, weil diese zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments für die Betreuung und Pflege der Erblasserin zuständig gewesen sei (OLG München, Beschluss v. 25.9.2023, 33 Wx 38/23e).
Weitere unwirksame Formulierungen
Nicht wirksam ist nach obergerichtlichen Entscheidungen die Einsetzung einer Person als Erbe, die dem Erblasser in den letzten Jahren bis zu seinem Tod „beistehen“ wird (BayObLG, Beschluss v. 27.11.1990, 1a Z 76/88) oder „der auf mich aufpasst und nicht ins Heim steckt“ (OLG Braunschweig, Beschluss v. 20.3.2019, 1 W 42/17). Unwirksam ist in einem gemeinschaftlichen Testament die Bestimmung, Erbe solle sein, „wer den zuletzt verstorbenen Ehegatten begleitet und gepflegt hat“ (OLG Köln, Beschluss v. 14.11.2016, 2 Wx 536/16).
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