OLG Frankfurt: Zerrissenes Testament im Bankschließfach

Das Zerreißen eines Testaments ist als Widerruf auszulegen. Die anschließende Aufbewahrung in einem Schließfach ändert daran nichts.

Das OLG Frankfurt hat sich mit der Frage auseinandergesetzt, wie das auf den ersten Blick widersprüchliche Verhalten eines Erblassers zu bewerten ist, der ein von ihm errichtetes Testament in 2 Teile zerreißt und die beiden Teile anschließend in einem Bankschließfach verwahrt.

Gesetzliche Regelungen zum Widerruf eines Testaments

Das Erbrecht enthält einige gesetzliche Regelungen zum Widerruf eines Testaments. Gemäß § 2253 BGB kann der Erblasser ein Testament wie auch darin enthaltene einzelne letztwillige Verfügungen jederzeit widerrufen. Der Widerruf erfolgt in der Regel ebenfalls durch Testament, § 2254 BGB. Konkludent kann das Testament gemäß § 2255 BGB widerrufen werden, indem der Erblasser die Testamentsurkunde in Aufhebungsabsicht vernichtet oder an der Testamentsurkunde Veränderungen vornimmt, die seinen Aufhebungswillen dokumentieren. Schließlich gilt auch die Rücknahme eines Testaments aus der amtlichen Verwahrung als Widerruf, § 2256 BGB.

Gemeinsames Testament für Witwe und Mutter

In dem vom OLG Frankfurt entschiedenen Fall war der Erblasser in letzter Ehe kinderlos. Nach seinem Tod beantragte die Witwe einen Erbschein entsprechend der gesetzlichen Erbfolge. Das Nachlassgericht erteilte einen gemeinsamen Erbschein für die Witwe und die noch lebende Mutter des Erblassers.

Testament der Länge nach durchgerissen

Als einige Wochen später das Bankschließfach des Erblassers geöffnet wurde, fand sich dort ein handschriftliches Testament, das eine dritte Person zum Alleinerben bestimmte. Das Testament war allerdings der Länge nach in der Mitte durchgerissen. Die begünstigte dritte Person beantragte daraufhin beim Nachlassgericht die „Aufhebung“ des erteilten Erbscheins. Das Nachlassgericht wies den Antrag zurück. Die gegen die ablehnende Entscheidung eingelegte Beschwerde hatte beim OLG keinen Erfolg.

Erbschein nicht unrichtig geworden

Nach Auffassung des OLG hatte das Nachlassgericht die im Fall eines unrichtigen Erbscheins gemäß § 2362 BGB zu verfügende Einziehung des erteilten Erbscheins zurecht abgelehnt. Der Beschwerdeführer habe nicht darlegen können, dass der bereits erteilte Erbschein unrichtig geworden sei. Unrichtig sei ein Erbschein u.a. dann, wenn er nicht die rechtmäßigen Erben ausweise. Dies sei hier nicht der Fall.

Zerreißen des Testaments dokumentiert Widerrufsabsicht

Der Erblasser hatte nach der Bewertung des Senats durch Zerreißen des handschriftlich errichteten Testaments seine letztwillige Verfügung wirksam widerrufen. Diese Veränderung der Testamentsurkunde sei eine typische Handlung, wenn der Erblasser an der dort dokumentierten Willensbekundung nicht festhalten wolle. Eine anderweitige Bedeutung könne einer solchen Handlung nicht beigemessen werden.

Aufbewahrung im Schließfach widerlegt nicht die Widerrufsvermutung

Daran ändert laut OLG auch die Aufbewahrung der zerrissenen Urkunde in einem Schließfach nichts. Gemäß § 2255 BGB werde bei einer Änderung an der Urkunde, aus der sich typischerweise die Absicht erkennen lässt, an dem Inhalt der Urkunde nicht festhalten zu wollen, gesetzlich vermutet, dass die Widerrufsabsicht auch im konkreten Fall ausschlaggebend für das Zerreißen war. Die anschließende Aufbewahrung in einem Bankschließfach sei in einem solchen Fall zwar ungewöhnlich, reiche für eine Widerlegung der gesetzlichen Vermutung aber nicht.

Bankschließfach diente unterschiedlichen Zwecken

Für dieses Ergebnis spricht nach Auffassung des LG auch, dass der Erblasser das Schließfach nicht ausschließlich zur Aufbewahrung eines ungültigen Testaments angemietet hatte. Dies folge u.a. aus 31 dokumentierten Öffnungen des Bankschließfachs durch den Erblasser zu dessen Lebzeiten.

Versehentliches Zerreißen unwahrscheinlich

Schließlich zog das OLG noch die Möglichkeit in Betracht, dass die Testamentsurkunde versehentlich bei einer Öffnung des Schließfaches zerrissen wurde. Dies sei aber äußerst unwahrscheinlich, denn die Urkunde sei längs in der Mitte in 2 Teile geteilt worden. Dies spreche dafür, dass der Erblasser, der alleine Zugang zu dem Schließfach gehabt habe, die Testamentsurkunde eigenhändig und willentlich in Widerrufsabsicht zerrissen hat.

Erben bleiben die Witwe und die Mutter des Erblassers

Im Ergebnis blieb es damit bei dem auf die Witwe des Erblassers und dessen Mutter ausgestellten Erbschein. Die hiergegen eingelegte Beschwerde der dritten Person war erfolglos.


(OLG Frankfurt, Beschluss v. 29.4.2025, 21 W 26/25)


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