Strafbarkeitsfalle Parteiverrat als Mediator
Das OLG Celle hat einen Rechtsanwalt, der in einer Ehesache als Mediator der Eheleute tätig war, des Parteiverrats für schuldig befunden, nachdem der Anwalt nach erfolglosem Abschluss des Mediationsverfahrens in einem späteren Scheidungsverfahren den Ehemann vertreten wollte.
Anwalt als Mediator eines Ehepaars in der Ehekrise
Ein Anwalt hatte sich in der Ehekrise eines Ehepaares auf Veranlassung des Ehemannes dessen Ehefrau als Mediator angeboten. Er erklärte der Ehefrau, zwischen ihr und ihrem Ehemann als unabhängiger Mediator einen konstruktiven Dialog in Gang bringen zu wollen. Die finanzielle Seite der Mediation würde der Ehemann übernehmen. Die Ehefrau führte daraufhin ein ca. 90 Minuten dauerndes Gespräch mit dem Anwalt, in dem sie ihm ihre Sicht auf die entstandenen Eheprobleme schilderte. Darüber hinaus erklärte sie, nach der Trennung für ihren täglichen Bedarf dringend gewisse Hausratsgegenstände zu benötigen, dies auch deshalb, weil sie schwanger sei.
Anwalt bestellte sich vor Gericht für den Ehemann
Nach diversen Rücksprachen mit dem Ehemann und der Ehefrau gelang keine Einigung zwischen den Ehepartnern. Gut 2 Jahre nach dem Scheitern der Mediation bestellte der Anwalt sich im Scheidungsverfahren beider Eheleute beim zuständigen Familiengericht als Vertreter des Ehemanns und beantragte Akteneinsicht. Hierauf erteilte die zuständige Rechtsanwaltskammer dem Anwalt eine Rüge, worauf dieser sein Mandat niederlegte.
AG verurteilte den Anwalt wegen Parteiverrats
In einem hierauf eingeleiteten Strafverfahren verwarnte das zuständige AG den Anwalt wegen Parteiverrats und verhängte eine zur Bewährung ausgesetzte Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 130 Euro. Die Bewährungszeit legte das AG auf ein Jahr fest und erteilte dem Anwalt die Auflage, jeden Wohnungs- oder Aufenthaltswechsel anzuzeigen.
Mediator muss auch nach der Mediation unparteiisch bleiben
Zur Begründung verwies das AG auf die Tätigkeitsbeschränkung für Mediatoren nach § 3 Abs. 2 MediationsG. Nach dieser Vorschrift darf als Mediator nicht tätig werden, wer vor der Mediation in derselben Sache für eine der beteiligten Parteien tätig gewesen ist. Ebenso darf der Mediator weder während noch nach der Mediation für eine Partei in derselben Sache tätig werden.
Parteiverrat bereits durch anwaltliche Bestellung bei Gericht
Gegen diese Tätigkeitsbeschränkung hatte der Anwalt nach den Feststellungen des AG verstoßen, indem er sich nach der Mediation für den Ehemann im Scheidungsverfahren bestellt hat. Damit habe sich der Anwalt nach § 356 Abs. 1 StGB strafbar gemacht. Gemäß § 356 Abs. 1 StGB ist ein Anwalt oder ein Rechtsbeistand, welcher bei den ihm in dieser Eigenschaft anvertrauten Angelegenheiten in derselben Rechtssache beiden Parteien durch Rat oder Beistand pflichtwidrig dient, des Parteiverrats schuldig.
Mediation ist typische anwaltliche Tätigkeit
Die Berufung des Anwalts gegen das amtsgerichtliche Urteil war ebenso erfolglos wie die anschließende Revision beim OLG. Das OLG vertrat die Auffassung, dass die Tätigkeit als Mediator, wenn sie von einem Rechtsanwalt vorgenommen wird, als Teilbereich der anwaltlichen Berufstätigkeit anzusehen und er auch als Mediator in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt tätig ist. Auch Schlichtung und Vermittlung in Streitigkeiten gehörten seit jeher zum klassischen Aufgabenbereich eines Rechtsanwalts.
Mediator ist den Interessen beider Parteien verpflichtet
Das LG habe auch zu Recht angenommen, dass die Ehefrau dem Angeklagten in der Auseinandersetzung mit ihrem Ehemann die Vertretung ihrer Interessen anvertraut hat, denn auch das Bemühen des Anwalts um eine einvernehmliche Lösung zwischen den Eheleuten sei eine anwaltliche Interessenvertretung. Dass die Initiative zu der Mediation von dem Ehemann ausgegangen war, sei dabei unerheblich, denn mit dem erklärten Einverständnis der Ehefrau in die Durchführung der Mediation sei der Anwalt als Mediator beiden Parteien in gleicher Weise verpflichtet.
Mediation und Scheidungsverfahren betreffen gleichen Lebenssachverhalt
Keinen Zweifel hatte das OLG auch daran, dass die Tätigkeit des Angeklagten im Scheidungsverfahren die gleiche Rechtssache wie die vorherige Mediation betraf. Hierbei komme es nicht darauf an, welche Ansprüche im einzelnen in der Mediation verhandelt wurden und welche Ansprüche Gegenstand des Scheidungsverfahrens geworden sind. Entscheidend sei, dass der Mediation und dem anschließenden Scheidungsverfahren der im wesentlichen gleiche Lebenssachverhalt zugrunde gelegen habe. Hierbei sei auch zu berücksichtigen, dass besonders der Streit um die Zuordnung der Haushaltsgegenstände sowohl Gegenstand des Mediationsverfahrens als auch des späteren Scheidungsverfahrens gewesen ist.
Anwalt handelte zumindest bedingt vorsätzlich
Schließlich habe der Anwalt auch vorsätzlich gehandelt. Sein Vorbringen, er habe mehr als 2 Jahre nach dem Mediationsverfahren und einem Kanzleiwechsel sich an die vorhergehende Mediation nicht mehr erinnert, überzeugte das Gericht nicht. Die objektiven Abläufe sprächen eindeutig dafür, dass der Angeklagte zumindest mit bedingtem Vorsatz gehandelt habe.
Berufung führte zu strengerer Bewährungsauflage
Das OLG beanstandete auch nicht, dass das LG den ursprünglichen Bewährungsbeschluss des AG dahin erweiterte, dass es gegen den Anwalt zusätzlich die Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 4.000 EUR zugunsten der Staatskasse angeordnet hat. Die Auflage sei geeignet, im Genugtuungsinteresse der Ehefrau für eine fühlbare finanzielle Belastung des Anwalts zu sorgen und ihm das von ihm begangene Unrecht vor Augen zu führen und dadurch präventiv auf ihn einzuwirken. Für Auflagen gelte im übrigen nicht das Verschlechterungsverbot des § 331 StPO.
Sämtliche Rechtsmittel des Anwalts blieben ohne Erfolg
Im Ergebnis wies das OLG die Revision des Angeklagten gegen das landgerichtliche Urteil sowie seine Beschwerde gegen den ergangenen Bewährungsbeschluss zurück.
(OLG Celle, Beschluss v. 26.8.2025, 2 ORs 96/25)
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