BVerfG: Familienzuschlag auch für Lebenspartnerschaften

Manchmal hinkt das (Beamten)recht der Lebenswirklichkeit hinterher. Das beamtenrechtliche Besoldungsrecht sieht für verheiratete Beamte einen monatlichen Familienzuschlag zusätzlich zu den Grundbezügen vor. Für gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften wurde dieser Zuschlag nicht gewährt.

Das Bundesverfassungsgericht hat jetzt ein deutliches Wort gesprochen. Für den Bund wird die Entscheidung mal wieder richtig teuer: Ein Bundesbeamter hatte geklagt. Seit 2002 lebt er in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft. Sein im Jahre 2003 gestellter Antrag auf Zahlung des Familienzuschlags wurde zurück gewiesen. Nachdem die Klage in den verwaltungsgerichtlichen Vorinstanzen erfolglos geblieben war, gab ihm das Bundesverfassungsgericht jetzt auf ganzer Linie Recht.

Grundsatz: Besonderer Schutz für Ehe und Familie

Die Verfassungsrichter stellten allerdings zunächst klar, dass gemäß Art 6 GG Ehe und Familie unter besonderem staatlichem Schutz stehen. Dass GG treffe damit eine verbindliche Wertentscheidung, die allein der familiären Bindung zwischen Mann und Frau und deren weiteren Familienmitgliedern vorbehalten sei. Diese Bevorzugung der Ehe finde ihre Rechtfertigung darin, dass die Ehepartner durch besondere Einstandspflichten materieller und immaterieller Art auf besondere Weise dauerhaft miteinander verbunden seien. 

Gleichheitssatz ist Prüfungsmaßstab

Aus diesem besonderen Schutzzweck folge das Recht und mitunter sogar die Pflicht des Staates, die Familie in besonderer Weise zu unterstützen. Gehe dies mit einer Benachteiligung anderer Lebensgemeinschaften einher, so sei im Rahmen des Gleichbehandlungsgrundsatzes nach Art. 3 GG die sachliche Begründung der Benachteiligung allerdings nach einem strengen Maßstab zu prüfen. Allein mit dem Schutzgebot der Ehe könne ohne weiteren Rechtfertigungsgrund die Schlechterstellung einer anderen Lebensgemeinschaft allein nicht begründet werden, sachliche Gründe müssten hinzutreten.

Privilegierung der Ehe nicht zwingend

Bei der Bewertung des konkreten Falls sei zu berücksichtigen, dass seit der gesetzlichen Einführung der Lebenspartnerschaft im Jahre 2001 die Unterschiede zur traditionellen

Familie eher gering sind. Insbesondere seien die gegenseitigen Einstandspflichten – auch unter Berücksichtigung der Gesetzesänderung zum 01.01.2005 - weitgehend denen der Ehe angeglichen. Nur beachtliche Gründe könnten daher im konkreten Fall eine Ungleichbehandlung der beiden Lebensformen rechtfertigen.

Keine sachlichen Gründe für Ungleichbehandlung

Dem in § 40 Abs. 1 Nr.1 BBesG geregelten beamtenrechtlichen Familienzuschlag komme eine soziale, „familienbezogene Ausgleichsfunktion“ zu, die den verheirateten Richtern und Beamten  ihre möglicherweise mit der Familie einhergehende höhere finanzielle Belastung erleichtern solle. Dieser Mehrbedarf könne aber bei einem in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebenden Beamten in gleicher Weise auftreten. Nach Auffassung der Verfassungsrichter ist kein sachlicher Grund ersichtlich, weshalb die Lebenspartnerschaft insoweit schlechter zu stellen sei als die Ehe. Dies hat inzwischen auch der Gesetzgeber erkannt. Die besoldungsrechtliche Ungleichbehandlung von Ehe und Lebenspartnerschaft wurde rückwirkend zum 01.01.2009 beseitigt.

Gesetzgeber zu rückwirkender Beseitigung der Ungleichheit verpflichtet

Den Richtern des BVerfG genügte die bisherige gesetzgeberische Initiative zur Beseitigung der Ungleichbehandlung allerdings nicht. Eine Ungleichbehandlung lässt sich nach Auffassung der Richter nämlich spätestens seit Inkrafttreten des Lebenspartnerschaftsgesetzes im Jahre 2001 nicht mehr rechtfertigen. Das BVerfG verpflichtete den Gesetzgeber daher zu der nicht gerade kostenneutralen Maßnahme, die besoldungsrechtliche Ungleichbehandlung rückwirkend zum 01.08.2001 zu beseitigen.

(BVerfG, Beschluss v 19.06.2012, 2 BvR 1397/09). 

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