1 Leitsatz

Eine nur gelegentliche und geringfügige Nutzung durch den Vermieter erfüllt nicht die Voraussetzungen des Sonderkündigungsrechts in einem vom Vermieter selbst bewohnten Wohngebäude mit nicht mehr als 2 Wohnungen.

2 Normenkette

§ 573a BGB

3 Das Problem

Ein Mietverhältnis über eine Wohnung in einem vom Vermieter selbst bewohnten Wohngebäude mit nicht mehr als 2 Wohnungen (Zweifamilienhaus) kann der Vermieter auch ohne Vorliegen eines berechtigten Interesses, d. h. eines gesetzlichen Kündigungsgrundes, kündigen (§ 573a Abs. 1 BGB). Sinn und Zweck dieser Regelung ist es, im Hinblick auf das enge Zusammenwohnen und das zwangsläufig häufige Zusammentreffen der Parteien eine Lösung des Mietverhältnisses auch ohne Vorliegen der strengen Voraussetzungen des § 573 BGB (Vorliegen eines gesetzlichen Kündigungsgrundes, z. B. Eigenbedarf) zu ermöglichen, insbesondere weil in diesem Fall auch persönliche Spannungen zwischen den Parteien, die noch keinen Kündigungsgrund darstellen, zu einer Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Mietverhältnisses führen können.

Voraussetzung ist, dass der Vermieter selbst im Anwesen wohnt. Dies setzt zwar nicht voraus, dass sich der Vermieter überwiegend in dem Anwesen aufhält; jedoch muss er nach der Rechtsprechung dort das Zentrum seiner privaten Lebensführung haben. Ein nur gelegentliches Benutzen der Wohnung oder z. B. eine Nutzung als "Möbellager" reicht mit Rücksicht auf den vorerwähnten Sinn und Zweck der Regelung nicht aus.

4 Die Entscheidung

In dem vom LG Traunstein entschiedenen Fall nutzte der im über 500 km entfernten Wuppertal lebende Vermieter die Wohnung in seinem Zweifamilienhaus in Rosenheim nur alle 2 Monate für etwa 3 Tage. Nachdem es zwischen ihm und der Mieterin der anderen Wohnung zu Auseinandersetzungen gekommen ist, kündigte der Vermieter die Wohnung ohne Angabe von Gründen unter Berufung auf sein Sonderkündigungsrecht.

Das LG Traunstein wies die Klage ab mit der Begründung, dass "alle paar Monate mal vorbeischauen" nicht ausreichend ist, um von "Selbstbewohnen" i. S. d. § 573a BGB sprechen zu können. Die Gefahr persönlicher Spannungen wegen räumlicher Nähe, die Grundlage des Sonderkündigungsrechts sind, bestehen kaum, wenn der Vermieter nur selten anwesend ist. Letztlich resultierten vorliegend die Auseinandersetzungen zwischen den Mietparteien auch nicht aus einem engen Zusammenleben von Vermieter und Mieterin. Die Kündigung des Vermieters war daher unwirksam.

5 Entscheidung

LG Traunstein, Urteil v. 3.5.2023, 3 S 2451/22

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